Eshkol Nevo: Vier Häuser und eine
Sehnsucht
Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer
München: dtv 2007
436 Seiten, Euro 15,50.-
ISBN 978-3-423-24564-7
In der Zeit kurz nach der Ermordung
Rabins lebt in einem Vorort von Jerusalem eine kleine
Gruppe von Menschen, die gewissermaßen einen Mikrokosmos
Israels darstellen.
Da ist das junge Ehepaar Mosche und
Sima, in deren Ehe es erstmals Konflikte gibt, weil
Mosche unter dem Einfluss seines Bruders, eines
orthodoxen Rabbiners, immer religiöser wird und das von
seiner Frau strikt abgelehnt wird. Ihre Untermieter, das
Studentenpaar Amir und Noa kennen sich noch nicht lange
und müssen erst lernen im Alltag zusammen zu leben, das
jedoch gestaltet sich für die beiden in ihrer Angst vor
zuviel Nähe nicht so einfach. Sima, Hausfrau mit zwei
kleinen Kindern, beneidet sie aber um das zumindest in
ihren Augen interessantere Leben. Der gebildete und gut
aussehende Amir hat auf Sima eine große Anziehungskraft
und sie überlegt, ob ihr das Hausfrauenleben wirklich
genügt.
Im Nebenhaus lebt eine Familie, deren
ältester Sohn im Libanon gefallen ist. In ihrem Schmerz
sprechen die Eltern kaum mehr miteinander und vergessen
auch auf den kleinen Sohn Jotam, der sehr darunter
leidet. Nur in Amir findet Jotam einen guten Freund, den
er regelmäßig besucht.
Auf einer Baustelle in der Nähe
arbeitet Ssadeq, ein arabischer Arbeiter; er glaubt in
dem Haus von Mosche und Sima jenes zu erkennen, das
einst seinen Eltern gehörte. Er meint, dass er bis zur
Flucht 1948 darin gelebt hat, aber er kann sich nicht
mehr genau erinnern, da er damals noch ein Kleinkind
war. Seine Mutter besitzt noch immer den rostigen alten
Hausschlüssel und erzählt ihm von einem im Haus
versteckten Schatz. Die Suche danach wird Ssadeq in
große Schwierigkeiten bringen.
Neben einem neutralen Erzähler,
berichten Sima, Mosche, Noa, Amir, Jotam und Ssadeq das
Geschehen jeweils aus ihrer Perspektive, dazu kommen
noch die Briefe von Amirs Freund Modi, der sich in
Südamerika aufhält und von seinen Erlebnissen schreibt.
Es ist sowohl ein realistischer, wie
auch ein poetischer, manchmal trauriger, aber auch
amüsanter vor allem aber ein sehr schöner Roman.
Eshkol Nevo wurde 1971 in Jerusalem
geboren, er wuchs in Israel und den USA auf. In Israel
studierte er Werbetexten und Psychologie; er arbeitete
dann acht Jahre als Werbetexter, heute unterrichtet er
an mehreren Institutionen creative writing. Nach
einem Band Erzählungen ist Vier Häuser und eine
Sehnsucht sein erster Roman und dieser war in Israel
so erfolgreich, dass er ein Jahr lang auf der
Beststellerliste stand.