Die jüdischen
Friedhöfe in Hamburg-Altona, Berlin-Weissensee
und Wien-Währing auf dem Weg zum UNESCO-Weltkulturerbe?
Tina WALZER
In Hamburg und Berlin bemüht man sich, die jüdischen
Friedhöfe Altona und Weissensee zum UNESCO-Weltkulturerbe erklären zu lassen. In
Wien ist von derartigem Engagement bisher nicht viel zu bemerken. Was
unterscheidet die Hamburger und Berliner Situation von jener in Wien?
Im Dezember 2007 berichtete Die Zeit, der jüdische
Friedhof Hamburg-Altona beantrage die Aufnahme in die Liste des
UNESCO-Weltkulturerbes. In Reaktion darauf reiste der Wiener Grüne Gemeinderat
Marco Schreuder im Januar 2008 spontan nach Hamburg, um den dortigen Umgang mit
einem bedeutenden Kulturdenkmal zu studieren und daraus Handlungsmöglichkeiten
für Wien abzuleiten. Wenige Wochen später, im April 2008, traf sich in Berlin
eine Expertenrunde, um die Aufnahme des jüdischen Friedhofes Berlin-Weissensee
in die Liste zu diskutieren. Nach ausführlichen Gesprächen entschloß sich die
Österreichische Gesellschaft für Historische Gärten in Wien schließlich dazu, im
November 2008 in Wien eine Konferenz zu veranstalten, deren Thema auch die
Aufnahme europäischer jüdischer Friedhöfe in die Liste des
UNESCO-Weltkulturerbes sein wird. Gleichzeitig wird im Bezirksmuseum Währing
eine Ausstellung zu sehen sein, die den Hamburger mit dem Währinger Friedhof in
Beziehung setzt und nach gemeinsamen, aber auch trennenden Entwicklungen fragt.
Die Universität Wien bringt auf Initiative des Vorstandes des Instituts für Ur-
und Frühgeschichte der Universität Wien, Otto Urban, im kommenden Wintersemester
das Thema mit einer Ringvorlesung über jüdische Friedhöfe, zu der namhafte
Forscher aus verschiedenen Fachdisziplinen geladen sind, auf den Punkt. Wenn
auch in Österreich der Schritt, sich zu einer Antragstellung für die
UNESCO-Liste zu entscheiden, bisher nicht gesetzt worden ist, so ist doch im
Gegensatz zur Stagnation der vergangenen Jahre etwas mehr Interesse an der Frage
der jüdischen Friedhöfe zu konstatieren. Immerhin gibt es jetzt eine Reihe von
Bemühungen, sich dem Thema mit Engagement und Expertise zu nähern.
Der jüdische Friedhof Hamburg-Altona: Geschichte und aktuelle
Entwicklungen
In der Königstraße wurde 1611 ein jüdischer Friedhof
angelegt, damals für die vor der iberischen Inquisition gefüchteten
zwangsgetauften Juden (Neuchristen). Er diente später auch den Mitgliedern der
jüdischen Gemeinden von Altona und Wandsbek als Begräbnisstätte und wurde 1869
geschlossen. Bemerkenswert ist die Anzahl portugiesisch-jüdischer Gräber, die
das Areal nach dem Friedhof Ouderkerk bei Amsterdam zum größten derartigen
Friedhof in ganz Nordeuropa macht. Nach ihrer erzwungenen Konversion zum
Christentum und Vertreibung aus Spanien und Portugal waren diese jüdischen
Familien auch nach Norden gewandert und hatten sich in den großen Handelsstädten
entlang der Nordsee niedergelassen. Dort waren sie auch zum Judentum zurück
konvertiert, wie etwa die Teixeira. Ihre Grabkunst vereinigt die christlichen
Einflüsse aus ihrer Zeit als Marranen ebenso in sich wie die traditionellen
jüdischen Einflüsse. In der Seefahrtsmetropole Hamburg ließen sich auch andere
bedeutende jüdische Familien wie Mendelssohn, Heine oder Warburg nieder. Auch
Familienmitglieder der berühmten Glikl von Hameln (1646 – 1724) sind auf dem
Friedhof in der Königstraße bestattet. Glikls in jiddischer Sprache verfasste
Autobiografie ist der älteste und bekannteste jüdische Memoirentext. In der Zeit
des Nationalsozialismus wurde der jüdische Friedhof Königstraße partiell
zerstört. Auf einem Teil des Geländes wurde ein Sportplatz errichtet, der heute
noch dort besteht. Zwischen 1943 und 1945 wurde das Stadtviertel, in dem der
Friedhof liegt, bombardiert. Auch der Friedhof erhielt schwere Treffer. Zu den
Zerstörungen der NS-Zeit kamen später Umweltschäden, Vandalismus, Beschädigungen
durch unsachgemäßen Umgang mit dem Areal, und Diebstahl. Heute ist der Friedhof
in der Königstraße umfassend beforscht und fotografisch dokumentiert, alle
Grabsteininschriften sind erfasst, übersetzt und im Internet abrufbar.
