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Die Schil der alten Reformgemeinde:
Die Spanische Synagoge in Prag
Tina WALZER
Die Spanische Synagoge in Prag wurde 1868
erbaut und erhielt ihren Namen nach ihrer Gestaltung im damals
hochmodernen maurisch-orientalisierenden Stil. Sie diente als Tempel der
Reformgemeinde Prags, die sich, dem Namen der Synagoge zum Trotz, zum
überwiegenden Teil aus Aschkenasim zusammensetzte. In Prag, so wie in Wien,
lebte immer nur eine kleine Gruppe sephardischer Juden.
Die 1837 gegründete Prager Reformgemeinde wuchs in den ersten
Jahrzehnten ihres Bestehens sprunghaft an, sodass ihre Synagoge, das Gebäude der
sogenannten Altschul, die vielen Gläubigen nicht mehr fassen konnte. Diese wurde
1867 zugunsten des Neubaues der Spanischen Synagoge demoliert.
Innenansicht der Spanischen Synagoge Prag mit Orgel, Rekonstruktion 1998.
Foto mit freundlicher Genehmigung: Jüdisches Museum in Prag.
Die Altschul war
die älteste Synagoge der Prager jüdischen Gemeinde des Mittelalters gewesen. Sie
hatte ihren Namen im 13. Jahrhundert, nach der Erbauung der sogenannten
Altneuschul erhalten und war 1835 an die Reformgemeinde übergeben worden. Nach
dem Abriss der Altschul rückte die im Jahr 1275 erbaute Altneuschul an die
Stelle der ältesten Synagoge Prags nach.
Der Auftrag zum Bau der Spanischen Synagoge wurde 1864
vergeben, und am 2. Mai 1868 wurde der fertiggestellte Bau eingeweiht. Der
Entwurf zur Spanischen Synagoge stammt von einem der führenden Architekten Prags
seiner Zeit, Ignatz Ullmann (1822—1897), die Zeichnung von seinem Kollegen Josef
Niklas von Stöger (1817-1877). Der Bau wurde von Jan Belsky (1815-1880)
ausgeführt und kostete 100.000 Gulden. Die Innenausstattung mit ihren Golddekors
wurde von Antonín Baum (1830-1886) und Bedrich Münzberger (1846 – 1928) zwischen
1880 und 1882 entworfen.
Der Plan der Spanischen Synagoge zeigt einen quadratischen
Grundriss, der Zentralbau wird von einer großen Kuppel überwölbt. An drei Seiten
wird er von der Frauengalerie, die auf gusseisernen Säulen ruht, eingerahmt. Die
Spanische Synagoge hatte insgesamt 500 Sitzplätze für Männer und 300 für Frauen.
Wie in den meisten Reformtempeln führte man auch in Prag den
Gottesdienst mit Orgelmusik ein. Jüdische Organisten, die diese Aufgabe hätten
erfüllen können gab es aber noch nicht, und so griff die Reformgemeinde auf
christliche Organisten zurück. Der erste Organist der Reformgemeinde war
Frantisek Skroup (1801 – 1862), der Komponist der tschechischen Nationalhymne.
Von ihm wird gesagt, er habe die Hymne im Zuge seiner Dienste für die
Reformgemeinde in der Synagoge komponiert.
1935 wurde im Süden der Spanischen Synagoge ein
Gebäudekomplex im funktionalistischen Stil angebaut, mit Vestibül und einer
Wintersynagoge im 1. Stock. Der Raum der Wintersynagoge beherbergt heute die
Dauerausstellung der Silberobjekte des Jüdischen Museums in Prag.
Unter
dem NS-Regime wurden tausende
Objekte synagogaler Textilien in die
Spanische Synagoge verbracht und
dort deponiert. Foto mit
freundlicher Genehmigung: Jüdisches
Museum in Prag.
Bis zur
Besetzung Prags
durch NS-Deutschland stand die Spanische Synagoge im Eigentum der Prager
jüdischen Gemeinde, dann wurde sie durch das NS-Regime enteignet. Ab 1941 diente
die Spanische Synagoge als Depot für gestohlenes jüdisches Eigentum.
1945 wurde die Spanische Synagoge an die jüdische Gemeinde in
Prag restituiert. Danach fanden bis 1948 dort wieder Gottesdienste statt. 1948
wurde die jüdische Gemeinde Prags durch das kommunistische Regime enteignet, die
Spanische Synagoge übernahm der Staat.
1954 wurde die Spanische Synagoge in den Komplex des
Jüdischen Museums Prag eingegliedert, 1962 eröffnete eine erste Dauerausstellung
mit synagogalen Textilien.
1982 wurde die Spanische Synagoge wegen Baufälligkeit
geschlossen.
Nach der Samtenen Revolution 1989 wurde die Spanische
Synagoge im Jahr 1994 an die Föderation der tschechischen jüdischen Gemeinden
restituiert. Zwischen 1995 und 1998 wurde das Gebäude komplett restauriert und
am 25. November 1998 feierlich wiedereröffnet.
Die
Spanische Synagoge in Prag diente
während des 2. Weltkrieges als Depot
für geraubtes jüdisches Eigentum.
Foto mit freundlicher Genehmigung:
Jüdisches Museum in Prag.
Heute wird die Spanische Synagoge durch das Jüdische Museum
in Prag als Ausstellungsraum genutzt, hier wird die Geschichte der böhmischen
jüdischen Gemeinden von der Industriellen Revolution bis zur Vernichtung
dargestellt. Berührender Mittelpunkt der Dauerausstellung des Jüdischen Museums
in Prag in der Spanischen Synagoge ist eine Sperrholzkiste, die bis zum Rand mit
Tefillim, mit Gebetsriemen, angefüllt ist. Es sind die Gebetsriemen der
vertriebenen und ermordeten böhmischen und mährischen Juden.
Laut Angaben des Museums wurden während der Zeit des Nationalsozialismus
insgesamt mehr als 80.000 Juden aus Böhmen und Mähren ermordet, die 1939
innerhalb der Grenzen des „Protektorates Böhmen und Mähren" gelebt hatten.
73.468 Personen waren nach Theresienstadt (tschech. Terezin) deportiert worden.
Nur mehr 6.875 Juden konnten dort zu Kriegsende 1945 befreit werden. 6.152
Menschen waren in Theresienstadt umgekommen, aber 60.382 von Theresienstadt
weiter nach Osten deportiert worden. Nur 291 Personen überlebten diese
Massentransporte. Von den insgesamt 118.310 Juden, die per 15. 3. 1939 im
„Protektorat Böhmen und Mähren" gemeldet gewesen waren, gelang nur 26.000 die
Flucht. Die Tefillim in der ausgestellten Kiste sind ein Mahnmal zum Gedenken an
die Opfer: "Witnesses to the Prayers of the Murdered", so das begleitende
Schild.
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