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Eine Europäische Perspektive für das Kosovo? EU-Krisenmanagement durch Beitrittsstrategie

Caroline Stampfer

Friedhelm Frischenschlager
In: Erich Reiter (Hg.):
Jahrbuch für internationale Sicherheitspolitik 2004,
Hamburg, Berlin, Bonn: Mittler-Verlag 2004
S. 349 – 371, Preis: EUR 41,10 (A)
ISBN 3-8182-0829-X


In seinem Artikel stellt Friedhelm Frischenschlager (ehemalig Direktor der Demokratisierungsabteilung der OSZE- Mission im Kosovo) den Lösungsversuch des Kosovo-Konflikts über die Linie des "Standards before Status” in Frage.

Erstens könnten die 2002 von SRSG Michael Steiner eingeführten Standards-Bemühungen im Rahmen eines ungelösten Status nur sehr beschränkt erfüllt werden. Zweitens würden durch die offizielle Erfüllung der Standards die Erwartungen der Albaner bezüglich einer bedingungslosen Unabhängigheit geschürt – was wiederum die Unterwanderung der Standards durch die serbische Bevölkerung provoziere. Sie sehen die kosovo-albanischen Strukturen nicht als die "ihren", und die Erfüllung der Standards mehr als Bedrohung denn als Erleichterung an.

Konflikte seien daher für für das Prüfungsjahr 2005, in dem die Internationale Gemeinschaft die Statusfrage zu lösen plant, vorprogrammiert. Daher stelle sich die Frage, ob nicht eine EU-Beitrittsperspektive in einem Umfeld, das immer noch durch ethnische definierte Parallelstrukturen charakterisiert sei, als Ausgangspunkt zur Lösung der Status-Frage dienen könne. Erst wenn sich die EU im südöstlichen Winkel Europas einer weiteren Beitritts- und Nachbarschftapolitik stelle, würden die Bemühungen um die Standards erst wirklich greifen können.

Nachdem eine einseitige Unabhängigkeitserklärung, die Vereinigung mit Albanien, die Rückkehr unter serbische Hoheit oder die Teilung des Kosovo auszuschliessen sei, bliebe noch eine Dezentralisierung/Kantonisierung des Kosovo übrig – innerhalb eines geeinten, eigenständigen und überethnischen Kosovo. Aber auch dieser Prozess alleine könnte der Region keine Stabilität bringen, und schon gar nicht in kurzer Zeit.
Deshalb plädiert der Autor für eine mittelfristige Lösung der Statusfrage duch Einbeziehung des Kosovo in das den Staaten in Südosteuropa gemeinsame Ziel der EU-Integration. Der Kosovo sollte in eine die serbischen Interessen sichernde, bedingte Unabhängigkeit entlassen werden. Gleichzeitig sollte aber die Strategie einer akkordierten Eingliederung des Kosovo und Serbiens verfolgt werden. Diese Alternative sei politsch schwierig, sie sei aber realisierbar.

Die jetzigen Standards würden dann in die Auflagen der Kopenhagen-Kriterien aufgehen, ihre Erfüllung aber auf dem für alle positiven Ziel des EU-Beitritts aufbauen. Der Kosovo befände sich dann in den Jahren bis zum Vollbeitritt unter politscher EU-Treuhandschaft, die der heutigen UNMIK grundsätzlich nicht sehr unähnlich wäre. Sie würde sich aber durch die immanente Status-Lösung von der derzeitigen UNMIK wesentlich unterscheiden.

Der Autor ist sich zwar bewusst, dass die politische Bereitschaft und Belastbarkeit der EU nach der letzten Erweiterungsrunde sehr beschränkt sein würde – worin neben der Akzeptanz Serbiens das Hauptproblem bestehe. Aus sicherheitspolitischen Gründen (zu erwartende verminderte Sicherheitsproblematik nach Lösung der Statusfrage), vor allem aber auch um einer wirtschaftlichen Normalisierung Willen sollte die EU jedoch diese Last übernehmen. Gleichzeitig könnte sie in Sachen zivil-militärisches Krisenmangement viel dazulernen. An dem skizzierten Lösungsvorschlag bedürfe es zwar noch vieler grundsätzlicher Überlegungen und detaillierter Ausarbeitungen. Im Sinne einer Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit in Europa sollte dieses Konzept jedoch Teil einer umfassenden Strategie für den Westbalkan sein, die so schnell wie möglich erarbeitet und umgesetzt werden sollte.

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