Zeitschrift für Geschichte und Kultur
der Juden,
Otto Horch, Robert Jütte,
Markus J. Wenninger (Hg.),
13. Jg., Heft 2, 2003, 306 Seiten,
Tübingen: Max Niemeyer Verlag,
ISSN 1016-4987.
Nunmehr liegt das 2. Heft des ersten
Jahrganges dieser Reihe vor, die, nachdem die Jahrgänge
1 bis 12 vom Böhlau Verlag Wien herausgebracht wurden,
seit 2003 vom Niemeyer Verlag betreut werden. An der
bewährten Konzeption der Reihe hat sich nichts geändert,
so dass wir hier wieder neben umfangreicheren Aufsätzen,
einigen kleinen Beiträgen, Literaturmiszellen, auch
Rezensionen und ev. Projektberichte finden. Wolfram
Drews geht in seinem Beitrag "Überleben durch
Kooperation mit dem "Feind"? Deutungen von Krieg und
Frieden in der Gründungslegende des rabbinischen
Judentums" auf den historischen Kontext, auf die Legende
von der Flucht Jochanan ben Zakkais und die folgende
redaktionelle Bearbeitung ein, auf die Bedeutung der
Legende zur Frage von Krieg und Gewalt. Friedrich Lotter
führt in "Zur sozialen Hierarchie der Judenheit in
Spätantike und Frühmittelalter" etliche Quellen an,
denen zufolge Juden durchaus auch eine Reichtum und
Macht besitzende Oberschicht entwickeln konnte. Von
einem Dekret Kaiser Honorius von 398 bis zu dem Verbot
des Besitzes von christlichen Sklaven durch Juden durch
Kaiser Justinian 534 spannt sich der Bogen.
Markus J. Wenninger schreibt über
"Die Judensteuerliste des Markgrafen Albrecht Achilles
von Brandenburg aus dem Jahr 1461". Der von Friedrich
III. nach 1452 ausgeschriebene "Dritte Pfenng" konnte im
rheinischen Gebiet mangels Zugriffsmöglichkeit kaum
erhoben werden. 1461 übertrug Friedrich seinem
Feldhauptmann Mgf. Albrecht Achilles von Brandenburg die
Eintreibung dieser Sondersteuer für Juden. Dieser ließ
dafür eine Aufstellung der Judensiedlungen anlegen, die
die umfangreichste des mittelalterlichen Deutschland
darstellt.- Ulrich Wyrwa berichtet in "Juden in Paris
und Berlin" über die Französische Revolution aus der
teilweise sehr konträren Sicht der Berliner Presse in
den Jahren 1789 bis 1791. Thomas Meyer: "Salomon
Formstechers Religion des Geistes Versuch einer
Neulektüre". Meyer vertritt die These, in Formstechers
Buch "...liegt ein völlig eigenständiger Versuch vor,
aus explizit jüdischer Sicht ..." die Situation der
Juden unter Berücksichtigung historischer Aspekte und
Einfluss der Säkularisierung in Deutschland seiner Zeit
zu beschreiben.
Ulrich Sieg beschäftigt sich in "Der
frühe Hermann Cohen und die Völkerpsychologie" -
gestützt auf zeitgenössische Quellen - besonders mit der
Frühzeit dieses Philosophen. Neben Bildungshintergrund
wird u. a. der starke Einfluss Steinthals untersucht,
der nach jahrelangem freundschaftlichen Verhältnis sogar
die persönlichen Beziehungen abbrach, um solcherart
seinen Protest gegen die nunmehrige Haltung Cohens
auszudrücken.- Drei kleinere Beiträge seien nur
summarisch angemerkt, so auch die Literaturmiszellen,
die, thematisch breit gestreut, jede für sich wert ist,
gelesen zu werden. Weiters sind aus der Fülle der mehr
und mehr sich mit jüdischen Themen beschäftigenden
Neuerscheinungen beispielhaft diesmal zwanzig Bücher in
Rezensionen vorgestellt. In summe wieder ein
interessantes Heft, das durch die Vielseitigkeit der
enthaltenen Beiträge dem Leser manche Vertiefung
ermöglicht und manchen Anstoß zur "Weiterverfolgung"
gibt.
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