Out of the Midst of the Fire. Von
Philippa Bernard. Hg. von der Westminster Synagogue,
London 2005, 105 S. ISBN 0-9518708-5-8.
Die Nationalsozialisten sammelten in
Prag tausende geraubte jüdische Kultgegenstände. Laut
einigen Quellen wollten sie diese nach dem "Endsieg" in
einem „Museum der ausgestorbenen jüdischen Rasse"
Europas zeigen. Die komplexe Geschichte dieses
Museumsplans wurde 2000 und 2002 von zwei Historikern,
Dirk Rupnow und Jan Björn Potthast, aufgearbeitet.
Nun ist auch zu einem bemerkenswerten
Nebenaspekt dieses Geschehens ein Buch erschienen. Unter
den Prager jüdischen Kultgegenständen befanden sich über
1.500 Torahrollen aus den zerstörten tschechischen
Synagogen, die nach 1945 in der Michle Synagoge in der
Nähe von Prag gelagert wurden.
Das Prager jüdische Museum war in der
kommunistischen Ära verstaatlicht und die tschechischen
Behörden waren in bezug auf die Zukunft der Torahrollen
ratlos. Eines Tages zeigten sie die Sammlung Eric
Estorick, einem britischen Kunsthistoriker und Gründer
der Grosvenor Gallery. Dieser interessierte nach seiner
Rückkehr den Philanthropen Ralph Yablon, ein Mitglied
der liberalen Londoner Westminster Synagogue für sein
Projekt. Auch deren Rabbiner Harold Reinhart erkannte
die Bedeutung dieser Sammlung, da viele neue jüdische
Gemeinden weltweit Torahrollen benötigten. Estorick bat
den britischen jüdischen Gelehrten Chimen Abramsky um
eine Expertise über den Zustand der Torahrollen. Danach
verhandelte er mit den tschechischen Behörden und
einigte sich mit ihnen auf eine Summe von $ 30 000, der
Yablon zustimmte. 1964 kamen die Torahrollen ins Kent
House nach London, in dem sich auch die Westminster
Synagogue befindet. Diese gründete für das Torah Scroll
Centre einen Trust und ein Memorial Scrolls Committee;
dessen langjährige ehrenamtliche Sekretärin Ruth Shaffer,
die Tochter des großen jiddischen Schriftstellers Sholem
Asch, bewältigte die umfangreiche Korrespondenz. Die
Torahrollen wurden vom Thoraschreiber David Brand
sorgfältig repariert Danach konnten jüdische Gemeinden
und Institutionen in der ganzen Welt, die darum
ansuchten, in Abstimmung mit dem Verband der
tschechischen jüdischen Gemeinden eine Torahrolle als
permanente Leihgabe bekommen.
1988, als der Großteil der
Torahrollen vergeben war, beschloß die Synagoge unter
Rabbiner Reinharts Nachfolger Albert Friedlander, eine
Ausstellung und ein kleines Museum über die Geschichte
der tschechischen Torahrollen einzurichten. Deren
faszinierende Geschichte ist nun nicht nur dort, sondern
auch in dem Buch von Philippa Bernard, die von Anfang an
in das Projekt involviert war, nachzulesen.