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Zur jüdischen Regionalgeschichte in Perchtoldsdorf und Hollabrunn

Evelyn Adunka

Gregor Gatscher-Riedl: Jüdisches Leben in Perchtoldsdorf. Von den Anfängen im Mittelalter bis zur Auslöschung in der Schoah. (= Schriften des Archivs der Marktgemeinde Perchtoldsdorf Bd. 4) Perchtoldsdorf 2008.

129 Seiten, Euro 14,50 .-

ISBN: 987-3-901316-22-7

Alfred Fehringer: „Ihr müsst hier weg". Die jüdische Gemeinde Hollabrunn von 1850 bis 1939. Wien: Mandelbaum Verlag 2008.

160 Seiten, Euro 19,90.-

ISBN: 987-3-85476-273-7

Jüdische Heimatgeschichte ist in Deutschland seit Jahren en vogue, wie zahlreiche Museen, Bücher und unselbständige Publikationen beweisen. Auch in Österreich begannen zeitverzögert regionalgeschichtliche Forschungen zur jüdischen Geschichte. Zwei gelungene Beispiele sind unlängst erschienen. Gregor Gatscher-Riedl, der Archivar der Markgemeinde Perchtoldsdorf, beschreibt die Geschichte der jüdischen Gemeinde des Ortes, der keine eigene Synagoge besaß, von den mittelalterlichen Anfängen bis zur gewaltsamen Zerstörung in der NS-Zeit. Er dokumentiert berühmte jüdische Persönlichkeiten und die nach ihnen benannten Verkehrsflächen, aber auch die Geschichte der Verfolgung und der „Arisierungen". Am Ende des Buches listet er die Namen der Opfer der Shoah, der Überlebenden und der „U-Boote" auf. Martha Keil, die Direktorin des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs in St.Pölten, nennt das Buch in ihrem Vorwort mit Recht ein geistiges „Memorbuch". In Perchtoldsdorf praktizierten zahlreiche jüdische Ärzte und 1908 eröffnete ein bekanntes Sanatorium. Unter den Kurgästen des Sommers 1937 ragte der fünfte Lubawitscher Rebbe Josef Isaak Schneersohn heraus. Er reiste mit großem Gefolge an und wurde auch von seinem Schwiegersohn und späteren Nachfolger Menachem Mendel Schneersohn besucht. Einer der Ärzte in Perchtoldsdorf war Gustav Stern, der nach seiner Heirat mit Marialise Stadler 1933 in einem vom jüdischen Architekten Jacques Groag gebauten Haus wohnte. Marialise Stadler überlebte die NS-Zeit in Palästina/Israel und kehrte 1955 nach Österreich zurück. Als Alisa Stadler arbeitete sie als Schauspielerin, Rezitatorin und Übersetzerin aus dem Hebräischen, unter anderen der Psalmen und der Gedichte von Jehuda Amichai. Ihr Nachlass befindet sich im Wiener Literaturhaus.

Der Historiker Albert Fehringer, ein Mitarbeiter des Allgemeinen Entschädigungsfonds, verfasste 2006 die nun publizierte Diplomarbeit zur jüdischen Gemeinde der niederösterreichischen Stadt Hollabrunn, in der 1938 rund 330 Juden und Jüdinnen lebten. Fehringer dokumentiert die kurze Geschichte der 1850 gegründeten Gemeinde und, soweit aufgrund der den Quellenlage möglich, das Schicksal einzelner Familien. Leider hat der Autor die Biographien der beiden Rabbiner der Gemeinde, David Rudolfer und Sussie Zwick, nicht eruiert. Ebenso bedauerlich ist es, dass er dem Floridsdorfer Rabbiner Moses Rosenmann, der die Gemeinde später betreute, und dem Matrikenführer der IKG Wien Julius Rosenfeld nicht ihre Vornamen gibt, die leicht eruierbar gewesen wären. Das 1899 eingerichtete Bethaus der Gemeinde wurde bis 1938 vom Kantor Sigmund Jellinek betreut, der in dem Gebäude auch wohnte. Im August 1938 wurde das Bethaus „arisiert"; die Ritualgegenstände übergab der Kantor der IKG Wien. Jellinek musste nach Wien übersiedeln; 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert, wo er 1943 starb. Sein Sohn Hugo Jellinek war Arzt und arbeitete laut Fehringer in den zwanziger Jahren als Journalist in Usbekistan. 1949 wurden der Friedhof und das Bethaus von Hollabrunn restituiert. Die IKG Wien verkaufte das Gebäude 1973 der Stadt, die es zu Wohnungen umbauen ließ.

 

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