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Medial vermitteltes Ressentiment

Matthias Falter

Martin Liepach/Gabriele Melischek/Josef Seethaler [Ed.]: Jewish Images in the Media [relation n.s., Vol.2], Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2007.
298 Seiten, Euro 23,20.-
ISBN 978-3-7001-3878-5

Ein neuer Sammelband untersucht „Bilder von Juden" in historischen und zeitgenössischen Medien. Die Durchsetzung einer liberalen aufgeklärten Gesellschaft wurde bekanntlich nicht vom Ende der realen gesellschaftlichen Diskriminierung von Juden und Jüdinnen, sondern von der Transformation des christlichen Antijudaismus hin zum modernen Antisemitismus begleitet. Judenfeindliche Bilder und Motive aus dem Mittelalter wurden meist mit ähnlichen inhaltlichen Codes weiterverwendet und sind selbst in aktuellen (massen-)medialen Kontexten zu finden. Martin Liepach, Gabriele Melischek und Josef Seethaler haben nun im Rahmen der Reihe Relations. Communication Research in Comparative Perspective den Sammelband Jewish Images in the Media herausgegeben, der sich mit medial vermittelten antisemitischen Stereotypen in historischen und zeitgenössischen Medien auseinandersetzt. Gleichzeitig wird im zweiten Teil des Bandes auch die Frage des Umgangs mit und der Abwehr von Antisemitismus in Facetten thematisiert.

Hervorzuheben sind vor allem die einzelnen Studien zu Produktion und Reproduktion von Bildern und Stereotypen. Mit dem antisemitischen Motiv des „ewig wandernden Juden" setzen sich sowohl Nelly Elias und Julia Bernstein in ihrer vergleichenden Untersuchung der medialen Rezeption von Juden und Jüdinnen in Russland und russisch-jüdischen MigrantInnen in Deutschland und Israel als auch Philip Webb in seiner Analyse des Diskurses über Heimatlosigkeit in New York um 1900 auseinander. Die Analyse der Darstellung von Juden und Jüdinnen in deutsch-österreichischen humoristischen Zeitschriften des späten 19. Jahrhunderts steht im Zentrum der Untersuchungen von Michaela Haibl, während Hatice Bayraktar diese für türkische Karikaturen in der Zeit von 1933 bis 1945 leistet. Brigitte Sion schlägt mit ihrem Buchbeitrag den Bogen zur Gegenwart, indem sie sich mit antisemitischen Leserbriefen in Schweizer Medien anlässlich der Diskussionen um die zurückbehaltenen Vermögen von Opfern der Shoa auseinandersetzt. Linards Udris und Mark Eisenegger untersuchen die Repräsentation von Juden und Muslimen in deutschsprachigen Schweizer Printmedien.

Zu einer zentralen Projektionsfläche für Antisemiten ist mittlerweile der Nahostkonflikt geworden. Roland Schatz und Christian Kolmer werten die Berichterstattung von ARD und ZDF über den Libanonkrieg 2006 systematisch aus und kommen zum nicht unerwarteten Ergebnis, dass Israel medial eindimensional als Angreifer gezeichnet wird, während etwa der Terror islamistischer Organisationen oft ausgeblendet wird.

Der Frage des Umgangs mit Antisemitismus gehen die Beiträge im zweiten Teil des Sammelbandes nach, wobei auch hier sowohl historische als auch zeitgenössische und kulturindustrielle Aspekte thematisiert werden. Kerstin von der Krone analysiert die Berichterstattung über die Damaskus-Affäre von 1840 in deutsch-jüdischen Zeitungen und Ruth E. Iskin untersucht jüdische Reaktionen auf das Stereotyp des jüdischen Bankiers anhand zweier Fälle. Die Repräsentation bzw. Nichtrepräsentation von Juden und Nichtthematisierung von Antisemitismus aus v. a. diplomatischen Gründen zeigt Stephanie Seul in ihrer Studie über die deutschsprachige britische Medienkampagne von 1938 bis 1939 auf. Carsten Hennig geht der Frage der Repräsentation des Holocaust in einzelnen Filmen von Steven Spielberg ebenso nach wie Hanno Loewy der Konstruktion von Erinnerung in kulturindustriellen Produktionen, wie Comics und Filmen. Abgeschlossen wird der Sammelband durch den Artikel von Elisabeth Kübler über europäische Bestrebungen zur Bekämpfung des Antisemitismus und damit verbunden die Bedeutung von Medien, wobei Kübler richtigerweise die Kluft zwischen Antisemitismusforschung und nachhaltigen Bekämpfungsmaßnahmen thematisiert.

Der Sammelband wird seinem Anspruch des Sichtbar-Machens antisemitischer Stereotype in massenmedialen Diskursen gerecht. Gleichzeitig werden aber auch die Grenzen einer Antisemitismusforschung deutlich, die jene gesellschaftlichen Bedingungen, die Antisemitismus hervorbringen, tendenziell ausblendet bzw. nicht thematisiert.

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