Anny Robert: Herrlich ist’s in Tel
Aviv - aus der Wiener Perpektiv’. Erinnerungen.
Herausgegeben von Daniela Ellmauer, Miguel
Herz-Kestranek, Albert Lichtblau. Böhlau Verlag
Wien-Köln-Weimar 2006.
298 Seiten
ISBN 3-205-77301-2
EUR 24,90.-
Die Erinnerungen der 1909 Wien
geborenen Schneidermeisterin Anny Robert sind eine
wichtige sozialgeschichtliche Quelle für die Geschichte
der „kleinen Leute" in der Wiener jüdischen Gemeinde vor
der Shoah.
Robert wanderte bereits 1934 nach
Palästina aus, obwohl sie aus einem Elternhaus stammte,
das „weder religiös noch zionistisch" war: „Wir waren
wohl Juden, aber in erster Linie Österreicher."
Ihr späterer Mann Hans Robert war
Geiger; 1931 erhielt er vom Burgtheater ein Angebot für
die Stelle eines Sprechmeisters, aber „aus rassischen
Gründen" wurde er dann doch nicht engagiert. Auf
Betreiben seines Bruders ging er nach Palästina, wo er
sich allerdings nicht wohl fühlte. Anny folgte ihm und
1932 heiratete das Paar. Anny Robert arbeitete in Tel
Aviv, wie bereits in Wien, als Schneiderin.
Die Autorin erzählt in der Folge von
den materiellen Einschränkungen in den ersten Jahren,
von ihren persöhnlichen Partnerbeziehungen, aber auch
von Schicksalen in ihrer Umgebung, an die sich sonst
wohl niemand mehr interessiert, zum Beispiel den
fliegenden Bibliothekar, ein Herr Dimand aus Innsbruck,
bei dem sie sich mit Lektüre versorgte.
Anny Robert starb 2003. Es ist sehr
schade, daß sie die Publikation ihrer Erinnerungen nicht
mehr erlebt hat. So werden auch manche Fragen leider
unbeantwortet bleiben. Die kleine Zeitung, „die heute
nicht mehr existiert", muß unbenannt bleiben und ebenso,
wer der „Schriftsteller und Maler" war, den die
Schwester ihres Mannes heiratete.
Im Nachwort zitiert und interpretiert
Miguel Herz-Kestranek ihre Gedichte, die mit viel Humor,
voller Sehnsucht, aber ohne Bitterkeit um die verlorene
Heimat und das Leben im Exil kreisen.