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Der Märtyrer als Waffe

Felix Schneider

Joseph Croitoru: Der Märtyrer als Waffe. Die historischen Wurzeln des Selbstmordattentats
München-Wien: dtv 2003
299 Seiten, Euro 10,00.-
ISBN-13: 978-3-423-34326-8
ISBN-10: 3-423-34326-5

„Mein auf der Erde zersprengter Körper wird im Himmel wieder zu einem Leib zusammengefügt werden". Diese letzten Worte der libanesischen Selbstmordattentäterin Sanaa Muhaidli, die ihr mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug im April 1985 neben einem israelischen Militärkonvoi in die Luft jagte, spiegeln die ganze Problematik, aber auch Tragweite des „Menschen als Waffe" wider. Selbstzerstörung als Endstadium des Fanatismus.

Diesem Fanatismus in seinen mannigfaltigen Manifestationen hat der Nahostexperte und langjährige Autor des Feuilletons der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Joseph Croitoru, das vorliegende Buch gewidmet.

Croitoru setzt dabei Schwerpunkte. Beginnend mit den Selbstmordangriffen japanischer Freiwilliger gegen Ende des zweiten Weltkrieges zu Lande, zu Wasser aber besonders aus der Luft (Kamikaze) spannt der Autor den Bogen zu Todeskommandos der deutschen Luftwaffe auf die Elbe-Übergänge 1945 (die jedoch nur sehr bedingt in den Rahmen passen, da deren Freiwilligkeit teilweise nicht gegeben war).

Das Hauptaugenmerk des Bandes liegt, wie nicht anders zu erwarten, auf der Evolution bzw. Wiedergeburt des Selbstmordattentats im Rahmen der jüngeren Konflikte im Nahen und Mittleren Osten. Croitoru beschreibt die „Wiedergeburt" der Idee im Rahmen des palästinensischen Widerstandes und deren Weiterentwicklung bis hin zu ihrer Institutionalisierung. Der Autor präsentiert dabei in spannender, doch niemals reißerischer Form Erklärungsmodelle und (religiöse) Hintergründe verschiedener politischer und gesellschaftlicher Gruppierungen. Insgesamt ist hier eine höchst interessante Abhandlung über ein Thema geglückt, das in unseren Breiten als abstraktes Phänomen gesehen wird, dem wir hilflos gegenüberstehen. Der im Bekennervideo nach den Anschlägen von Madrid 2004 kolportierte Slogan „Ihr liebt das Leben und wir lieben den Tod" will dabei nicht verklingen.

Selbstmordanschläge sind zugleich Ausdruck der Rache und Verzweiflung gegen einen weit überlegenen Gegner und somit militärisch wertlos. Den emotionalen Eindruck jedoch, den sie in unserer westlichen Medienlandschaft hinterlassen, übertrifft ihre militärische Wirkung bei weitem.

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