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NACH LANGEM SCHWEIGEN
Monika KACZEK

Helen Fremont
Auf der Suche nach meiner jüdischen Identität
Aus dem Amerikanischen von Helmut Ettinger
Berlin: Aufbau-Verlag 2001
333 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
€ 23,20 (A) / € 22,50 (D)/SFR 38,90
ISBN 3-351-02523-8

Helen wächst gemeinsam mit ihrer Schwester Lara als Tochter polnischer Katholiken im Mittleren Westen in den USA der Sechziger Jahre auf. Die Familie geht zwar brav in die Kirche, doch verlässt sie immer schon vor dem Abendmahl. Die Mutter lehrt Helen, das Vaterunser in sechs Sprachen zu beten und ebenso das Kreuz zu schlagen: "Diese Zeit gehörte nur uns beiden; sie wiegte mich in den Schlaf im Schutze eines Gottes, der mich immer verstehen konnte - in jeder Sprache und unter jedem Himmel."
Die beiden Mädchen wissen, dass ihre Eltern aus Europa - "einer fernen und gefährlichen Welt" - entstammen, sich dort kennengelernt haben und einem Krieg entkommen sind. Sie waren auch in Konzentrationslagern - die Kinder stellen sich diese als eine Art Gefängnis vor, in dem die Insassen von angestrengter geistiger Tätigkeit in Anspruch genommen werden.
Helen ist schon über dreißig, als ihr der Verdacht kommt, ihre Eltern könnten Juden sein. Zusammen mit Lara enthüllt sie Stück um Stück das Geheimnis, das ihre Familie umgibt. Auf ihre Anfrage hin, schickt ihnen ein Rabbi aus Yad Vashem Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass beide Elternteile jüdischer Abstammung sind. Zosia, die Schwester der Mutter, lässt sich 1936 taufen, um einen italienischen Grafen zu heiraten, einen Faschisten, der ihr Leben rettet. Helens Vater wird 1941 von den Sowjets nach Sibirien deportiert, während ihre Mutter die Besetzung des östlichen Polens durch die Deutschen, die Pogrome und Deportationen erlebt. 1942 gelingt ihr die Flucht; der Vater entkommt dem Gulag erst 1946.
Helen und Lara reisen in die Ukraine, um die Heimat der Eltern kennenzulernen. Langsam gewöhnen sie sich an die furchtbaren Geschichten, die sie zu hören bekommen: "Jede Ortschaft, jede kleine Stadt hatte ihren eigenen entweihten Friedhof, ihren Schauplatz für Massenmorde, ihre gewaltigen Massengräber."
Für die Eltern der beiden Frauen sind ihre Forschungen ein schmerzhafter Prozess. Während einer Unterredung bricht die Mutter zusammen:" ‘Ich bin keine Überlebende!’ schrie sie, schüttelte ihren Arm und wies auf die weiche, makellose Haut. ‘Siehst du? Ich trage keine Nummer! Ich bin keine Überlebende’."
Mit ihrem ersten Roman ist der jungen Autorin Helen Fremont ein klares Werk über Selbstfindung und die damit verbundenen Schmerzen gelungen. "Die Vergangenheit meiner Familie hat mich mein ganzes Leben lang fest im Griff gehalten. Jetzt erzähle ich die Geschichte, weil es wohl die einzige Möglichkeit ist, den Knoten zu lösen, der uns so viele Jahre gefangen hielt."

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