Zahlreiche Grabsteine wurden restauriert und wieder aufgestellt. Das Areal wird
nach der Erstellung eines eigenen Parkpflegwerkes professionell gepflegt und
betreut. Im Eingangsbereich wurde in moderner Architektur ein Gebäude errichtet,
das Räumlichkeiten für eine kleine Fachbibliothek und einen Vortragssaal, der
aus Panoramafenstern den Blick auf das Friedhofsareal eröffnet, zur Verfügung
stellt. Es ist nach dem Hamburger Rabbiner Eduard Duckesz benannt. Erforschung,
Restaurierung und Bauvorhaben wurden von der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd
Bucerius, der Hermann Reemtsma-Stiftung, der Axel Springer Stiftung, der
Stiftung Denkmalpflege Hamburg, der Kulturbehörde Hamburg (Denkmalschutzamt) und
der Senatskanzlei Hamburg finanziert. Grundeigentümerin des Friedhofsareals ist
die jüdische Gemeinde Hamburg, des Duckesz-Hauses die Freie Hansestadt Hamburg.
Die Restaurierung und Öffnung des jüdischen Friedhofes
Hamburg-Altona
Seit 1953 gehören alle jüdischen Friedhöfe in Deutschland
wieder den jüdischen Gemeinden. Prinzipiell hat jede staatlich anerkannte
Religionsgemeinschaft Anspruch auf angemessene Hilfe durch den Staat, unabhängig
von den Ereignissen in der nationalsozialistischen Zeit. Seit 1960 stehen alle
deutschen Friedhöfe unter Denkmalschutz, und haben daher auch Anspruch auf
staatliche Unterstützung. Bezüglich der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung
der jüdischen Friedhöfe in Deutschland existiert seit 1958 eine Vereinbarung
zwischen Bund und Ländern. Diese sogenannte Bund-Länder-Vereinbarung
funktionierte lange Zeit nicht optimal, da viele Kommunen das für die jüdischen
Friedhöfe gedachte Geld einbehielten. Erst seit der Landesverband der jüdischen
Gemeinden einen Beauftragten entsendet, wird die Vereinbarung effizient
umgesetzt, und zwar auf Zuruf: Die Länder stellen einen Betrag zur Verfügung,
und der Bund doppelt um noch einmal diesen Betrag das Gesamtjahresbudget auf.
Das Eduard Duckesz-Haus auf dem jüdischen Friedhof
Hamburg-Altona. Foto: Tina Walzer
Entscheidungsinstanz ist im Falle Hamburgs die Senatskanzlei,
das ist der Bürgermeister der Stadt. Die Vereinbarung betrifft nur historische,
das heißt geschlossene Friedhöfe. Allerdings haben die Mittel, die aus der
Bund-Länder-Vereinbarung zur Verfügung standen, nie gereicht: pro m² bzw. pro
Grab standen 1,70.- DM zur Verfügung. Zusätzlich zur Bund-Länder-Vereinbarung
stellt das Denkmalschutzamt Hamburg, ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein,
jährliche Beträge zur Verfügung. Das Denkmalschutzamt führt seit 1986 ein
Programm zur exemplarischen Restaurierung von Grabsteinen durch, ein Grabstein
pro Jahr wird restauriert.
