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Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Niederösterreich 1944/45

Felix Schneider

Eleonore Lappin, Susanne Uslu-Pauer und Manfred Wieninger
Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde, Band 45. Herausgegeben von Willibald Rosner und Reinelde Motz-Linhart
St. Pölten: Selbstverlag NÖ Institut für Landeskunde 2006
248 Seiten, broschiert, illustriert
Euro 25.- (beim NÖ Institut für Landeskunde erhältlich)
ISBN 3-85006-167-1

In den letzten beiden Kriegsjahren wurden insgesamt mehr als 100.000 Juden ungarischer Herkunft auf heutiges österreichisches Staatsgebiet verschleppt. Diese Menschen wurden, sofern man sie nicht umgehend in eines der Konzentrationslager verbrachte, überwiegend im Osten des Reiches zum Bau des sog. „Südostwalls", eines letzten deutschen Verteidigungsgürtels gegen die aus dem Osten heranstürmenden Verbände der Roten Armee, eingesetzt. Unter unmenschlichsten Bedingungen kamen bereits dort im Zuge der Schanzarbeiten Tausende ums Leben. Die Überlebenden wurden dann kurz vor Ende des Krieges in „Todesmärschen" quer durch die Gebiete des heutigen Niederösterreichs, des Burgenlandes, Wiens, der Steiermark sowie Oberösterreichs in die beiden KZs Mauthausen und Gunskirchen getrieben, wobei sie den brutalen Übergriffen der Wachmannschaften, aber auch fanatisch-kriminellen Elementen der lokalen Zivilbevölkerungen schutzlos ausgeliefert waren. Erbarmungslos wurden all jene, die nicht mehr weiterkonnten, erschossen oder einfach erschlagen. Tausende ungarische Juden fanden so noch im Frühjahr 1945, kurz vor Eintreffen der alliierten Armeen, einen grauenvollen Tod.

Drei ausgewiesene Spezialisten zum Thema jüdischer Zwangsarbeit in Österreich haben nun einen Band vorgelegt, der sich speziell mit der Situation der verschleppten Juden ungarischer Abstammung in Niederösterreich in den Jahren 1944/45 auseinandersetzt. Das Buch erschien als Band 45 in der von Willibald Rosner und Reinelde Motz-Linhart herausgegebenen Reihe „Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde".

Dabei hat sich folgende Arbeitsteilung ergeben:

Dr. Eleonore Lappin, vom Institut für die Geschichte der Juden in Österreich (St. Pölten), zeichnet für einen Großteil des Bandes verantwortlich. Lappin ist seit langem vielfach zu einschlägigen Themen ausgewiesen und stützte ihre Forschungen abermals zum Teil auf Quellen von Augenzeugen und mündliche Berichte Überlebender. Zusätzlich gelang es aufgrund der von ihr schon seit Jahren betriebenen Forschungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg vornehmlich von der britischen Besatzungsmacht angestrengten Prozesse gegen die Verantwortlichen der Massaker im Rahmen österreichischen und auch britischen Aktenmaterials zu dokumentieren.

Der Germanist und Publizist Mag. Manfred Wieninger fungierte quasi als „Aufdecker": Ihm gelang es, südlich des Viehofener Sees die Standorte zweier ehemaliger Lager zu lokalisieren, eines davon für ungarische Juden. In der Folge seiner Recherchen konnte sich auch Manfred Wieninger auf Zeitzeugen aus der Bevölkerung stützen.

Besonders intensiv mit den Akten der Volks- und Geschworenengerichtsprozesse setzte sich Susanne Uslu-Pauer vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) auseinander. Dabei wurden die gesetzlichen Grundlagen zur Durchführung dieser Prozesse ebenso berücksichtigt wie die Genese der dann tatsächlich durchgeführten Verfahren.

Das Buch ist eine dichte Dokumentation des Grauens. Die Abfolge verschiedener Quellen, wie etwa Tagebuchexzerpte, Fotos, Todeslisten, persönliche Berichte u.v.a.m. ergeben in ihrer menschlichen Komplexität ein überaus plastisches Bild der Ereignisse. Eigentlich ist es ermutigend, dass heute – mit über 60-jährigem Abstand - solch eine Dokumentation noch möglich ist.

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