DIE DOPPELTE WURZEL DES DASEINS
Sylvia Rogge-Gau
Julius Bab und der Jüdische Kulturbund
Berlin. Metropol Verlag,
Berlin 1999, 238 S. ÖS 277,00
ISBN Nr.: 3-932482-14-X
Die Berliner Historikerin Sylvia Rogge-Gau
hat in ihrer gründlichen, aufgrund ihres Materialreichtums besonders
lesenswerten Studie über den deutsch-jüdischen Theaterkritiker, Dramatiker und Schriftsteller
Julius Bab aufgezeigt, wie mit dem Einbruch des Nationalsozialismus die
Welt eines Repräsentanten der deutsch-jüdischen Symbiose zusammengebrochen
war, wie dieser aber dennoch die Werte, die er zeit seines Lebens vertrat,
weiterhin zu verteidigen versuchte.
Die Studie geht von der Prämisse aus, daß Babs Leben und Wirken
"als beispielhaft für die Situation des akkulturierten liberalen
jüdischen Bürgertums und der jüdischen Intellektuellen
gelten kann." Die Autorin resümeriert zu Beginn auch die bisherige
Forschung, die die in ihrer Prämisse formulierte Fragestellung bisher
vernachlässigte. Ihre Arbeit konnte sich auf umfangreiches Archivmaterial
im Julius Bab Archiv und im Archiv des Kulturbunds in Berlin sowie auf
die unveröffentlichten Erinnerungen von Babs Frau Elisabeth stützen.
Bab wurde in Berlin als Sohn des Holz- und Möbelfabrikanten und Mitglieds
der Berliner Reformgemeinde Elkan Bab geboren. Er war einer der bedeutendsten
Theaterkritiker der Weimarer Republik und der Verfasser von 56 literarischen
und literaturwissenschaftlichen Büchern.
Der Kulturbund Deutscher Juden wurde 1933 nach dem Ausschluß jüdischer
Künstler aus dem deutschen Kulturleben als Selbsthilfeorganisation
jüdischer Künstler gegründet und bestand mit mehr als 20
000 Mitgliedern bis 1941. Viele seiner Mitglieder und Funktionäre
wurden später ermordet, darunter auch dessen Gründer Kurt Singer.
Trotz seiner Arbeit als Dramaturg, Publizist und Organisator von Vorträgen
im Rahmen des Kulturbunds hielt er an der untrennbaren Verbindung von
deutscher und jüdischer Kultur als- dieser "doppelten Wurzel
des Daseins"- fest. So schrieb er in diesem Zusammenhang den beispielhaften
Satz: "In deutscher Luft hat sich aus jüdischer Wurzel unser
Geist entfaltet, durch deutsche Weisheit und deutsche Kunst haben wir
den Weg zur Kulturgemeinschaft der Welt gefunden; und wenn wir im Glauben,
Denken und Handeln dabei Juden blieben, so fühlten wir uns durch
diese doppelte Bestimmung unseres Wesens nicht ärmer, sondern reicher."
Allerdings konnte die Autorin auch nachweisen, daß die Arbeit im
Kulturbund, die Bab auch immer wieder mit der von ihm gefürchteten
Ghettoisierung identifizierte, keinen Ersatz für Babs bisherige kulturelle
Arbeit bieten konnte.
Bab ging 1939 ins Exil, zuerst nach Paris und 1940 in die USA, wo er 1955
starb. Er konnte im Exil nie mehr an die Erfolge in Deutschland anschließen
und besuchte seine Heimat 1951 im Rahmen einer Vortragstour.
Evelyn Adunka
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