Leo Rosten
Eine kleine Enzyklopädie
München:
Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv) 2002,
638 Seiten, € 25.
ISBN 3-423-24327-9
Viele Jahre habe er ein solches Lexikon gesucht, schreibt
Leo Rosten im Vorwort zu seinem Werk, das, aktualisiert
und kommentiert von Lawrence Bush, nun auch in deutscher
Übersetzung (Lutz-W. Wolff) vorliegt; er konnte
jedoch keines finden, und so mußte dieses Buch
entstehen, weil es keine andere "Möglichkeit"
gab, ein solches zu besitzen.
Der Schriftsteller Isaak Leib Perez (1851-1915) hatte
einst das Wesen jenes Idioms, das auch Leo Rosten beschäftigte,
so formuliert: "Jiddisch ist die Sprache, die für
immer Zeugnis ablegen wird über die Gewalt und
Mordtaten, die man uns angetan hat. Sie trägt die
Spuren unserer Vertreibung vom einen Land zum anderen,
die Klagen unserer Väter hat sie aufgenommen, die
Klagen von Generationen, das Gift und die Bitternis
der Geschichte. Dies ist die Sprache, deren köstliche
Juwelen aus den ungetrockneten und nicht gefrorenen
Tränen der Juden bestehen."
In seiner "kleinen Enzyklopädie" untersucht
Leo Rosten (1908-1997) einen faszinierenden Aspekt,
nämlich die Entstehung jener Wörter und Redensarten,
die aus dem Jiddischen stammen und denen man heute in
amerikanischen Büchern, Zeitschriften, Zeitungen,
Rundfunk- und Fernsehsendungen, Filmen und Nachtclubprogrammen
begegnet bzw. die man in vielen großen Städten
Amerikas auf der Straße oder im Bus hören
kann.
Einige dieser Wörter, wie "kibitzer",
"mish-mash", "bagel" u.a. bezeichnet
man als "jinglisch", weil sie sowohl in der
amerikanischen als auch in der englischen Umgangssprache
benutzt werden. Andere, wie "kochaleyn", "utz",
"shmegegge", bezeichnet Rosten als "ameridisch",
da sie von amerikanischen Juden geprägt und verbreitet
wurden. Zu dieser Gruppe gehören auch Wörter,
die fast ausschließlich von jiddisch sprechenden
Einwanderern eingeführt und verwendet wurden.
Die Fülle der Wörter, von "adojni"
und "Adoshem" bis "tsitsis" und
"tsores", ist alphabetisch angeordnet, mit
Erklärungen versehen sowie durch zahlreichen Geschichten,
Anekdoten und Witzen, mit Illustrationen von R. O. Blechman,
ergänzt. So entstand ein enzyklopädisches
Lexikon der besondern Art: ein Werk, das viel Wissen
vermittelt, doch auch in den tieferen Sinn jüdischen
Humors und Geistes führt; es ist eine Schatzkammer
lebendiger Sprachkultur, Religion und Geschichte
ein Buch, in dem man besonders heute wieder lesen sollte.
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