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Evelyn Ebrahim Nahooray:
Leon und Lucie

 

Roger Reiss: Leon und Lucie, Erinnerungen an das Zürcher Schtetl
Zürich: Orell Füssli Verlag 2008
124 Seiten, Euro 26,50.-
ISBN 978-3-280-06104-6

Roger Reiss hat seinem ersten Band Fischel und Chaye* eine ebenso amüsante Fortsetzung folgen lassen. Im Mittelpunkt der skizzenartigen Erzählungen stehen diesmal sein Vater Leon und seine aus Wien stammende Mutter Lucie.

Vor allem erinnert sich Roger Reiss -1944 in Zürich geboren- an seine Jugendjahre als orthodoxer Jude in der Schweiz, das bedeutete für ihn Lernen in Talmudschulen, aber auch Dienst beim Schweizer Militär. Besonders skurril sind seine Beschreibungen der Organisation für ein Konzert des bekannten singenden Rabbiners Schlomo Carlebach oder des jüdischen Heiratsmarkts von St.Moritz, wo Lucie schon in der Zugfahrt dahin das allzu große Interesse einer Mutter heiratwilliger Töchter an den drei Reissbrüdern nur mit List abwenden konnte. Auf heitere Art gelingt es ihm auch, über den Konkurs der Privatbank der Familie Reiss zu erzählen, ein Ereignis, das in der Realität sicher weniger vergnüglich war, da dabei das beträchtliche, vom Großvater erworbene Vermögen verloren ging.

Eine der Folgen des Bankrotts war, dass Roger Reiss einem seiner Brüder 1972 nach Genf gefolgt ist und dort schließlich eine Sephardin aus dem Libanon heiratete. Jahrzehntelang wurde er jeden Sonntag von Leon und Lucie besucht, die darüber wachten, dass die galizische Familientraditon von ihrem Sohn auch in der für sie exotischen französischen Schweiz weitergeführt wurde. Nach dem Tod der Eltern besteht diese Tradition für Roger Reiss nur noch aus Erinnerungen; geblieben ist ihm zwar das jüdische Bewusstsein, doch er sieht sich heute „als eine Art teilnehmender Beobachter" des Genfer Sephardentums.

*siehe Rezension in DAVID Nr. 72

 
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