Am 18.4.2008 starben meine guten Freunde Eeva und Adalbert
(Berti) Huber in Siebenbürgen (Rumänien), als ihr mit Hilfsgütern für arme
rumänische Juden vollbeladener Wagen von einem Raser, der selbst bei dem Unfall
ums Leben kam, frontal getroffen wurde. Sie waren auf der Stelle tot, ein
begleitender Kameramann (Georg Motylewycz) wurde schwer verletzt. Das Sederfest,
das sie in Rumänien im Kreis ihrer Freunde feiern wollten, erlebten sie nicht
mehr.
Eeva-Elisheva und Adalbert Huber-Huber
Bei derartigen Katastrophen wird stets gefragt: „Wie kann
Gott es zulassen, daß gerade die Besten der Besten, Menschen, die nur Gutes tun,
ein derartiges Schicksal erleiden müssen", doch darauf wissen wir alle keine
Antwort. Vielleicht sollte bei derartigen und ähnlich schlimmen Katastrophen
nicht gefragt werden: „Wo ist Gott geblieben", sondern vielmehr: „Wo ist der
Mensch geblieben"?
Doch wenn es Gerechtigkeit in unserem Universum gibt, dann
wird Eeva und Berti Gerechtigkeit in einer besseren Welt widerfahren, denn dort
werden sie an ihren guten Taten gemessen werden.
Berti wurde 1943 in Donnersbach geboren, er hatten 21
Geschwister (von denen jetzt nur noch 15 leben). Eeva, die einer Pastorenfamilie
entstammte, erblickte 1946 das Licht der Welt in Helsinki. Eeva und Berti
lernten einander 1968 in Deutschland kennen und heirateten 1969 in Bad Ischl.
Der harmonischen Ehe entstammen zwei Kinder – Samuel (der jetzt in Finnland
lebt) und Tamara. Berti arbeitete zuerst als Tapezierer, später als Pädagoge und
Erzieher (er konnte mit Jugendlichen besonders gut umgehen), Eeva war freie
Journalistin.
Durch ihr Elternhaus geprägt interessierte sich Eeva stets
für das Schicksal armer und benachteiligter Menschen und nahm besonders Anteil
am Leid des jüdischen Volkes (von dem im Elternhaus stets mit großem Respekt
gesprochen wurde). Schon in frühen Jahren entstand bei Eeva die Liebe zum
jüdischen Volk und zu Israel. Jahre später – in Österreich – störte es sie sehr,
wie wenig vom Schicksal der Juden im Nazireich gesprochen wurde, und auch die
weit verbreiteten Vorurteile gegen Juden und das geringe Wissen der meisten
Menschen über das Judentum schmerzten sie. Für sie war das weiterhin bestehende
Leid so vieler armer Juden in manchen Ländern Europas unerträglich, sie beschloß,
diesen Menschen – so weit es in ihren Kräften stand – zu helfen. Sie wollte aber
auch etwas tun, damit Christen verstehen lernen, wie viel sie in ihrer eigenen
Religion vom Judentum übernommen haben, um so zukünftigen Verfolgungen von Juden
entgegen zu wirken.
Anfang der 80-er Jahre gründete Eeva den Verein „Hilfe und
Hoffnung", seither war sie Obfrau dieser Organisation. Bald danach bereiste sie
die Sowjetunion, um all denjenigen Juden zu helfen, die wegen ihrer Absicht das
Land zu verlassen, ihre Arbeitsstelle verloren und in Armut lebten. Neben
Lebensmitteln und Geld brachte sie ihnen auch hebräische Literatur, ein
Unterfangen, das damals nicht ungefährlich war. 1986 eröffnete sie mit Hilfe
einiger finnischer Freunde ein Hilfszentrum in der Schüttelstrasse im 2. Wiener
Bezirk. Dort bekamen bedürftige Sowjetjuden, die in Wien oft lange auf die
Weiterreise nach Israel oder die USA warten mußten, jede notwendige Hilfe, in
Form von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Kleidern und ärztlicher Hilfe. In der
Schüttelstrasse gab es aber auch Konzerte, Filmabende und jüdische Feste für all
diese Menschen. Außerdem organisierte Eeva in diesen Räumlichkeiten gemeinsame
Veranstaltungen für Christen und Juden, im Sinne des interkonfessionellen
Dialogs. Innerhalb von 5 Jahren besuchten rund 60.000 Menschen das von Eeva
geleitete Zentrum. Mehrmals war sie auch unterwegs nach Budapest, wo sie die
Durchgangslager für Sowjetjuden besuchte, um auch dort praktische Hilfe zu
leisten. Seit 1990 verlagerte sie ihre hilfreiche Tätigkeit nach Rumänien und in
die Ukraine (Czernowitz), um dort die verarmte Gemeinde und die jüdische Schule
zu besuchen und die Armen mit Kleidern, Medikamenten und Lebensmitteln zu
unterstützen. Eeva betonte immer wieder, wie viel ihr die armen, meist alten
Menschen in diesen Ländern bedeuten und wie viel sie von ihnen lernen konnte.
