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Lexikon der Gerechten unter den Völkern

Alfred Gerstl

Deutsche und Österreicher. Mit einem Nachwort von Bundespräsident Horst Köhler. Herausgegeben von Daniel Fraenkel (Deutsche) und Jakob Borut (Österreicher). Wallstein Verlag, Göttingen 2005.
Preis: Euro 16,-
ISBN 3-89244-900-7

Irene Harand, geb. 1901 in Wien, war als aufrechte Politikerin – sie war stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Sozialen Partei – und Schriftstellerin überzeugte Gegnerin des Nationalsozialismus. Publizistisch wie auf europaweiten Vortragsreisen trat sie der Nazi-Propaganda entschlossen entgegen. Da sie sich zur Zeit des Anschlusses in London befand, entschied sie sich, statt zurückzukehren nach Amerika auszuwandern. Dank ihrer Kontakte gelang es ihr, für über 100 österreichische Juden Visa für die USA ausstellen zu lassen. Natürlich war sie auch weiterhin eine laute und eindeutige Stimme gegen den Nationalsozialismus. – 1968 verlieh die Gedenkstätte Yad Vashem Irene Harand die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern".

Hilde Olsinger, 1898 in Wien geboren, wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten von der Polizei zur Post versetzt, da sie als politisch unzuverlässig galt. Als einem jüdischen Ehepaar, mit dem sie ihr ebenfalls anti-nationalsozialistischer Pfarrer bekannt gemacht hatte, die Deportation drohte, entschloss sich Olsinger, die beiden in ihrer kleinen Wohnung zu verstecken. Bis zum Kriegsende teilte sie mit den beiden ihre bescheidenen Essensrationen. Sie selbst brachte sich damit in allergrößte Gefahr, noch dazu weil sie zwei kleine Kinder hatte, die dieses Geheimnis jederzeit ihren Freunden verraten hätten können. – 1997 verlieh die Gedenkstätte Yad Vashem Hilde Olsinger die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern".

Anna Müller, eine an den Rollstuhl gefesselte Gärtnerei-Besitzerin, und ihr Sohn Konstantin, ein gesundheitlich ebenfalls angeschlagener Postbeamter nutzten ihre Kontakte zu den Behörden und ihr Haus, um Wiener Juden zu helfen. Sie unterstützten sie bei ihrer Flucht, brachten sie in ihrem Haus unter oder verhinderten dank persönlicher Beziehungen eine Verlegung aus dem Wiener Gefängnis in ein KZ. – 1974 verlieh die Gedenkstätte Yad Vashem Anna und Konstantin Müller die Auszeichnung „Gerechte unter den Völkern".

Diese drei Beispiele für Hilfsbereitschaft während des Nationalsozialismus, die im Falle der Entdeckung leicht mit der Deportation in ein KZ oder der Todesstrafe enden hätten können, sind, wie „Das Lexikon der Gerechten unter den Völkern: Deutsche und Österreicher" aufzeigt, zum Glück keine Einzelfälle. Doch leider stellten sie auch die Ausnahme dar. Um so wichtiger ist das Projekt der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem, jene Menschen auszuzeichnen, die aktiv einen Beitrag geleistet haben, den jüdischen Verfolgten direkt oder indirekt beizustehen.

Das vorliegende Lexikon ist somit mehr als eine Sammlung von Biografien – es ist ein erschütterndes Zeugnis der Mitmenschlichkeit in Zeiten der Unmenschlichkeit. Das einzige Manko ist, dass das weitere Schicksal der Gerechten nach dem Krieg zumeist ausgeblendet wird.

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