Das
Auschwitz Album Alfred Gerstl
Die Geschichte eines Transports. Herausgegeben im
Auftrag der Gedenkstätte Yad Vashem von Israel Gutman
und Bella Gutterman.
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
277 Seiten mit ca. 250, z.T. farb. Abbildungen,
gebunden.
ISBN 3-89244-911-2
€
40,10
Aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung des
Konzentrationslagers Auschwitz erschien im letzten Jahr
im Wallstein Verlag eine einzigartige, ebenso traurige
wie politisch wichtige Dokumentation der von den Nazis
in diesem größten Vernichtungslager verübten Verbrechen.
Was das Auschwitz Album so einzigartig macht, ist, dass
es aus Sicht der Täter den Umgang mit den Opfern zeigt:
Ein SS-Mann fotografierte im Mai 1944 einen Tag lang
ungarische Juden, die in einem gemeinsamen Transportzug
in das Lager gebracht worden waren. Warum er dies tat,
ob mit offiziellem Auftrag oder aus persönlichen
Beweggründen, ist ungeklärt.
Jüdische Frauen und Kinder unmittelbar
nach ihrer Ankunft in Auschwitz
Die berührenden Bilder zeigen die Ankunft einer
kleinen Gruppe von Juden, die aus dem kleinen
nordkarpatischen Dorf Bilek, gemeinsam mit 3500 weiteren
Personen, deportiert wurden. Der SS-Fotograf hielt fest,
wie die Menschen aus den engen Viehwaggons ausstiegen
und an der Rampe aussortiert wurden: in noch
Arbeitsfähige und nicht Arbeitsfähige. Das Schicksal
Letzterer war sofort besiegelt die Fotos zeigen alte
und behinderte Menschen auf dem Weg in die Gaskammer.
Die als noch arbeitsfähig Bezeichneten hatten zumindest
noch einen kleinen Aufschub erhalten.
Die Fotos verheimlichen nichts. Dennoch ist es
hilfreich, dass die Bilder kommentiert werden. Sehr
aufschlussreich sind auch die verschiedenen einleitenden
Artikel über das KZ Auschwitz. Abgesehen von den im Auschwitz Album
veröffentlichten, teilweise bekannten Fotos, gibt es nur
wenige Fotografien, die den Alltag im KZ Auschwitz
zeigen. All diese wurden heimlich aufgenommen.
Selektion an der Rampe, Männer von
Frauen und Kindern getrennt
Nahezu kriminalistisch mutet die Geschichte der
Entdeckung dieses Albums an: Im April 1945 befreien die
Alliierten das KZ Mittelbau-Dora; unter den Häftlingen
ist Lili Jacob, gerade 19 Jahre alt, die kurz vorher aus
Auschwitz verlegt worden war. Die kranke Jacob wird in
eine SS-Kaserne gebracht, wo sie ganz zufällig das
Fotoalbum findet. Auf den Bildern erkennt sie sich
selbst und einige ihrer Familienmitglieder. Bis 1980
verwahrte Jacob das Album bei sich daheim, ehe sie es
der Gedenkstätte Yad Vashem übergab. Yad Vashem stellte
gemeinsam mit anderen Forschungsinstituten
Nachforschungen an und erreichte zumindest eines: Viele
der Opfer konnten identifiziert werden und bekamen
wenigstens ihre Namen zurück.
Die beiden hier abgebildeten Jungen sind Lili Jacobs
Brüder. Von links nach rechts: Sril
(Israel), Selig. Sie wurden kurz nach Ihrer Ankunft
vergast.
So unerträglich das Auschwitz Album ist allein,
dass viele ermoderte und geschundene Menschen ihre
Identität wieder erlangten, macht es notwendig, sich die
Fotografien anzusehen.
Fotos:
Copyright Wallstein
Verlag und Yad Vashem
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