LINKER
ANTISEMITISMUS IN DER SCHWEIZ
Stephan Grigat
Christina Späti: Die schweizerische
Linke und Israel. Israelbegeisterung, Antizionismus und
Antisemitismus zwischen 1967 und 1991. Essen: Klartext
2006.
360 Seiten, Euro 29,90.-
ISBN 3-89861-407-7
Der Antisemitismus in der Linken ist
seit längerer Zeit nicht nur Gegenstand journalistischer
und essayistischer Arbeiten, sondern auch ein
Spezialgebiet der akademischen Antisemitismusforschung
geworden. Zum linken Antisemitismus in Österreich und
Deutschland liegen mit Martin Klokes und Margit Reiters
Studien seit einigen Jahren Standardwerke vor, und
unlängst bot der Sammelband „Exklusive Solidarität.
Linker Antisemitismus in Deutschland. Vom Idealismus zur
Antiglobalisierungsbewegung" aus dem Berliner
Metropol-Verlag einen Überblick über aktuelle
Forschungen. Zum Antisemitismus in der Schweizer Linken
hingegen gab es bis jetzt an Brauchbarem eigentlich nur
eine unveröffentlichte Lizentiatsarbeit an der
Universität Zürich von Simone Wassmer und Katja Schurter.
Diese Lücke hat nun Christina Späti geschlossen, die mit
ihrer Studie über Antisemitismus, Antizionismus und
Israelbegeisterung in der schweizerischen Linken ein
Äquivalent zu den Arbeiten von Kloke und Reiter
vorgelegt hat. Ebenso wie diese Arbeiten ist Spätis
Promotionsschrift ein materialreicher Band, der die
Fakten zum Thema akribisch aufbereitet. Aber auch Spätis
Studie krankt an einem Verständnis des Antisemitismus,
das die Arbeiten der Kritischen Theorie zum Thema
kaum zur Kenntnis nimmt, und dementsprechend das im
Antizionismus liegende antisemitische Ressentiment
häufig nicht benennen kann. Vor lauter
„ausdifferenzierender Wissenschaftlichkeit", auf die
sich die Autorin beruft, scheint ein synthetisierendes
Urteil im Sinne Kritischer Theorie kaum noch
möglich. Das ändert nichts am Gebrauchswert des Buches
hinsichtlich der Dokumentation der Positionierungen der
unterschiedlichen Gruppierungen der Schweizer Linken zum
Nahost-Konflikt seit dem Sechs-Tage-Krieg.
Zurück
|