Jan Björn Potthast
Gegnerforschung und Völkermord
im Nationalsozialismus
Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag 2002,
503 Seiten, (A) € 51,30
ISBN 3-593-37060-3
Der Münchner Historiker Jan Björn Potthast
hat in einer umfangreichen, auf einem akribischen Quellenstudium
beruhenden Untersuchung die Geschichte des Jüdischen
Zentralmuseums der SS in Prag aufgearbeitet. Im Gegensatz
zu dem in Wien lebenden Historiker Dirk Rupnow, der
2000 im Picus Verlag ebenfalls ein Buch über dieses
Museum veröffentlichte und die Antwort offen ließ,
glaubt Potthast, daß die Idee des Museums auf
eine jüdische Initiative zurückging. Er stützt
sich auf Zeugnisse, die davon berichten, daß Karel
Stein, der Leiter des Provinzreferates der Jüdischen
Kultusgemeinde Prag, erstmals die Einrichtung eines
Museums vorschlug. Stein überlebte die Shoah und
starb in Israel kurz bevor er im Eichmann-Prozess hätte
aussagen sollen.
Auch die Nachkriegszeit fand Potthast ähnlich
schlecht dokumentiert wie teilweise die Vorgänge
in der NS-Zeit. Viele Aspekte (wie zum Beispiel die
Überführung tschechischer Thorarollen in ein
eigenes Museum in einer Synagoge in London) kann auch
er nur streifen und sie wären eine eigene Studie
wert. So ist es auch erstaunlich, daß das Jüdische
Museum in Prag bis heute keinen Museumführer publiziert
hat.
Das Buch erwähnt auch zahlreiche weitere bizarre
Details über die "NS-Judenforschung"
in anderen Teilen des NS-Reiches. Der umfangreiche Band
ist ein besonders wichtiger und lesenswerter Beitrag
über eines der bisher noch relativ wenig beachteten
Kapitel der Geschichte und Nachgeschichte des Nationalsozialismus.
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