NACHGELASSENE TAGE
Marga Minco
Aus dem Niederländischen übersetzt von Marlene Müller-Haas
Im deutschsprachigen Raum ist die 1920 in den Niederlanden geborene Autorin
kaum bekannt, in ihrer niederländischen Heimat hingegen gehört
ihre 1957 erschienene autobiographische Erzählung "Das bittere
Kraut" zu den meistgelesenen Büchern. Es ist die Geschichte
eines jungen Mädchens, das als einziges Mitglied einer großen
Familie dem Holocaust entkommt.
Auch in der vorliegenden kleinen Erzählung stehen Überlebende
des Holocaust im Mittelpunkt. Eine Frau - ihr Name wird nicht genannt
-
wird von ihrer Schwägerin beauftragt, Gegenstände aus deren
ehemaligen Familienbesitz zurückzubekommen. Die wahrscheinlich wertvollen
Dinge wurden vor der Deportation der Eltern bei nichtjüdischen Nachbarn
versteckt, doch später wurde der Tochter die Herausgabe verweigert.
Der rechtmäßigen Besitzerin geht es nicht um materielle Werte,
sondern die Gegenstände gehörten einmal zum Leben ihrer Familie
und sind alles, was davon geblieben ist. Auch die Protagonistin der Erzählung
wird während ihrer Bemühungen um die Rückgabe immer wieder
mit den Gedanken an ihre in Auschwitz umgekommene Schwester konfrontiert.
Diese schmerzvollen Erinnerungen der Überlebenden sind das Thema
von Marga Minco; sie wurde mit Recht die "Großmeisterin in
der Kunst des Erinnerns" genannt.
Evelyn Ebrahim Nahooray
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