DIE
STERNFELDS Evelyn Adunka
Biographie einer jüdischen Familie nach Erinnerungen
und Aufzeichnungen von Albert Sternfeld.
Sabine Mayr.
Wien: Mandelbaum Verlag 2005,
239 S., € 24.90
ISBN 3-85476-130-9
Albert Sternfeld wurde 1925 in Wien in eine orthodoxe
jüdische Familie geboren. Sein Vater Michael Sternfeld
stammte aus Preßburg und war Vorstandsmitglied der
traditionsreichsten orthodoxen Synagoge in Wien, der Schiffschul
im Wiener zweiten Bezirk, und von 1928 bis 1932
Vorstandsmitglied der IKG. 1909 gründete er ein
Großhandelshaus für Haus- und Küchengeräte im
Industriepalast am Franz-Josef-Kai mit bis zu 50
Angestellten. Daneben war er Präsident des Verbands der
Emailgeschirr-Grossisten und Mitglied der
Österreichisch-ungarischen Handelskammer. 1906 heiratete
er Erna Esther Bernfeld, mit der er vier Kinder hatte -
Käthe Gittel, Berta Beile, Renée und Norbert Gabriel.
1921 starb Erna an einem tragischen Unfall. 1924
heiratete Michael Sternfeld seine zweite Frau Sarolta
Löwenstein; Albert ist das einzige Kind dieser Ehe.
Albert Sternfeld besuchte ab 1931 die zur Schiffschul
gehörige Talmud Thora Schule in der Malzgasse; Ende
Februar 1938 feierte er in der Schiffschul seine Bar
Mizwa; es war die letzte Bar Mizwa dieser Synagoge vor
dem Einmarsch der Nationalsozialisten.
Im Dezember 1938 kam Albert Sternfeld mit einem von
Solomon Schönfeld, dem späteren Schwiegersohn des
britischen Oberrabbiners J.H.Hertz organisierten
Kindertransport nach London, wo sich bereits sein
älterer Bruder Norbert, der später in Bnei Brak bei Tel
Aviv lebte, befand. Er besuchte die Jewish Secondary
School in Stamford Hill. Seine Eltern konnten nach der
Arisierung des Geschäfts nach Palästina fliehen, wo
Michael Sternfeld bereits 1943, als Folge eines schweren
Verhörs durch die Gestapo, starb. 1940 ging Sternfeld
nach Palästina und besuchte in Tel Aviv eine
Handelsschule. 1943, einige Wochen vor seinem 18.
Geburtstag, meldete sich Sternfeld freiwillig zur
britischen Luftwaffe. Er diente für die Royal Air Force
(RAF) in Ägypten und wurde ein Mitglied des Free
Austrian Movement. Nach der Staatsgründung Israels
diente er in der israelischen Luftwaffe. Nach seiner
Demobilisierung 1950 etablierte er sich in Tel Aviv als
selbständiger Versicherungsberater. 1951 heiratete er in
Tel Aviv die deutsche Jüdin Ruth Nathan. Die Ehe wurde
später geschieden; die einzige Tochter Carmelle starb
1990 im Alter von 37 Jahren. Seit 1999 ist Sternfeld mit
seiner zweiten Frau Christine Suesserot verheiratet.
Albert Sternfeld hatte die Bindung zu seinem Heimatland
nie aufgegeben und beschloß 1966, nach Wien
zurückzukehren. Von 1968 bis 1981 war er
Vorstandsmitglied der Wiener Rückversicherung und der
Donau Versicherung. 1981 wurde er aufgrund komplexer
politischer Machenschaften, deren Opfer der parteilose
Sternfeld wurde und die Mayr nicht verschweigt, zur
Frühpension gezwungen.
Damit begann das dritte Leben Sternfelds, sein
Engagement in der Wiener jüdischen Gemeinde und für eine
gerechte Entschädigung der Ex-38er, womit er auch die
Grundlage für den 1995 eingerichteten Nationalfonds
legte. Sabine Mayr hat zusammen mit Anton Pelinka diesem
Themenkomplex 1998 bereits die Studie Die Entdeckung
der Verantwortung. Die Zweite Republik und die
vertriebenen Juden gewidmet; er ist daher nicht mehr
das Thema des hier besprochenen Buches.
Die junge Wiener Historikerin Sabine Mayr hat in Die
Sternfelds mit Meisterschaft und Akribie die Lebenswelt
einer nicht untypischen, orthodoxen Wiener jüdischen
Familie einfühlsam nachgezeichnet. Sie beschrieb auch
das Schicksal und den Lebensweg der vier Geschwister
Sternfelds und einiger anderer Familienmitglieder -
worauf hier nicht mehr eingegangen werden kann - und
stellte sie in ihren korrekten historischen
Zusammenhang.
Leider konnte Sternfeld, der heute im Maimonides Zentrum
der IKG lebt, aufgrund seiner Erkrankung nicht an der
Buchpräsentation im Jüdischen Gemeindezentrum
teilnehmen.
Bedauerlich ist nur, dass die Zeitschrift der IKG Die
Gemeinde für dieses gerade für ihre Leser
hochinteressante Buch nur 12 kurze Zeilen übrig hatte
und Sternfeld als Bankier (!) bezeichnete.
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