Roger Reiss: Fischel und Chaye,
Szenen aus dem Zürcher Stetl
Berlin/Wien: Philo 2005 (2.Aufl.)
153 Seiten, Euro 18,00.-
ISBN 3-86572-349-7
Fischel und Chaye, die hier liebevoll
porträtiert werden, sind die Großeltern des Autors.
Sie wurden gegen Ende des 19.
Jahrhunderts in Galizien geboren. 1914 flohen sie mit
ihren Kindern in einer abenteuerlichen Flucht – so
sollen sie z.B. eine Nacht lang in einer Kutsche fahrend
von Wölfen verfolgt worden sein - über Budapest und Wien
in die Schweiz. In Zürich eröffneten sie in einem
Arbeiterviertel ein Textilgeschäft, das sehr erfolgreich
werden sollte.
Chaye, Inbegriff einer sparsamen
Geschäftsfrau, arbeitete den ganzen Tag und überwachte
alles im Laden. Doch ihren Mann hielt es dort nie lang,
voller Energie war er ständig mit diversen Geschäften
und Projekten beschäftigt. Seine Ideen, wenn auch oft
phantastisch, waren aber meist doch gewinnbringend.
Seine geschäftlichen Aktivitäten dehnte er in den
50erJahren auch auf Israel aus, wo er u.a. ein Hotel und
eine Keksfabrik zu seinen diversen Investitionen
zählten. Von all dem war seine Frau nicht sehr
begeistert, auch nicht, dass er sowohl in Zürich wie
auch in Israel als großzügiger Wohltäter galt.
So fortschrittlich Fischel in
kaufmännischen Belangen war, so lebten die Großeltern
doch auch in Zürich weiterhin in jener orthodoxen
Tradition, in der sie in Galizien aufgewachsen waren.
Neben seinen Geschäften war für Fischel das religiöse
Studium seiner Enkel besonders wichtig und die
Lernerfolge wurden von ihm auch genau überprüft.
Natürlich wurden von der jüngeren Generation der Familie
verschiedenste Versuche unternommen, zwar nicht gerade
die Gebote zu übertreten, aber deren Befolgung sich doch
mit Hilfe der Technik zu erleichtern, wenn aber auch
nicht immer mit Erfolg.
Roger Reiss erzählt in seinem sehr
amüsanten Buch- in dem sich nach seiner Aussage
Erinnertes mit Erhofftem, Erdachtes mit historischer
Realität, Dichtung und Wahrheit mischen- aus der Welt
des Zürcher Stetl. Das habe es nie gegeben, behaupten
manche, Roger Reiss beweist jedoch das Gegenteil.