Hanna Zweig-Strauss: Saly Mayer 1882-1950. Ein Retter
jüdischen Lebens während des Holocaust.
Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2007.
392 Seiten. Euro 39,90.-
ISBN 978-3-412-20053-4
Die Schweizer Ärztin und
Historikerin Hanna Zweig-Strauss, die 2002 eine Biographie über den prominenten
Schweizer Zionisten und Sozialdemokraten David Farbstein publizierte, hat ihr
neues Buch einem besonders schwierigen und heiklen Kapitel der Schweizer
jüdischen Zeitgeschichte gewidmet. Der Fabrikant Saly Mayer nahm als Sekretär
und Präsident des Dachverbandes der jüdischen Gemeinden in der Schweiz und ab
1940 als Vertreter des American Jewish Joint Distribution Committee während der
NS-Zeit eine Schlüsselstellung ein. Die neutrale Schweiz wurde anfangs ein
Zufluchtsort für die verfolgten Juden, sperrte aber im August 1938 die Grenzen
und wies tausende Flüchtlinge zurück.
Mayer wird sich, in der
Formulierung von Zweig-Strauss, „im ausweglosen Kampf zwischen partikularer
jüdischer Gruppensolidarität und exklusiv-nationaler Loyalität zum
schweizerischen Staat (oder seinen Behörden) verstricken." Mayer „vertrat eine
winzige, ungeliebte Minderheit ohne politische oder wirtschaftliche Verbündete".
So wurden die Schweizer Juden 1938 auch zur Übernahme aller Kosten, die die
Flüchtlinge verursachten, gezwungen.
Er bezweifelte nicht die Normen
und Gesetze der Mehrheitsgesellschaft, arbeitete mit der Fremdenpolizei und mit
ihrem umstrittenen Leiter Heinrich Rothmund zusammen und verweigerte die
Unterstützung illegaler Flüchtlingen. Mayer war in seinem Amt überfordert und
brach 1938 zusammen. Seine Verschwiegenheit und Diskretion führten zu
Gesprächsverweigerung und zunehmender Isolation. Er bewahrte aber seine
Menschlichkeit und half persönlich dem St. Gallener Polizeikommandanten Paul
Grüninger. Grüninger rettete Juden, indem er gegen die Vorschriften verstieß,
nach dessen Entlassung.
Mayers Verhandlungen mit der SS
1944 waren mit großem persönlichen Mut und Risiko verbunden; seine einzige
mögliche und realistische Strategie war, Zeit zu gewinnen. Auch seine
finanziellen Transaktionen in den letzten Kriegsjahren, seine Zusammenarbeit mit
Nathan Schwalb, dem Vertreter des Hechaluz in Genf, und seine Hilfe für die
Juden der Slowakei waren bewundernswert.
Die Autorin hat mit viel
Einfühlungsvermögen und historischer Kenntnis die tragischen Handlungsweisen
Mayers rekonstruiert. Sie hat damit auch viele falschen Behauptungen und
Anschuldigungen richtiggestellt und Mayer letztlich rehabilitiert.
Evelyn Adunka