Richard Zahlten
Von Mannheim nach Heidelberg und über den Schwarzwald
durch Gurs nach
Auschwitz-Birkenau 1877 - 1942
Einer jüdischen Ärztin 60 Jahre danach zum
Gedenken.
Herausgegeben von Erhard Roy Wiehn.
Konstanz: Hartung-Gorre Verlag 2001
68 Seiten, broschürt, DM 28,95/EURO 14,80
ISBN 3-89649-661-1
Johanna Geissmar wurde am 7. Dezember 1877 als
jüngstes Kind einer angesehenen deutsch-jüdischen Familie
in Mannheim geboren. Zu ihren Vorfahren zählten Rabbiner, Kantoren
und Religionslehrer. Ihr Vater Josef war ein bekannter Rechtsanwalt.
Für die schöne und kluge Johanna kam ein Studium zunächst
nicht in Frage, da ihr als Frau des Jahrgangs 1877 die Universitäten
noch verschlossen blieben. Nach dem Tod des Vaters kam für
die unverheiratete Johanna die Zeit des Aufbruchs: Im Jahre 1900
wurden erstmals Frauen an der Heidelberger Universität zugelassen.
Johanna holte das Abitur nach und wählte Medizin als Studienfach.
Nach ihrer Dissertation 1916 blieb sie als Ärztin im Lazarettdienst,
wo sie das Elend des Krieges hautnah miterlebte. Ab dem Jahre 1920
praktizierte sie als Kinderärztin in Heidelberg und wurde bald
von arm und reich geschätzt. Anfang 1933 musste ihre Praxis
geschlossen werden, da im nationalsozialistischen Deutschen Reich
jüdische Ärztinnen /Ärzte keine Kassenverträge
mehr bekamen. Am 28. August 1933 meldete Johanna Geissmar
sich beim Einwohneramt der Stadt Heidelberg ab, blieb aber in Deutschland.
Zunächst zog sie in den Schwarzwald nach Bärental, ab
1935 lebte sie in Saig. In diesem kleinen Ort wurde bald bekannt,
dass sie Jüdin war. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurde Johanna
Geissmar tätlich angegriffen. Sie fand Zuflucht bei ihrer Freundin
Erika Schwoerer, deren Familie kein Hehl aus ihrer Verachtung für
den Nationalsozialismus machte. Als die Lage immer bedrohlicher
wurde, wandte sich Erika an den evangelischen Pfarrer Martin Huß,
der ein Mitglied der "Bekennenden Kirche" war. Doch diese
Hilfe war vergebens. Die Ärztin wurde von der Gestapo am 23.
Oktober 1940 zu einer der drei Sammelstellen gebracht und
in das Lager von Gurs deportiert. Im August 1942 wurde sie nach
Auschwitz-Birkenau transportiert. Obwohl ihr Name nicht auf der
Liste stand, meldete sie sich freiwillig, vor allem weil sie hoffte,
ihre Geschwister dort zu finden. Als Todestag kann ihr Ankunftstag
in Auschwitz-Birkenau gesehen werden: der 14. August 1942. In einem
Vorwort schreibt Margot Wicki-Schwarzschild, die als neunjähriges
Mädchen nach Gurs deportiert wurde, zu Recht: "Das vorliegende
Buch ist eine Hommage an eine große Frau und zugleich eine
weiteres Werk gegen das Vergessen." In der Verlagsbuchhandlung
Hartung-Gorre sind eine Reihe von engagierten Arbeiten zum Thema
Shoah/Judaica erschienen. Nähere Informationen finden
sich auf der Homepage:
http://home.t-online.de/home/hartung.gorre
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