http://david.juden.at  
 
 

unterstützt von:


 

TODESMARSCH EISENSTRASSE 1945.

Heimo Gruber 
 

Heimo Halbrainer / Christian Ehetreiber (Hrsg.):
Terror, Handlungsspielräume, Erinnerung: Menschliches Handeln unter Zwangsbedingungen.
Graz: Clio (Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit) 2005. 248 S. € 22,—
ISBN 3-9500971-9-8

Der Todesmarsch ungarischer Juden zählt zu den letzten Kulminationspunkten nationalsozialistischer Barbarei. Ab März 1945 wurden Tausende jüdischer Arbeitssklaven, die bis dahin bei Schanzarbeiten am Südostwall entlang der österreichischen Grenze eingesetzt worden waren, auf einen Fußmarsch in das KZ Mauthausen geschickt. Dieser gestaltete sich zu einem tödlichen Spießrutenlauf; die Wacheskorten wechselten und wurden jeweils von lokalen Volkssturmeinheiten jener Gegenden gestellt, durch die die Marschkolonnen getrieben wurden. An der Organisation waren auch Polizei, Gendarmerie und SS beteiligt.

Das Maß der Entkräftung der Marschteilnehmer-Innen nahm immer katastrophalere Formen an. Menschen, die das Marschtempo nicht mehr halten konnten, wurden an Ort und Stelle ermordet. In 150 österreichischen Gemeinden entlang der Route blieben Erschossene und vor Erschöpfung Gestorbene zurück. Darüber hinaus wurden zahlreiche sadistische Exzesse verübt. Den diesbezüglichen Tiefpunkt bildete das Massaker, das am 7.April 1945 von Eisenerzer Volkssturmmännern am Präbichl angerichtet wurde: In einem entfesselten Blutrausch wurde wahllos in die Menge geschossen und dabei über 200 Menschen getötet.
Ein britisches Militärgericht verurteilte 1946 zehn für diese Taten Hauptverantwortliche zum Tode. Das darauffolgende Verdrängen und Verschweigen hielt einige Jahrzehnte an und bot den übrigen Tätern beste Möglichkeiten, sich in den Schutz der Anonymität zurückzuziehen.

Im Jahr 2000 wurde ein bemerkenswerter Wendepunkt gesetzt: In einem beispielhaften Gedenkprojekt, getragen von der Stadt Eisenerz, einem Personenkomitee und der Arbeitsgemeinschaft Jugend gegen Gewalt und Rassismus konfrontierte man sich in einem mehrjährigen Prozess mit diesem dunklen Punkt der eigenen Geschichte.

Die Initiative war breit angelegt. Alle Eisenerzer Schulen wurden eingebunden und auch die anderen Orte an der Marschroute Eisenstraße waren durch viele lokale Veranstaltungen zur Wahrnehmung ihrer historischen Verantwortung herausgefordert.
Das Buch Todesmarsch Eisenstraße 1945 dokumentiert diese Aktivitäten, als deren äußeres Zeichen 2004 ein von SchülerInnen gestaltetes Mahnmal am Präbichl errichtet wurde. Eine berührende Zeremonie anlässlich der Denkmahlsenthüllung brachte die Überlebende des Massakers Judita Hruza mit Maria Maunz aus Landl im Ennstal zusammen, die in den Gequälten des Todesmarsches nicht Stigmatisierte, sondern Menschen sah und diese mit Nahrung versorgte.
Weitere Beiträge zum Buch befassen sich neben anderen mit den zeitgeschichtlichen Zusammenhängen, mit den vielfältigen Aspekten von Erinnerungsarbeit, der Problematik der Denkmalkultur und enthalten neben dem Text eines von Leobener SchülerInnen geschriebenen und aufgeführten Theaterstückes über den Leidensweg der Judita Hruza auch anschauliches Material über die Realisierung des Mahnmals.
Diese Initiative hat einen exemplarischen und längst überfälligen, aber in Österreich leider nicht selbstverständlichen Akt historischer Aufklärungsarbeit geleistet. Es ist zu hoffen, dass er anderenorts seine Fortsetzung finden wird.
 

Zurück

 
 
webmaster@david.juden.at

Unterstützt von haGalil.com
haGalil onLine