Felix SCHNEIDER
Ein topo¦foto¦grafisches Projekt.
Maria Theresia Litschauer
Wien: Schlebrügge.editor 2006
296 Seiten, broschiert. 114 Abbildungen in Farbe, 45 in
schwarz-weiß, Euro: 46,20.-
ISBN 3-85160-065-7
Das Buch ist der Versuch einer
Rekonstruktion. Es ist dies die Beschreibung des
Leidensweges von 1.200 ungarischen Jüdinnen und Juden,
die zwischen Juni 1944 und Mai 1945 zur Zwangsarbeit ins
Waldviertel deportiert wurden. Bei den Erfassten handelt
es sich tatsächlich lediglich um einen Bruchteil der
insgesamt 15.000 Frauen, Männer und Kinder, die im Zuge
der Deportationen aus Ungarn auf verschiedene Betriebe
im Waldviertel aufgeteilt wurden. Der Autorin Maria
Theresia Litschauer ist es gelungen, die Wege dieser
Menschen anhand von Zeitzeugenaussagen,
Tagebuchaufzeichnungen und archivaler Dokumente zu
kartografieren und so einen „Leidensweg" im
ursprünglichen Wortsinn zu beschreiben.
Auf fast 300 großformatigen Seiten findet sich eine
Fülle von Dokumenten und Zitaten, die das Schicksal der
Zwangsdeportierten nicht zuletzt anhand der
fotografischen Erfassung der Orte dokumentiert. Dabei
wechseln sich klassisch-wissenschaftliche Methoden mit
Oral-History-Passagen ab. Natürlich kann bei dieser
Arbeit aufgrund der nur bruchstückhaft zugänglichen bzw.
nicht mehr rekonstruierbaren Quellen von Vollständigkeit
nicht mehr gesprochen werden. Unkenntliche oder
verschwundene Grabstellen, namenlose „Nicht-Orte" und
die „Auslöschung von Geschichte" konnten Maria Theresia
Litschauer jedoch nicht von akribischer Recherche
abhalten, die in ihrem Detailreichtum zum Teil
erstaunliche Ergebnisse zeitigt. Zusammen mit
Überlebenden ist es ihr gelungen, mit ihrem Band einen
Ort der Erinnerung zu schaffen, der sich aus tausenden
Erzählungen, Hinweisen, Erinnerungsstücken und
Dokumenten mosaikartig zusammenfügt. Strukturell
erinnert die Dokumentation wohl mit Absicht an einen
bizarren Fahrplan, in dem an einzelnen Stationen des
Grauens Halt gemacht wird, um die Schicksale der
„Mitfahrenden" zu erzählen...