Aus der Tragödie des
jüdischen Volkes während des 2. Weltkrieges hervorgegangen:
Das Jüdische Museum in Prag
Naomi HOLEKOVÁ
Das Jüdische Museum in Prag ist mit seinen jährlich
500 – 600.000 Besuchern das gleichbleibend meistbesuchte Museum der gesamten
Tschechischen Republik.
Die Besichtigung seiner Synagogen aus verschiedenen
historischen Epochen und der Ausstellungen mit ihrem außerordentlichen Reichtum
an rituellen Gegenständen bietet ein ganz besonderes kulturelles Erlebnis, eines
der eindruckvollsten, das die tschechische Hauptstadt bereithält.
Thorazeiger: Copyright Jüdisches Museum in Prag
Es ist nicht nur die einzigartige Verknüpfung der Architektur
mit der Handwerkskunst der Schöpfer der einzelnen Artefakte, die das Jüdische
Museum in Prag zu einem unvergesslichen Ort machen. Seinen Reichtum verdankt
das Museum nämlich nicht den Mäzenen, Sammlern, Stiftungen oder der
Unterstützung durch die Stadt oder den Staat, wie es sonst in der Welt üblich
ist. Das Jüdische Museum in Prag erlangte seine Berühmtheit vor allem
durch die Fügung eines grausamen Schicksals, denn es ging in seiner spezifisch
festgelegten Form aus der Tragödie des jüdischen Volkes während des 2.
Weltkrieges hervor. Die von den Nazis kontrollierte Bergung der Gegenstände aus
den liquidierten tschechischen und mährischen jüdischen Gemeinden in das
Jüdische Museum wurde damals zur Vorstufe des Zusammentreibens von Menschen.
Zuerst bekamen die Dinge Nummern und dann jene, die sie benutzt hatten. Die
Dinge jedoch – im Unterschied zu den Menschen – überstanden das Wüten des
Krieges.
Die Gegenstände, die man im Jüdischen Museum Prag
zusammengetragen hatte, wurden lange totgeschwiegen. Das erste Mal, als sie die
Nazis jenen entrissen, denen sie jahrhundertelang gehört hatten, zum zweiten Mal
durch die Willkür der kommunistischen Machthaber, die während ihrer über vierzig
Jahre dauernden Herrschaft nicht erlaubten, sie im jüdischen geistigen und
historischen Kontext auszustellen.
Das Jüdische Museum in Prag, das seit Oktober 1994 als
nichtstaatliche, von der Föderation Tschechischer Jüdischer Gemeinden
verwaltete selbständige Institution tätig ist, hat diese Schuld getilgt und
wurde sowohl zu einer würdigen Gedenkstätte für die Opfer der Shoah als auch ein
Ort der dauerhaften Wahrung und Vergegenwärtigung der Schönheit und Größe
jüdischer Kultur.
Der alte jüdische Friedhof in Prag.
Copyright: Jüdisches Museum in Prag
Die Sammlungen des Jüdischen Museums in Prag sind mit ihren
fast 40.000 Gegenständen und 100.000 Büchern die umfangreichste Sammlung
jüdischer Kunst auf der Welt. Das Museum befasst sich vor allem mit der
fachkundigen Verwaltung, dem Zusammentragen und der Präsentation seiner
Sammlungen, der Verwaltung des Archiv- und Bibliotheksfonds, mit
wissenschaftlicher, Forschungs-, Bildungs- und Publikationstätigkeit und pflegt
jene historischen Objekte, die seiner Verwaltung unterstehen. Die fachkundige
Tätigkeit des Museums wird sichergestellt von: der Sammlungsabteilung, der
Abteilung für Judaistik und Geschichte der Juden, der Bibliothek, dem
Referenzzentrum des Museums und dem Bildungs- und Kulturzentrum.