Ein Projekt zur Erhebung der Steinqualität und von
Konservierungsmaßnahmen wird derzeit von der Bundesstiftung Umwelt und der
Stiftung Denkmalpflege gemeinsam finanziert. Ziel ist die Erstellung eines
Maßnahmen-Kataloges. Dazu wurden Probesteine aufgestellt, an denen die Umwelt-
und Witterungseinflüsse studiert werden. Das Projekt ist nicht abgeschlossen.
Aufgrund von Finanzierungsproblemen läuft es derzeit auf halber Kraft, das
Denkmalschutzamt sprang aber dankenswerter Weise budgetär ein. Auf Ergebnisse
wird gewartet. Zur Konservierung der Steine werden drei Möglichkeiten
diskutiert: Die Grabsteine zu imprägnieren, sie zu vergraben und originalgetreue
Kopien aufzustellen, oder die Steine während der Wintermonate mit Holzverhauen
zu schützen.
Die Fotodokumentation der Grabsteine wurde durch einen
professionellen Fotografen, der gleichzeitig Archäologe ist, erledigt und vom
Denkmalschutzamt als Archivierungskosten finanziert. Für das Fotoinventar wurden
alle Grabsteine angehoben und gereinigt, die Gesamtkosten beliefen sich auf
etwas über 100.000.- DM.
Restauriertes und teil-rekonstruiertes Grabdenkmal auf dem
jüdischen Friedhof Hamburg-Altona. Foto: Tina Walzer
Der Anstoß für die Rettung des Friedhof kam vom Institut für
die Geschichte der deutschen Juden und der Jüdischen Gemeinde in Hamburg.
Realisiert aber konnte dieses ambitionierte und kostspielige Vorhaben erst durch
das Engagement der Hermann Reemtsma-Stiftung werden, die sich für die jüdische
Geschichte Hamburgs einsetzen wollte und dazu einen Verbund von Stiftungen
gründete. Der Stiftungsverbund stellte sich jedoch als nicht durchführbar
heraus. Dafür konnten die Zeit-Stiftung mit 40%, sowie die Springer-Stiftung mit
10 % Beteiligung als Partner gewonnen werden. Die komplette Dokumentation des
aschkenasischen Teiles inklusive einer Publikation wurde so finanziert. Die
Stadt Hamburg übertrug die Projektkoordination der stadtnahen Stiftung
Denkmalpflege. Das Projektbudget betrug 1 Mio Euro auf 5 Jahre. Die Kosten für
das Fotoinventar wurden ausgelagert, ebenso die Kosten für Aufrichten von
Steinen, sie betrugen rund 60.- Euro pro Stein.
Das Duckesz-Haus wirde heute als „Studienhaus" für Seminare
und Besprechungen genutzt werden, und jeden Sonntag gibt es öffentliche
Führungen über das Friedhofsgelände. Die im Duckesz-Haus untergebrachte
Bibliothek wird Bücher zur Geschichte der hier begrabenen Familien sowie
Holocaust- Opferlisten bereitstellen. Außerdem sollen hier Arbeitsmöglichkeiten
für Familienforscher geschaffen werden. Im Duckesz-Haus werden auch die
Dokumentation der Grabsteine sowie ein Lageplan des Areals zur Verfügung stehen.
Für Erhaltung und Betrieb (Betriebskosten, Personal, Ausstellung) des Duckesz-Hauses
sind 1.000.- Euro pro Monat an laufenden Kosten geplant, für die aufzukommen
sich, nach dem Ausfall möglicher anderer Geldgeber wie der Stadt Hamburg, die
Stiftung Denkmalpflege bereit erklärt hat.
