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Lydia Ladurner:
Die Mutter der Holocaust-Kinder
Das Buch behandelt die Geschichte der jüngst in Polen
verstorbenen Irena Sendler, der es mit einigen Helfern gelang, in der Zeit der
deutschen Besatzung Warschaus 2.500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto zu
schmuggeln und dadurch vor dem sicheren Tod zu bewahren. Mit gefälschten
Papieren gab Sendler ihren Schützlingen eine andere Identität und besorgte ihnen
ein neues Zuhause bei Pflegefamilien, in Waisenhäusern und Klöstern. Der
schwierigste Teil ihrer Arbeit war, Eltern davon zu überzeugen, sich von ihren
Kindern zu trennen. Als sie im Oktober 1943 von der Gestapo verhaftet wurde, gab
sie auch unter Folter die Namen der Kinder nicht preis. Sie konnte fliehen und
überlebte die schlimme Zeit mit knapper Not. Die genauen Daten der Kinder
versteckte sie, um deren spätere Zusammenführung mit den Angehörigen nach dem
Krieg zu erleichtern.
Im Gegensatz zum deutschen Unternehmer Oskar Schindler,
welcher durch den Mitte der 90er Jahre erschienen Film „Schindlers Liste" von
Steven Spielberg einem breiten Publikum bekannt wurde, wurde die menschliche
Leistung der jungen Krankenschwester Irena Sendler lange Zeit kaum gewürdigt.
Erst nach der Wende 1989 wurde sie in Polen zu einer anerkannten und viel
gerühmten Persönlichkeit. 1965 wurde die Retterin der Warschauer-Ghetto-Kinder
als „Gerechte unter den Völkern" mit dem höchsten Ehrentitel des Staates Israel
ausgezeichnet und im Jahre 2003 erhielt sie den Jan-Karski-Preis.
Auf Grundlage persönlicher Aufzeichnungen und Erinnerungen
hat die polnische Journalistin Anna Mieszkowska jetzt erstmals die
außergewöhnliche und bewegende Geschichte Irena Sendlers detailliert
niedergeschrieben. Am meisten überzeugt das Buch, wenn sich die Autorin
zurückzieht und ihre Protagonistin selbst ausgiebig zu Wort kommen läßt, neben
einigen von ihr geretteten Menschen. Deren Briefe und ein von amerikanischen
Schülerinnen geschriebenes Theaterstück über das Wirken Irena Sendlers ergänzen
die Erzählung. Entstanden ist ein bewegendes Buch, das demonstriert, wie wirksam
Menschen eingreifen können, die sensibel für fremdes Leid und voller
Zivilcourage und Opferbereitschaft sind.
Urszula Usakowska-Wolff :
Anna Mieszkowska, Die Mutter der
Holocaust-Kinder. Irena Sendler und die geretteten Kinder aus dem Warschauer
Ghetto. Aus dem Polnischen von Ursula Usakowska-Wolff und Manfred Wolff.
München: Deutsche Verlags-Anstalt 2006
319 Seiten, Euro 22,90.-
ISBN 3-421-05912-8
Über Oskar Schindler, der 1.100 Juden vor dem Holocaust
rettete, wurde ein Film gedreht, der den Begriff „Schindlers Liste" weltberühmt
machte. Aber wer kennt „Sendlers Liste"? Das Buch der polnischen Autorin Anna
Mieszkowska „Die Mutter der Holocaust-Kinder" in der Übersetzung von Urszula
Usakowska-Wolff und Manfred Wolff, erzählt die bisher weitgehend unbekannte
Geschichte der Irena Sendler, einer jungen Frau in Warschau während des Zweiten
Weltkriegs, die 2.500 Kinder aus dem Warschauer Ghetto rettete und dafür von den
Nazis verfolgt und zum Tod verurteilt wurde. In der Gestapo-Haft wurde sie im
Herbst 1943 gefoltert, aber sie gab keinen Namen preis, auch nicht, um ihr Leben
zu retten. Durch Bestechung eines Gestapo-Beamten kam sie frei und lebte bis zum
Ende des Kriegs in verschiedenen Verstecken, da sie von den Deutschen gesucht
wurde.
Die am 15. Februar 1910 in Warschau geborene Irena Sendler
war Zeit ihres Lebens eine sozial engagierte Frau. Angesichts des Elends der
Kinder im Warschauer Ghetto begann sie, diese Kinder auf zum Teil
abenteuerlichen Wegen - in Säcken und Kartons - aus dem Ghetto auf die „arische
Seite" zu schleusen, um sie vor dem sicheren Tod im Vernichtungslager Treblinka
zu retten. Die Kinder erhielten eine neue Identität und wurden in polnischen
Familien, Waisenhäusern oder Klöstern untergebracht. Ihre Namen versteckte sie
in einem Einmachglas unter einem Apfelbaum im Garten: Sendlers Liste, so dass
sie sich nach dem Krieg wieder ihrer wahren Identität vergewissern konnten.
Die Geschichte der Irena Sendler ist ein wunderbares Beispiel
dafür, wie viel ein Mensch mit Zivilcourage gegen das Elend und die
Ungerechtigkeit dieser Welt auszurichten vermag. „Die Rettung der jüdischen
Kinder war meine Pflicht und keine Heldentat. Mein Vater brachte mir nämlich
bei, dass man den Schwachen und Gefährdeten helfen muss. Wenn sich damals
deutsche Kinder in einer solchen Situation befänden wie die jüdischen Kinder,
hätte ich ihnen auch geholfen", sagte sie.
Seit Anfang dieses Jahres trägt das Pädagogische
Förderzentrum in Hohenroth (ein Stadtteil von Bad Neustadt an der Saale in
Oberfranken in Bayern) den Namen Irena-Sendler-Schule.
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