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DER PIANIST
Monika Kaczek

Wladyslaw Szpilman
Mein wunderbares Überleben
Aus dem Polnischen von Karin Wolff
Vorwort von Andrzej Szpilman
Anhang von Wilm Hosenfeld
Mit einem Essay von Wolf Biermann
München: Ullstein Taschenbuchverlag 2002
232 Seiten, 17 Abbildungen, Taschenbuch
€ 8,20 (A) / € 7,95 (D) / SFR 14,20
ISBN 3-548-36351-2

Es gibt keine Opfer erster und zweiter Klasse. Ob einer stumm unter kreischenden Menschen in der Gaskammer starb oder - wie es im Partisanenlied aus dem Getto Wilna heißt: - "mit Pistolen in der Hand" - wer will da eine moralische Rangliste behaupten? Wladyslaw Szpilman ist, was die Frage Kämpfer oder Opfer betrifft, beides.
Wolf Biermann

Wladyslaw Szpilman wird 1911 in Warschau geboren. Nach einem Studium der Musik in Berlin kehrt er 1933 wieder in seine Heimatstadt zurück, wo er bald Anerkennung als Pianist und Komponist findet. Am 23. September 1939 spielt er im Polnischen Rundfunk ein Nocturne von Chopin: eine halbe Stunde später wird das Funkhaus zerbombt. Szpilman und seine Familie - Mutter, Vater, zwei Schwestern und ein Bruder - werden ins Warschauer Getto gesperrt. Als August 1942 die ganze Familie deportiert werden soll, kann Wladyslaw fliehen, und mit Hilfe von Mitgliedern des polnischen Widerstandes überlebt er in zahlreichen Verstecken. In dieser Zeit des Schreckens und des Hungers blickt er Ende 1944 eines Tages in das Gesicht des Wehrmachtsoffiziers Wilm Hosenfeld. Statt Szpilman zu töten, fordert der Deutsche ihn auf, sich ans Klavier zu setzen. Der Pianist berührt vorsichtig das Instrument und beginnt zu spielen. Mit jeder Taste, die er anschlägt, kehrt das Leben in ihn zurück. Hosenfeld versorgt Szpilman regelmäßig mit Nahrung und hilft ihm so, die Befreiung Warschaus zu erleben. Hosenfeld selbst stirbt 1952 in einem sowjetschen Kriegsgefangenenlager. Trotz Szpilmans intensiver Such nach dem Retter, werden sich die beiden nach dem Krieg nie mehr wiedersehen. Während einer Tournee durch Deutschland 1957 kann er aber Hosenfelds Witwe Annemarie und die beiden Söhne kennenlernen. Die Frau schenkt dem Besucher ein Foto von ihrem Mann.

Nach der Befreiung Polens 1945 eröffnet Szpilman den Sendebetrieb des neuaufgebauten Polnischen Rundfunks - wieder mit Chopins Nocturne. Ein Jahr später erscheint seine Autobiographie unter dem Titel Smiercmiasta.

Jahrzehnte später verfilmt der Regisseur Roman Polanski diese berührende Geschichte unter dem Titel Der Pianist und gewinnt damit bei den Festspielen von Cannes 2002 die Goldene Palme. Während er Pressekonferenz in Cannes betont er, dass Szpilmans Werk trotz allem einen optimistischen Zugang hat. Es zeigt "... gute und schlechte Polen, und das gleiche gilt für die Juden und die Deutschen. Sie sind ganz einfach menschlich." Polanski , der als Kind aus dem Krakauer Ghetto fliehen kann, während seine schwangere Mutter und sein Vater nach Auschwitz deportiert werden, fand in dem Buch seine eigene Geschichte wieder.

In einem Artikel in Spiegel Online (22. Oktober 2002) schreibt Marcel Reich-Ranicki über Polanskis Der Pianist. Dabei stellt er die Frage, ob man einen Film über das äußerste Grauen machen dürfe. Man muss es, sagt er und lobt das Werk als "unfassbar authentisch. (...) Was ich mir nie vorgestellt, was ich nie zu hoffen gewagt habe, das ist Polanski hier gelungen: Er hat den Alltag des Gettos, seine Atmosphäre so treffend und mit einer so überwältigenden Genauigkeit wiedergegeben, daß ich, diesen Film sehend, hier und da mit dem Verdacht kämpfen mußte, da seien authentische Dokumentaraufnahmen eingeblendet worden." Die Wege von Szpilman und Reich-Ranicki kreuzen sich im Warschauer Ghetto: ersterer ist dort Pianist und Reich-Ranicki schreibt unter Pseudonym Musikkritiken. Auch nach dem Krieg stehen sie bis zu Szpilmans Tod im Jahre 2000 in engem Kontakt.

Wolf Biermann, dessen Vater ab 1933 im kommunistischen Widerstand engagiert war und 1943 in Auschwitz ermordet wurde, schreibt in seinem großartigen Essay am Ende der Taschenbuchausgabe: "Wer sich mit der Shoa-Geschichte je beschäftigt hat und also auch Geschichten der Davongekommenen kennt, sei es aus den Erzählungen in der Familie, sei es aus der Literatur, kann spüren, daß jedes einzelne Menschenkind, wenn es diesen Höllen entrann, fast so was wie ein zynischer Gottesbeweis ist. Wohl jeder Überlebende ist vor allem: ein groteskes Weltwunder, ein Toter auf Urlaub, ein gebranntes Mirakel auf zwei Beinen."

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