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DIE QUANDTS
Alexander Bittmann

Rüdiger Jungbluth
Ihr leiser Aufstieg zur mächtigsten Wirtschaftsdynastie Deutschlands,
Frankfurt / New York: Campus Verlag 2002,
390 Seiten / € 24,90.
ISBN 35-933-69400

Kaum bekannt ist, dass die Familie Quandt zum deutschen Geldadel gehört. Auf über 20 Milliarden Euro werden ihre Vermögen geschätzt. Der Wirtschaftsjournalist Rüdiger Jungbluth, hat erstmals umfassend den leisen Aufstieg der Quandts zu einer der mächtigsten Wirtschaftsdynastien Deutschlands rekonstruiert. Kein leichtes Unterfangen, denn die Quandts zeigten sich bei den Recherchen wenig kooperativ. Die Quandts zeigten wenig Interesse an einer Biografie. Familienarchive werden unter Verschluss gehalten. Nur die Generation der Erben stand dem Autor für Interviews zur Verfügung. Jungbluth ist es daher nicht immer leicht gefallen die einzelnen Familienmitglieder treffend zu charakterisieren.
Zwischen Triumph und Tragödie pendelt die Familiengeschichte der Quandts: Der märchenhafte Aufstieg begann Ende des 19. Jahrhundert: Emil Quandt arbeitete sich vom Lehrling zu einem der größten Textilfarbrikanten des Kaiserreichs empor. Sein Sohn Günter Quandt wagte sich aufs Börsenparkett. Diskret kauft er Aktien von Unternehmen auf. Meilenstein auf dem Weg zum Wirtschaftsimperium war der Übernahme - Coup der Akkumulatoren-Fabrik (AFA). Quandt bootete den legendären Bankier Fürstenberg aus.
Jungbluth zeichnet das Portrait eines Konzernherrn nach, der kaum moralische Skrupel gekannt hat, und für den Geschäftsinteressen immer an erster Stelle standen. So gehörte Günther Quandt zu den ganz großen Profiteuren des von den Nazis entfachten Weltenbrands.
Der Biograf leuchtet die Rolle des Quandt-Konzerns in der NS-Zeit objektiv aus. Transparent wird ein bisher weitgehend verborgen gebliebenes Kapitel deutscher Wirtschaftsgeschichte.
Quandt hatte maßgeblichen Anteil am Rüstungswunder des NS-Staats. Die AFA lieferte für die strategisch wichtige U-Bootflotte des dritten Reichs die Batterien. Quandt war ein früher Nutznießer der Arisierung, und beschäftigte in den Akkumulatorenfabriken Zwangsarbeiter. Hunderte von ihnen starben an den Folgen von Bleivergiftungen und Misshandlungen der SS.
Ein Tabuthema für die Quandts bis zum heutigen Tage. Direkte Entschädigungsforderungen ehemaliger Zwangsarbeiter sind von der Varta immer kategorisch abgelehnt worden. So als ob die dunklen Schatten der Vergangenheit mit der Umbenennung des Firmennamens abgeschüttelt werden konnten.
Anders als die anderen Rüstungsbosse - wie Alfried Krupp und Friedrich Flick - übersteht Günther Quandt die Entnazifizierung glimpflich. Er wird vom Vorwurf der Mittäterschaft freigesprochen.
Nach dem Krieg wird ein neues Kapitel aufgeschlagen: Die Quandt-Unternehmen kommen schnell wieder auf die Beine. Unter der Ägide von Herbert Quandt erreichen die Unternehmensbeteiligungen neue Höhen. 1960 stieg er bei den angeschlagenen bayerischen Motorenwerken ein, und verhindert so die Übernahme durch Daimler-Benz. Die Investition in BMW erwies sich als meisterhaft: Heute hat der Münchner Automobilkonzern Daimler hinter sich gelassen. BMW erzielte im vergangen Jahr einen Jahresumsatz von fast vierzig Milliarden Euro.
Kontrolliert werden die Besitzverhältnisse bei BMW von Johanna und Stefan Quandt sowie Susanne Klatten. Die Quandt-Erbin kann wohl als die reichste Deutsche gelten. Außer ihren Anteilen an BMW, hält sie die Mehrheit an der Altana AG. Die Altana entwickelte sich innerhalb von nur zwei Jahrzehnten aus der ehemals zur Varta gehörenden Pharma - und Diätethiksparte zu einem international ausgerichteten Pharmakonzern.
Einmal mehr haben die Quandt-Erben bewiesen, dass sie auch in der dritten Generation an den Erfolg ihres Großvaters anknüpfen können. Sie sehen sich als Garanten einer unternehmerischen Unabhängigkeit, die in Deutschland vom Aussterben bedroht ist.
Gemäß der Familientradition bevorzugen sie dabei die leisen Töne. Die Quandts agieren hinter den Kulissen. Skandalumwitterte Schlagzeilen sucht man vergebens. So verblasst die jüngste Familiengeschichte gegenüber der triumphalen und umstrittenen Vergangenheit. Die Quandt-Erbin, Susanne Klatten, empfindet eine "Verbundenheit mit der Geschichte der Familie". Hinzuzufügen ließe sich, dass Unternehmen nur dann ihrer Geschichte gerecht werden, wenn sie sich ihrer Vergangenheit stellen. Ein Zeichen in diese Richtung setzt die jüngst ins Leben gerufene Stiftungsinitative der deutschen Wirtschaft. An ihr haben sich auch die aus dem Quandt-Imperium nach 1945 hervorgegangenen Unternehmen beteiligt.
 Doch das Bekenntnis zur Mitverantwortung an den Verbrechen des Nationalsozialismus kommt für viele ehemalige Zwangsarbeiter und ihre Angehörigen zu spät.

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