ISRAEL`S SECURITY AS A MAJOR CONSIDERATION FOR PEACE IN
THE MIDDLE EAST Yossi Beilin (Autor). In: Jahrbuch für Internationale
Sicherheitspolitik 2004
Caroline Stampfer (Rezensentin)
Laut Analyse des ehemaligen israelischen Justizministers
Dr. Yossi Beilin spiele die Frage der Sicherheit Israels
in der israelischen Politik eine zentrale Rolle. Seit
1967 gebe es keinen Friedensvertrag, in dem nicht das
Thema Sicherheit im Mittelpunkt gestanden wäre. Die
Frage der Handhabung der besetzten Gebiete, die
gleichzeitig als Garantie und anhaltende Bedrohung für
den israelischen Staat gesehen würden, spalte die
israelische Gesellschaft seit Jahren.
Das Israel des 21. Jahrhunderts müsse aber einsehen,
dass die besetzten Gebiete einen Unsicherheitsfaktor
darstellen, und dass die Zukunft Israels langfristig von
einem Rückzug und der Schaffung eines palästinensischen
Staates abhänge.
Verschiedene Ereignisse führten dazu, dass sich die
jüdische Bevölkerung in ihrer Existenz bedroht fühlte:
Die Erinnerung an den Holocaust, der vorerst
erfolgreiche Angriff General Rommels auf Nordafrika, die
Invasion arabischer Staaten gegen den neugegründeten
Staat Israel - aber auch die Schwierigkeit, mit welcher
der junge israelische Staat in den Besitz von Waffen zur
Selbstverteidigung zu gelangen schien. Seit Gründung des
Staates Israel war klar, dass Sicherheit für die
jüdische Bevölkerung alles andere als selbstverständlich
sein würde.
Am Vorabend des Sechstagekriegs sah sich Israel der
Gefahr einer Auslöschung ausgesetzt. Zwar endete dieser
Krieg mit einem überwältigenden Sieg der israelischen
Armee. Er führte aber gleichzeitig zur Überzeugung, dass
die Kontrolle über die besetzten Gebiete die
bestmögliche Sicherheitsgarantie für die Existenz
Israels darstelle. Im Zuge des sechs Jahre später
erfolgenden Jom-Kippur-Kriegs wurde die Frage der
besetzten Gebiete zum zentralen Thema, das die
israelische Bevölkerung in zwei Lager spaltete in
jene, die die Meinung vertraten, dass nur die Existenz
der besetzten Gebiete ein grösseres Disaster abzuwenden
vermochte; und jene, die an eine Vermeidung des Krieges
glaubten, wenn Israel zu einem territorialen Kompromiss
bereit gewesen wäre.
Aus diesem Blickwinkel müsse laut Autor der graduelle
Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten gesehen
werden. Der Rückzug Israels aus der Halbinsel Sinai sei
eine direkte Konsequenz aus dem Erstarken der
ägyptischen Armee gewesen, welches einen grösseren
Unsicherheitsfaktor für Israel als ein israelischer
Rückzug aus dem Sinai dargestellt hätte. In ähnlicher
Weise sollte der Rückzug von den Golanhöhen einem
Frieden mit Syrien und ein umfassenderes
Sicherheitsabkommen mit der arabischen Welt die Tür
öffnen, während der unilaterale Rückzug aus dem Libanon
auf eine Reduktion der Angriffsgefahr der Hisbollah auf
nördliche Siedlungen hoffen liess. Auch der unilaterale
Rückzug Sharons aus Gaza habe neben demographischen
Überlegungen vor allem sicherheitspolitische Motive.
Laut Autor wäre der Sicherheit Israels viel eher durch
Friedensabkommen mit allen seinen Nachbarn gedient als
durch eine Aufrechterhaltung der besetzten Gebiete.
Daher sei eine Rückkehr an den Verhandlungstisch
vonnöten, vorzugsweise auf Basis des Genfer Abkommens,
deren Ziel die Schaffung eines funktionierenden
Palästinenserstaates sein müsse. Dieser würde
langfristig die Existenz Israels als demokratischen,
jüdischen Staat garantieren.
Israelis und Palästinenser seien in ihrer Haltung noch
nie so nahe an einem permanenten Statusabkommen gewesen.
Dennoch sei fraglich, ob unter den der derzeitigen
Umständen und mit den derzeitigen Führern (zum Zeitpunkt
des Erscheinens des Artikels Yasser Arafat und Ariel
Sharon) fruchtbare Verhandlungen möglich seien. Mit der
Wahl Mahmut Abbas an die Spitze der palästinensischen
Autonomiebehörde und der neu gewonnenen Nüchternheit des
israelischen Ministerpräsidenten ist heute allerdings
nicht mehr auszuschliessen, dass sich Yossi Beilins
zaghafte Hoffungen wenigstens zum Teil- erfüllen
könnten.
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