‚Die Freistatt‘
Evelyn Adunka
Martina Willemsen: Fritz Mordechai
Kaufmann und ‚Die Freistatt‘. Zum ‚alljüdischen‘
Literaturkonzept einer deutsch-jüdischen Monatsschrift.
Tübingen: Niemeyer Verlag 2007,
338 Seiten, Euro 92.-
ISBN 978-3-484-65163-0
Die kurzlebige, 1913/14 publizierte
jüdische Monatszeitschrift „Die Freistatt" vertrat als
einzige deutsch-jüdische Publikation eine „alljüdische"
Richtung, sich abgrenzend von den zionistischen,
liberalen oder orthodoxen Tendenzen der Zeit. Sie war
eine von 5000 deutsch-jüdischen Zeitschriften zwischen
1806 und 1938, die eine reiche und vielfältige, heute
erst zum Teil wiederentdeckte Publizistik bildeten.
Herausgegeben wurde „Die Freistatt"
von Fritz Mordechai Kaufmann. Sein Ziel war „eine
einheitliche universale jüdische Kultur, die keine
Grenzen zwischen Ost- und Westjudentum kennt und sich
vor allem auf die Werte des Ostjudentums stützt [...]."
Kaufmann war Zionist und leitete 1920 in Berlin das
Arbeiterfürsorgeamt in Wien; sein großes Vorbild war
Nathan Birnbaum. In seiner Zeitschrift publizierten fast
alle bedeutenden deutsch-jüdischen Persönlichkeiten
ihrer Zeit. Er selbst veröffentlichte unter anderen
Essays über ostjüdische Dichtung und die berühmte
Sammlung „Die schönsten Lieder der Ostjuden". Posthum
erschienen seine von Ludwig Strauß edierten Gesammelten
Schriften.
1921 erkrankte er an Typhus und war
nervlich überlastet. Im März 1921 beging er im Alter von
33 Jahren Selbstmord. Er war verheiratet und liebte
seine Familie. Das Motiv für seine Tat blieb letztlich
unklar und auch seine Biographin konnte es nicht
erhellen. Sein Nachlass befindet sich in den Central
Archives for the History of the Jewish People.
Martina Willemsen hat eine sehr
wichtige, genau recherchierte Studie geschrieben, wobei
vor allem auch die biographischen und bibliographischen
Kapitel über Kaufmann eine wesentliche Ergänzung und
Hilfe für die Forschung sind.
Nur die Tageszeitung „Wiener
Morgenzeitung" bezeichnete die Autorin irrtümlich als
„Wiener Morgenzeitschrift".
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