Mit der Inbetriebnahme des Duckesz-Hauses verbesserte sich
auch die Sicherheit des Friedhofs. Die Öffnung des Friedhofes erhöht
Aufmerksamkeit und Sensibilität für die Thematik. Auch hinter dem Bemühen, den
jüdischen Friedhof Hamburg-Altona auf die Tentativ-Liste der UNESCO zu setzen,
steht die Idee, dem Friedhof einen größeren Schutz zu gewährleisten. Die
Grundeigentümerin des Friedhofes, die jüdische Gemeinde Hamburg, formuliert es
so: „Der Friedhof soll offen sein, weil es keine Grund gibt, ihn geschlossen zu
halten!"1
Der jüdische Friedhof Berlin-Weissensee
Der jüdische Friedhof Berlin-Weissensee umfasst mehr als
115.000 Gräber auf einer Fläche von über 40 Hektar. Er wurde 1880 eingeweiht und
ist noch in Betrieb. Hier liegen viele berühmte Persönlichkeiten der
deutsch-jüdischen Geschichte begraben, wie der Verleger Samuel Fischer, der
Gastronom Berthold Kempinsky und der Maler Lesser Ury, aber auch der
österreichische Schriftsteller Karl Emil Franzos. Viele Grabstätten sind von
weltberühmten Künstlern gestaltet, unter ihnen Walter Gropius und Mies van der
Rohe. Ein Großteil der Gräber ist verwaist, denn die Nachkommen der hier
Bestatteten wurden während der Schoa ermordet. Während des 2. Weltkrieges erlitt
der Friedhof zahlreiche Bombentreffer. Erst in den 1980er Jahren wurde er an die
jüdische Gemeinde Berlin zurückgestellt. Im Frühjahr 1990 besuchte der damalige
deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker gemeinsam mit dem Dirigenten
Daniel Barenboim den Friedhof. Barenboim ermöglichte, dass die Erlöse aus
mehreren seiner Konzerte mit den Berliner Philharmonikern für
Renovierungsarbeiten an Grabsteinen zur Verfügung gestellt wurden. Die Erhaltung
des Friedhofes wird von Landesdenkmalamt und Senat Berlin, der Bundesagentur für
Arbeit, vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, von der Bundeswehr, sowie
durch private Spender, Freiwilligenaktionen und den Förderverein Jüdischer
Friedhof Weissensee unterstützt. Die heutige jüdische Gemeinde kann das riesige
Areal nicht aus eigener Kraft vor dem Verfall retten, weite Teile sind praktisch
unzugänglich. Für eine Gesamtrenovierung wären 40 Millionen Euro nötig. Derzeit
führt die Technische Universität Berlin ein Pilotprojekt zur beispielhaften
Inventarisation von 2% der Gesamtfläche des Friedhofes durch. Dazu zählen
Inschriftenerfassung, Typologisierung der Grabmalformen, Erfassung und Analyse
der Vegetation, Bestimmung der verwendeten Materialien und Erstellung eines
Kataloges der Schadensbilder. . Das Land Berlin stellt für das Pilotprojekt
insgesamt 73.023.- Euro zur Verfügung. Zusätzlich finanzierte die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Frühjahr 2008 mit rund 19.000.- Euro
eine Vegetationsanalyse.
Der jüdische Friedhof Wien-Währing
Der jüdische Friedhof Währing ist eine der größten erhaltenen
jüdischen Friedhofsanlagen aus dem 18. und 19. Jahrhundert in ganz Europa. Seine
Bedeutung liegt vor allem in der außerordentlichen Formenvielfalt der
Grabdenkmäler, aber auch in der einzigartigen Gestaltung der „türkischen"
Gruppe. Es ist davon auszugehen, dass bis zu 30.000 Tote auf dem jüdischen
Friedhof Währing bestattet worden sind. Das Areal umfaßt heute 20.000 m². In der
NS-Zeit wurde rund ein Viertel des Areals komplett zerstört und in der
Nachkriegszeit überbaut, mehr als 300 Personen wurden zwischen 1941 und 1943
exhumiert. Seit 1938 ist der Friedhof nicht mehr gepflegt und verfällt in
zunehmendem Tempo. Witterungseinflüsse und Umweltschäden gehören heute zu den
Hauptursachen irreparabler Schäden.
Nach der staatlichen Gesetzgebung gelten die jüdischen
Friedhöfe in Österreich als Einrichtungen einer gesetzlich anerkannten
Religionsgemeinschaft kraft gesetzlicher Vermutung als vorläufig unter
Denkmalschutz gestellt. Dies hatte für den jüdischen Friedhof Währing allerdings
jahrzehntelang keinerlei Konsequenzen. Im Januar 2001 schloss die
österreichische Bundesregierung mit der Regierung der USA und dem Bundesverband
der jüdischen Gemeinden Österreichs das „Washingtoner Abkommen" (BGBl. III Nr.
