Ludwig Popper. Bolivien für Gringos,
Exil- Tagebuch eines Wiener Arztes. Hg. v. Lutz Elija
Popper.
Oberwart: edition lex liszt 12 2005.
315 Seiten, zahlreiche Bilder, Euro
25,00.-
ISBN 3-901757-41-4
Ludwig Popper wurde 1904 in Wien
geboren, wuchs in Paris und Zürich auf und absolvierte
ein Medizinstudium mit anschließender Ausbildung zum
Internisten in Wien. Seine 1934 eingereichte
Habilitation wurde aus sichtlich antisemitischen Motiven
jahrelang liegen gelassen, bis im Juni 1938 sein
Ansuchen um Zulassung zur Habilitation mit Hinweis auf
seine jüdische Herkunft offen abgelehnt wurde.
Er flüchtete im August 1938 in die
Schweiz, erst fast ein Jahr später konnte ihm seine Frau
mit den zwei Söhnen folgen. In der Zeit der Trennung
schrieb das Ehepaar einander ungefähr 400 Briefe, die
fast vollständig erhalten blieben und von ihrem Sohn
Lutz Elija Popper in diesem Jahr herausgegeben wurden
(Briefe aus einer versinkenden Welt 1938/39, edition lex
liszt 12). In dem Briefwechsel sind Ludwig Poppers
mühevollen Versuche geschildert, eine
Einreisegenehmigung in die USA zu erhalten, denn in der
Schweiz durfte er nur befrist bleiben. Daneben erkundete
er auch Möglichkeiten zur Auswanderung in mehrere andere
Länder, erhielt aber schließlich nur vom bolivianischen
Konsulat ein Visum.
Ludwig Popper hat neben dem
Briefverkehr auch Aufzeichnungen, in denen er lebenslang
für ihn wichtige Ereignisse notierte, hinterlassen. So
entstand während seines achtjährigen Aufenthaltes in
Bolivien ein Tagebuch, das ursprünglich nur für seine
Kinder und zukünftigen Enkelkinder bestimmt war. Doch
nach seinem Tod erkannte sein Sohn die Bedeutung des
Werkes und beschloss, dieses zusammen mit den von seinem
Vater gemachten Fotos zu publizieren. Das Tagebuch
beginnt mit der Abreise der Familie aus Europa und der
Ankunft im August 1939 in La Paz. Ludwig Popper konnte
bereits nach kurzem Aufenthalt in Bolivien eine Stellung
als Militärarzt antreten. Für ihn war dies die einzige
Möglichkeit, sofort wieder als Arzt arbeiten zu können.
Das aber bedeutete für die Familie ein Leben in einer
Reihe von Provinzgarnisonen, die eigentlich meist nur
aus einer Ansammlung von Hütten bestanden. Ludwig Popper
gibt ein anschauliches Bild vom oft beschwerlichen
Alltag, sowohl seiner Familie, wie auch der Soldaten der
jeweiligen Garnison. Mit feiner Ironie berichtet er
diverse skurrile Begebenheiten, auch manchen
Dorfskandal. Die wenigen Europäer, die in dieses Gebiet,
den Gran Chaco gelangten, waren entweder ebenfalls
Militärärzte oder Abenteurer. Auch von diesen weiß
Ludwig Popper einige interessante Geschichten zu
erzählen.
Genauen Einblick gibt Popper in seine
medizinische Arbeit, wobei ihm selbst unter diesen
erschwerten Bedingungen gelang, wissenschaftliche
Forschung zu betreiben. Schließlich bekam er als erster
ausländischer Arzt eine Stelle an der Militärakademie in
La Paz. Da er aber die Rückkehr nach Österreich bereits
vorher beschlossen hatte, blieb er dort nur kurze Zeit,
und im November 1947 kam die Familie, um inzwischen zwei
Kinder vergrößert, nach Wien zurück. Bald konnte Ludwig
Popper auch hier seine medizinische Laufbahn fortsetzen
und wurde später Primar und Universitätsprofessor für
Sozialmedizin.