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ERINNERUNGEN AN CZERNOWITZ

Maja Wassermann

Zwischen Pruth und Jordan.

Lebenserinnerungen Czernowitzer Juden.

Köln, Weimar, Wien: Böhlau Verlag 2003.

176 S., 64 Abb., 1 Karte. 16,90 Euro.

Seit kurzem liegt ein reichbebilderter Sammelband vor, der einen vielseitigen Blick in das wechselvolle Leben und Schicksal der Czernowitzer jüdischen Bevölkerung im 20. Jahrhundert vermittelt. Befragt wurden 53 "Interviewpartner" bzw. Gewährspersonen des sogenannten bürgerlichen Mittelstandes und der ehemaligen Großbourgeoisie – von Paula Israeli geb. Katz (Adâncata-Rechovot), Tochter eines Metzgers, bis zu Dr. Dr. Erika Schäffer geb. Zwecker (Czernowitz-Hertzlija), Tochter eines Arztes. Die in Israel geführten Gespräche wurden von Gaby Coldewey, Anja Fiedler, Stefan Gehrke, Axel Halling, Mariana Hausleitner, Eliza Johnson-Ablovatski, Nils Kreimeier und Gertrud Ranner aufgezeichnet.

Aus diesen Tonbandaufnahmen werden nun, in Kapiteln geordnet, längere Auszüge gebracht und mit erläuternden Texten der Herausgeber verbunden. Das ergibt ein faszinierendes und facettenreiches Lesematerial, denn die Lebenswege dieser jüdischen Menschen führen "von der Bukowina am östlichen Rande des ehemaligen habsburgischen Reiches bis ins heutiges Israel", d.h. bis nach Jerusalem, Tel Aviv und Haifa. Dabei werden jedoch auch "Brüche" aufgezeigt – "zwischen dem Mythos einer Vielvölkerregion mit großer kultureller Vergangenheit und der Ironisierung desselben, die sich im Lauf der Geschichte und ihrer Wahrnehmung ergibt."

Einen Schwerpunkt der Erinnerungen und Erlebnisberichte stellt die Kriegszeit dar – vor allem die Ghettos und Deportationen –, wobei die Jahre vorher meist verklärt und nostalgisch betrachtet werden, wenn z.B. Mella Horowitz geb. Pächt (CzernowitzTel Aviv) meint: "Schön war es in Czernowitz, hauptsächlich weil ich jung war..."

Einige Stellen im Vorwort und in den Begleittexten hätten sorgfältiger durchdacht werden müssen – wenn z.B. das Kronland "vom Habsburger Reich verwaltet" wird oder man den rumänische Chauvinismus nach 1920 als "neues rumänisches Selbstbewusstsein" schönredet u.a. –, auch hätte ein Kundiger die geographischen Bezeichnungen überprüfen müssen, denn Dnjestr wird konsequent falsch geschrieben ("Dnestr"), wie auch Wischnitz ("Visnita"), Kimpolung ("Kimpulung") usw.

Der Anhang finden sich dann Kurzbiographien der Interviewpartner, ein Glossar, Anmerkungen, ein Literatur- und Autorenverzeichnis sowie ein Bildnachweis der 64 reproduzierten, zum Teil historischen Fotos. Dadurch vermittelt dieser Band nicht nur eine aufschlussreiche und beeindruckende Lektüre sondern er ist auch für die weitere bukowinische Erzählforschung von großer Bedeutung.

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