Auch während des Jugoslawienkriegs versuchte sie den Menschen im Kriegsgebiet zu
helfen. Insgesamt organisierte Eeva 26 Hilfstransporte nach Sarajevo. In
Rumänien drehte Eeva vor einigen Jahren einen wunderbaren Film über die dortigen
jüdischen Gemeinden. Den Film –„Bleiben sollen sie – die Synagogen; Jüdisches
Leben in Rumänien" – zeigte sie immer wieder mit großem Erfolg in Österreich und
Finnland, wo sie immer wieder Vorträge hielt und Spenden für weitere
Hilfstransporte sammelte.
Im Jahre 1991 lernte ich Eeva, von der ich zuvor schon viel
Positives gehört hatte, kennen. Sie bot mir an, die Räume in der Schüttelstrasse
der liberalen jüdischen Gemeinde Or Chadasch kostenlos zur Verfügung zu stellen,
da wir zu diesem Zeitpunkt noch kein eigenes Zuhause hatten. Dort konnten wir
lange Zeit unsere Gottesdienste und Festivitäten abhalten. Gemeinsam
organisierten wir in ihren Räumen auch kulturelle Veranstaltungen,
interkonfessionelle Dialoge und politische Diskussionen. Eeva und Berti halfen
Or Chadasch, wo sie nur konnten, u. a. transportierten sie zu den Hohen
Feiertagen auch unseren Thoraschrank und die Gebetsbücher in gemietete
Hotelräume, wo wir zu diesen Feiertagen unsere Gottesdienste organisierten. Das
war nötig, weil der Raum in der Schüttelstrasse für derartige Feste zu klein
war.
Eeva vertiefte sich in all diesen Jahren immer mehr in die
Lehren des Judentums und beschloß – aus Liebe zum Judentum und für Israel – zum
Judentum zu konvertieren. Eeva ging diesen nicht einfachen Weg konsequent,
konvertierte vor einem rabbinischen Gericht (Beit Din) und gelangte bald auch in
den Vorstand der jüdisch-liberalen Gemeinde Or Chadasch, wo sie viele Jahre als
Kassierin fungierte. Ihr jüdischer Name lautete Elisheva. Als unsere neue
Synagoge im 2. Bezirk gebaut wurde und wir mit dem damaligen Baumeister große
Probleme hatten, bat Eeva ihren Sohn Samuel, die Vollendung der Synagoge zu
übernehmen, was er auch mit großem Erfolg tat.
Im Jahr 2006 erhielt Eeva das goldene Ehrenzeichen der
Republik Österreich für all ihre großen Verdienste. Die Verleihung im
Bundeskanzleramt nahm der damalige Staatssekretär Morak vor, die Laudatio hielt
Staatsoperndirektor Ioan Holender.
Eeva wurde auch in der österreichisch-israelischen
Gesellschaft aktiv, dort konnte sie als Vorstandsmitglied viel Gutes für ihr
geliebtes Israel tun. Sie war auch mit dem israelischen Botschafter Dan Ashbel
und seiner Gattin befreundet, der sie vor einigen Monaten, im Zuge einer
Veranstaltung, die dort stattfand, in ihrem neuen Haus in Neuhaus (Kärnten)
besuchte.
Im März 2008 fand in Wien ein großer und wichtiger Kongreß
der Weltunion für progressives Judentum (European Board) statt. Auch hier half
Eeva, indem sie die Pressekontakte und die Pressekonferenz organisierte. Es
sollte ihr letzter Einsatz für Or Chadasch sein.
Eeva hatte viele freiwillige Helfer, doch ihre größte Stütze war stets ihr
Mann Berti, der sie in all den Jahren aus ganzer Kraft unterstützte. Beide waren
liebenswerte, freundliche, bescheidene, intelligente, ehrliche Menschen, treue
und zuverlässige Freunde. Man könnte sie beide auch mit Fug und Recht als
Zadikim (Hebräisches Wort für Gerechte) bezeichnen. Sie waren Idealisten, wie
man sie heute nur noch selten trifft. Rita (meine Frau) und ich werden sie
schmerzlich vermissen.