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Hugo Meisl und der Fußball

Alfred Gerstl

Robert Franta / Wolfgang Weisgram
Ein rundes Leben.
Hugo Meisl – Goldgräber des Fußballs.
Egoth biografie. Wien.
284 Seiten. € 21,90
ISBN: 3902480041


Ein gewaltiges Tempo ist es, das die Autoren Robert Franta und Wolfgang Weisgram von der ersten Seite an einschlagen und bis zur letzten Seite durchhalten. Weit spannender als so manches Fußballspiel fällt ihre Schilderung des Lebens des 1881 in Böhmen geborenen, 1887 in die Wiener Leopoldstadt übersiedelten Hugo Meisl aus, der als Teamchef das österreichische Wunderteam der Zwischenkriegszeit zu unglaublichen Erfolgen führte.
Noch dazu legen sie auch ein Standardwerk zum Fußballer, Schiedsrichter, Teamchef, Chef des österreichischen Fußballbundes Hugo Meisl vor, das gleichzeitig nichts weniger als die Geschichte der Anfänge des heimischen Fußballs beinhaltet. Der österreichische Fußball und der Name Meisl sind denn auch von seinen Anfängen bis zum „Anschluss“ unlösbar miteinander verknüpft. Es ist eine kleine, feine Kulturgeschichte des Wiens der Zwischenkriegszeit, in der sich immer drohender die Schatten des Nationalsozialismus am Horizont abzuzeichnen beginnen, welche die Autoren vorlegen.

1894 wurden in Wien die beiden ersten Fußballvereine gegründet – der First Vienna Football Club (die Vienna) und der Vienna Cricket and Football Club (die Cricketer). Die Vereinsnamen verraten die Nationalität der Gründer: englische Gärtner des Baron Rothschild. Britisch geprägt blieb das Spiel mit dem runden Leder für Jahrzehnte, namentlich Meisl war ein großer Fan des britischen Stils. Nichts, nicht einmal die legendären Länderkämpfe gegen Ungarn, zog in den dreißiger Jahren mehr Zuseher und internationale Medien in den Bann als die Spiele Österreichs gegen England und Schottland. Doch was mag bezeichnender für die österreichische Mentalität sein, als das Faktum, dass nicht die Siege gegen England und Schottland als die besten Spiele des Wunderteams gelten, sondern die knappe 3:4-Niederlage in London im Dezember 1932? Wahre Begeisterungsstürme weckten die Österreicher in ganz Europa durch ihr Kurzpassspiel, das Wiener Scheiberlspiel, verkörpert in Gestalt Matthias Sindelars. Und doch, bei der Fußball-WM in Italien 1936, reichte es „nur“ für den vierten Platz. Auch weil der Schiedsrichter den Gastgeber im Semifinale gegen Österreich klar bevorzugte.

Meisl war kein begnadeter Fußballer, auch wenn er fast von Anfang an bei den Cricketern spielte, sogar in der Kampfmannschaft. In die Geschichte ging er vielmehr als ein enthusiastischer Pionier und Organisator des österreichischen wie (mittel)europäischen Fußballs ein. Er schrieb damit nicht nur Sportgeschichte, sondern war dank des Selbstvertrauens, das die Österreicher während der sich ökonomisch und politischen verschlimmernden Zwischenkriegszeit aus den Erfolgen des Wunderteams schöpften, auch eine wichtige Figur des Zeitgeschehens. Sein Einsatz für den europäischen Fußball, dem er in Form des Mitropa-Cups feste Strukturen gab, und seine Tätigkeiten für die FIFA führten ihn wie die Reisen mit dem Nationalteam zu Konferenzen und Besprechungen in ganz Europa. Für den Fußball lebte er, für den Fußball verzehrte er sich – im wahrsten Sinne des Wortes: Im Februar 1937 brach der ruhelose Meisl in seinem Büro tot zusammen.

Die Nazis versuchten, sein Andenken auszulöschen, doch Hugo Meisls Ruhm überlebte auch dieses Regime. Verklärt spricht man auch heute noch von der Zeit, als österreichische Fußballer die Gegnern in ganz Europa das Fürchten lehrten und spielerische Maßstäbe setzten. Hugo Meisl ist fraglos jener Mann, der sich um Österreichs Fußball so verdient gemacht hat wie kein Zweiter.
 

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