Uschi Lichtenegger
Hazel Rosenstrauch: Erstaunter Blick
zurück. Edith Rosenstrauch-Königsberg 1921-2003. Mit
Beiträgen von Chaim Eisenberg, Beatrix Müller-Kampel,
u.a. Theodor Kramer Gesellschaft Wien 2004.
91 Seiten.
ISBN: 3-901602-23-2.
EUR 9,-/ SFr 15,-
Mit Beiträgen von Oberrabbiner Chaim
Eisenberg, Beatrix Müller-Kampel, Helen Liesl Krag,
Edith, Hazel und Oskar Rosenstrauch, Ernst Wangermann.
Das Buch gibt einen Einblick in das Leben und die
Forschungstätigkeit von Edith Rosenstrauch-Königsberg
und stellt mit einigen ihrer eigenen Texte und mit den
Briefen, die zwischen den exilierten Kindern und den in
Wien verbliebenen Eltern gewechselt wurden, ein
erschütterndes Zeitdokument dar.
Als die 18jährige Tochter des
jüdischen Schneidermeisters Kalmar Moses Königsberg und
seiner Frau Rosalie aus dem zur Ostmark gewordenen
Österreich flüchtete - die Eltern wurden 1941 nach Riga
deportiert und ermordet -, war mehr als die Schul- und
Universitätsausbildung abgebrochen. 1939 kam Edith
Rosenstrauch-Königsberg mit einem Hausgehilfinnen-Permit
nach Großbritannien, wo sie zunächst als Mädchen für
alles ohne Bezahlung bei einer Familie in Devonshire
lebte. In London fand sie Anschluß an die
kommunistischen Jugendorganisation „Young Austria",
lernte 1941 ihren Mann Oskar Rosenstrauch kennen und
wurde Mitglied der Kulturkommission von „Young Austria".
Ihr frühestes Interessensgebiet und ihre Leidenschaft
war die Literatur. In selbstorganisierten Studienzirkeln
setzten sich die jungen Flüchtlinge mit im „Dritten
Reich" verbotener Literatur und mit den Schriften von
Georg Lukács auseinander. Im Auftrag von „Young Austria"
ging sie nach Glasgow, um dort eine Jugendorganisation,
die ÖsterreicherInnen, Deutsche, Sudetendeutsche erfaßte,
aufzubauen. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt als
Wäschenäherin, Weberin, Dreherin. 1946 kehrte sie mit
ihrem Mann und den zwei kleinen Töchtern nach Wien
zurück, arbeitete als Englischlehrerin, Verlagslektorin,
holte die Matura nach und studierte Germanistik an der
Wiener Universität. Ihr Hauptinteresse galt dem
kulturellen Entstehungsprozeß der österreichischen
Nation. Schwerpunkt ihrer Forschungen war zunächst die
schillernste Persönlichkeit der österreichischen
Aufklärung: der Schriftsteller und Buchzensor Aloys
Blumauer. Es folgten Pionierarbeiten und Ersteditionen
zur Literatur der Aufklärung bzw. der Freimaurer in
Österreich. Edith Rosenstrauch war langjährige
Mitarbeiterin des Studienkreises für Kulturbeziehungen
in Mittel- und Osteuropa, Redakteurin des Jahrbuchs der
Österreichischen Gesellschaft zur Erforschung des 18.
Jahrhunderts und Vizepräsidentin des Vereins zur
Erforschung der Französischen Revolution in Österreich.
1995 wurde ihr Das „Österreichische Ehrenkreuz für
Wissenschaft und Kunst", 2002 die Ehremmedaille in Gold
der Bundeshauptstadt Wien verliehen. Große Teile ihrer
wertvollen Bibliothek schenkte sie der Wiener Stadt- und
Landesbibliothek. Edith Rosenstrauch ist am 24. Dezember
2003 in Wien gestorben.
Hazel Rosenstrauch, geb. 1945 in
London, promovierte Sozialhistorikerin und Publizistin,
ist verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift
„Gegenworte", hg. von der Berlin-Brandenburgischen
Akademie der Wissenschaften. Bücher u.a.: Aus Nachbarn
wurden Juden (Berlin 1988); Beim Sichten der Erbschaft -
Wiener Bilder für das Museum einer
untergehenden Kultur (Mannheim
21994); Die Grazie der Intellektuellen (Mannheim 1995);
Varnhagen und die Kunst des geselligen Lebens. Eine
Jugend um 1800. Biographischer Essay (Berlin 2003).