GESCHICHTE DER JÜDISCHEN
PHILOSOPHIEKlaus Samuel Davidowicz
Maurice-Ruben Hayoun
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2004
296 Seiten, € 54,-
ISBN: 3534102606
Maurice-Ruben Hayoun, Professor für jüdische Philosophie
und Geistesgeschichte, ist Autor zahlreicher
Publikationen (LExégèse Philosophique dans le Judaïsme
Médiéval, Tübingen 1992; Les Lumières de Cordoue à
Berlin, 2 Bände, Paris 1996-98; Le Zohar, Paris 1999;
Maïmonide, Paris 1994, dt. Übersetzung: Maimonides,
München 1999). Neben internationalen Auszeichnungen ist
er auch Ritter der Ehrenlegion. In der Darmstädter
Wissenschaftlichen Buchgesellschaft ist nun sein erstes
deutschsprachiges Werk erschienen, die Geschichte der
jüdischen Philosophie. Hayoun versteht es, dieses sehr
komplexe Thema ohne verwirrende Fachsprache und
weitschweifige Exkurse spannend und lehrreich
vorzustellen, wobei er wissenschaftlich natürlich auf
dem neusten Stand der Forschung ist. Seit Julius
Guttmanns Die Philosophie des Judentums (München 1933,
Neudruck Berlin 2000) war in deutscher Sprache bislang
nur die Geschichte der jüdischen Philosophie (München
1984) von Heinrich und Marie Simon erschienen. Obwohl
das Mittelalter natürlich im Zentrum steht, spannt
Hayoun in seinen zehn Kapiteln den Bogen von Philo und
den mittelalterlichen Geistesgrössen wie Saadia Gaon und
Maimonides, bis zu Moses Mendelssohn und Emmanuel
Lévinas.
Das jüdische Mittelalter ist bekanntlich sehr lang, und
hinsichtlich der hervorragenden Werke, die in dieser
Zeitspanne gezeitigt wurden, sollte eigentlich von der
klassischen Epoche des Judentums und nicht von der
mittelalterlichen Epoche gesprochen werden. (S.14)
Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich Guttmann nur
in einem Teil seines Werkes der modernen Philosophie
gewidmet hatte und bei den Simons ist die Periode ab
Moses Mendelssohn sogar nur ein kurzer Epilog. Obwohl
Hayoun ja gerade ein vorzüglicher Kenner der
klassischen Epoche ist, beschreibt er in rund einem
Drittel des Bandes auch die wichtigsten modernen
Strömungen. Schließlich setzt er sich auch im
Schlusskapitel mit der geistig-religiösen
Wiederbelebung im Staat Israel auseinander. Ganz
besonders ist bei Hayouns wirklich ausgewogenem Ansatz
hervorzuheben, dass er ebenfalls die jüdische Mystik,
die Kabbala, in seiner Philosophiegeschichte
berücksichtigt. So sind Teile seines Buches der Kabbala
gewidmet, da mystische Spekulationen sich oft mit
philosophischen vermengen, wie wir bei einigen
Kabbalisten des Mittelalters sehen können. Das hängt
aber auch damit zusammen, dass kabbalistische als auch
philosophische Denker sich mit den gleichen Problemen -
Schöpfung, Offenbarung und Erlösung - befassten und
dieselben Texte - Bibel, Talmud und Midrasch - als
Quelle heranzogen.
Sowohl Guttmann, Simon, aber auch Norbert M. Samuelson (Jewish
Philosophy, an historical introduction, New York 2003)
zählen Kabbala nicht zur jüdischen Philosophie (jewish
philosophy / filosofia yehudit), sondern zum jüdischen
Denken (jewish thought / machshevet yisrael). Jedoch
hatte bereits Oliver Leaman in seiner Anthologie History
of Jewish Philosophy (London 1997) alle kabbalistischen
Strömungen berücksichtigt. Hayouns Einführung ist sowohl
für den wissenschaftlichen Bereich als auch für
interessierte Laien ein großer Gewinn. Sie stellt ein
Gebiet vor, dem leider immer noch zu wenig Beachtung
geschenkt wird die jüdische Philosophie.
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