121/2001) zur Regelung von Fragen der Restitution und Kompensation jüdischen
Eigentums, das während der NS-Zeit geraubt worden ist, ab. Es bezieht sich auch
auf die jüdischen Friedhöfe in Österreich. Seither wird um eine politische
Lösung zur Umsetzung dieses vertraglichen Zugeständnisses gerungen. Wer ist
zuständig – der Bund? Die Länder? Die Ortsgemeinden? Jedenfalls erklärte die
österreichische Bundesregierung in diesem Abkommen schriftlich und
völkerrechtlich verbindlich, dass es „zusätzliche Unterstützung für die
Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in
Österreich leisten wird". Rechtlich verbindliche Verpflichtungen zur
Sicherstellung der so dringend notwendigen kontinuierlichen Bewuchspflege, aber
auch zur Rettung akut gefährdeter Grabmonumente auf dem jüdischen Friedhof
Währing mochten bisher weder die österreichische Bundesregierung noch das Land
Wien eingehen. Immerhin beauftragte der Zukunftsfonds der Republik Österreich
auf Initiative von Kurz Scholz nun die Erstellung eines
historisch-kunsthistorischen Gesamtinventars, und der Nationalfonds plant ein
Projekt zur technischen Schadensaufnahme. Dafür sollen 300.000.- Euro zur
Verfügung gestellt werden. Nach der Feststellung bereits bestehender sowie zu
erwartender Schäden müssen Sanierungskonzepte entwickelt, gleichzeitig aber
dringend Sicherungs-, Erhaltungs- und Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, um
den rapiden Verfall hintan zu halten. Damit verbunden wird auch die Frage der
Zukunft des Areals zu entscheiden sein.
Tatsächlich ist es wohl weniger so, dass ein einzelner
jüdischer Friedhof in Europa das Prädikat „Weltkulturerbe" für sich beanspruchen
kann, während andere Friedhöfe dem nachstehen sollen. Die erhaltenen Friedhöfe
als Gesamtheit verdienen jedoch mehr als vieles andere, eine solche Auszeichnung
und Unterschutz-Stellung zu erlangen. Die Tatsache, dass die Friedhöfe oft das
letzte erhaltene Zeugnis des einst blühenden jüdischen Lebens in einer Gemeinde
darstellen, ist ganz wesentlich für die Beurteilung ihres heutigen Stellenwerts.
Ganz abgesehen davon haben sich gerade auf jüdischen Friedhöfen, dank des
Gebotes ihrer Unauflöslichkeit, bemerkenswert alte Baudenkmäler erhalten
Mitunter stellen die Grabdenkmäler auf den jüdischen Friedhöfen sogar die
ältesten in der jeweiligen Ortsgemeinde heute noch existierenden Bauwerke dar.
Auch das ist ein wesentliches Argument für einen besonders sorgfältigen Umgang
mit diesen Arealen. Insgesamt sollten die erhaltenen jüdischen Friedhöfe, egal,
ob nun offiziell als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt oder nicht, mit besonderer
Wertschätzung behandelt werden. Die finanzielle Unterstützung, die eine
UNESCO-Unterschutzstellung mit sich brächte, wäre jedoch angesichts der überall
knappen Kulturbudgets sicherlich an sämtlichen in Frage stehenden Orten mehr als
willkommen.
1 Mein Dank für Gespräche und
Hintergrundinformationen geht an den Grandseigneur der sephardischen Forschung
Michael Studemund-Halévy, der sich seit Jahrzehnten unermüdlich für die Rettung
des Friedhofes einsetzt, an Irina von Jagow von der Stiftung Denkmalpflege, an
Gabriela Fenyes , Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde in Hamburg und an Dov-Levy
Barisilay, Landesrabbiner der jüdischen Gemeinde in Hamburg, an Ina Lorenz sowie
an Andreas Brämer vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden in
Hamburg.
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