Yves Pallade: Germany and Israel in
the 1990s and Beyond: Still a ‘Special Relationship’?
(European University Studies – Series XXXI – Political
Science)
Frankfurt / Main et. al: Peter Lang, 2005,
599 S., EUR 88,40
ISBN: 3-631-54203-8
Die Beziehungen zwischen Deutschland
und Israel, zumal das sogenannte deutsch-jüdische
Verhältnis im Post-Shoah-Zeitalter, stellen auf der
politischen, publizistischen, kulturellen und
wissenschaftlichen Ebene und im Alltagsdiskurs einen
sehr präsenten Diskussionsgegenstand in beiden
betroffenen Gesellschaften dar. Umso erstaunlicher ist
es, dass Yves Pallades 2005 in englischer Sprache
erschienenes Buch Germany and Israel in the 1990s and
Beyond: Still a ‘Special Relationship’? zumindest im
deutschsprachigen Raum vergleichsweise wenig rezipiert
wurde.
Yves Pallade, der an den
Universitäten Cambridge und London (King’s College und
London School of Economics) Europäische Studien und
Internationale Beziehungen studierte und derzeit im
Berliner Büro des American Jewish Committee tätig ist,
legt mit seiner an der Universität Düsseldorf
angenommenen Dissertation eine Studie vor, die gerade
aufgrund ihrer Übersichtlichkeit, Informiertheit und
Unaufgeregtheit als Standardwerk zum
deutsch-israelischen Verhältnis seit den 1990er Jahren
bezeichnet werden kann.
Ausgehend von einer theoretischen
Einführung in das Konzept der besonderen Beziehungen
fokussiert Pallade auf verschiedene Bereiche, in
denen sich Kooperationen zwischen der Berliner Republik
und dem jüdischen Staat abspielen: sicherheitspolitische
und militärische Zusammenarbeit, politische und
wirtschaftliche Beziehungen (auch im Rahmen der
europäischen Integration) sowie kulturelle Kontakte und
wissenschaftlich-technischer Austausch. Das Buch
erschöpft sich nicht in der Abarbeitung bereits
vorhandener Sekundärliteratur, sondern zieht zahlreiche
bisher nicht berücksichtigte Quellen wie Medienberichte,
Internetartikel, graue Literatur und Archivalien heran.
Das Kernstück des von Pallade beforschten Materials
bilden jedoch die über hundert vorwiegend in Israel und
Deutschland geführten, teils vertraulichen Interviews,
die besonders in sicherheitspolitische Belange spannende
Einblicke jenseits abgedroschener Mossad- und
Waffenlieferungsklischees gewähren.
Insgesamt entsteht ein positives Bild
von den vielfältigen deutsch-israelischen Beziehungen
seit 1990, wobei die in den letzten Jahren in breiten
Segmenten der bundesdeutschen Gesellschaften wachsenden
negativen, teils antisemitisch konnotierten
Einstellungen gegenüber Israel ebenso wenig ignoriert
werden wie künftige Herausforderungen, die sich vor
allem im Zuge eines stärkeren, möglicherweise
militärischen Engagements der Europäischen Union zur
Lösung des Nahostkonflikts, des komplexen
transatlantischen Verhältnisses und des Umgangs mit der
islamistisch-terroristischen Bedrohung stellen. Pallade
fasst die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel
als besonders, jedoch nicht als einseitig und
ausschließlich von Abhängigkeiten bestimmt zusammen; auf
den in vielen Debatten angestrengten Topos der
Normalisierung des Verhältnisses zwischen der
NS-Nachfolgegesellschaft und dem Staat der Opfer des
Holocausts, allgemeiner gesprochen zwischen Deutschen
und JüdInnen, geht der Autor nicht ein.