Propheten des Vergangenen
Evelyn Adunka
Michael Brenner: Propheten des
Vergangenen. Jüdische Geschichtsschreibung im 19. und
20. Jahrhundert. München: C.H.Beck Verlag 2006,
400 Seiten, Euro 34.90.-
ISBN 3 406 54981 0
Das Buch von Michael Brenner,
Professor für jüdische Geschichte und Kultur an der
Unviersität München, über die neuere jüdische
Geschichtsschreibung füllt eine wichtige Lücke, fehlte
doch im deutschen Sprachraum eine derartig kompakte und
doch ausführliche Darstellung. Jüdische Historiographie
war nie unabhängig von den Tendenzen der Umwelt und der
religiösen Situation des Judentums, was Brenner am
Beispiel von Peter Beers Geschichtsschreibung im Dienste
der Reform besonders eindrücklich schildert. Der Autor
erwähnt auch wenig bekannte Kuriosa, etwa die
gereinigten und verbesserten jiddischen Übersetzungen
von Heinrich Graetz oder dessen bis zur Unkenntlichkeit
entstellte Rezeption in israelischen Schulbüchern.
Brenners Hinweise zur osteuropäischen
Geschichtsschreibung bieten das Material für einige
wichtige künftige Spezialstudien. Bemerkenswert ist
weiters seine Würdigung des im deutschen Sprachraum
ziemlich vergessenen großen britischen Historikers Cecil
Roth.
Am Ende erwähnt Brenner auch die
jüngsten Tendenzen der Gegengeschichte, die zionistische
Geschichtsschreibung, ihre Revisionen durch die neuen
Historiker und die Anfänge der jüdischen
Frauengeschichte. Ein wenig zu kurz kommen die
Sozialgeschichte und die orthodoxe Geschichtsschreibung;
von deren Exponenten würdigt er lediglich den
bedeutenden israelischen Sozialhistoriker Jakob Katz,
über den er schreibt: „Kein anderer Historiker der
jüdischen Neuzeit hat in gleichem Maße die Halacha, das
jüdische Religionsgesetz, als Grundlage jüdischen Lebens
ernst genommen wie Katz."
Brenners umfassendes Wissen und seine
analytische Schärfe machen das Buch zu einem besonderen
Gewinn.
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