TAG DER MENSCHENRECHTE
Über das Gedenken an die Opfer der NS-Zwangsarbeit in der Steiermark
Manfred OSWALD
Vielen Steirern ist sicherlich nicht bekannt, daß sich in der Zeit
vom 7. Februar 1944 bis zum
2. April 1945 in Aflenz bei Leibnitz ein Konzentrationslager als Außenlager
des berüchtigten Konzentrationslagers Mauthausen befunden hat.
Im unterirdischen Römersteinbruch bei Aflenz schufteten ungefähr
350 Zwangsarbeiter und Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen
für die Rüstungsindustrie der Nationalsozialisten. Innerhalb
eines Jahres sind in Aflenz zwischen 350 und 400 Menschen umgekommen,
sind erschlagen, erschossen worden, oder an Erschöpfung und Hunger
verstorben. Die grauenhaften Ereignisse während des zweiten Weltkrieges
waren lange Zeit von einer Mauer des Schweigens umgeben. In den sechziger
und siebziger Jahren waren Themen wie Zwangsarbeit und andere nationalsozialistische
Verbrechen tabu.
Unter den nationalsozialistischen Verbrechen sind insbesonders die Vertreibung
und Ermordung von ungefähr 2000 steirischen Juden zu Kriegsbeginn,
die Ermordung von ungefähr 300 steirischen Zigeunern, die Ermordung
von zahllosen Häftlingen und Zwangsarbeitern in den 10 Arbeitslagern
(Aflenz bei Leibnitz, Peggau-Hinterberg, St. Dionysen, Niklasdorf, Bretstein,
Lind, St. Lambrecht, Eisenerz und Frauenberg) zu nennen; weiters die Ermordung
von 1500 Patienten des psychiatrischen Krankenhauses Graz-Feldhof in Graz-Puntigam,
welche zwischen 1939 und 1945 nach Schloß Hartheim bei Linz deportiert
wurden. Vor allem aber wurden 80.000 Menschen in den Monaten März
und April des Jahres 1945 aus dem Raum Budapest zur Zwangsarbeit im Südostwall
eingesetzt, von denen viele auf dem Todesmarsch von der ungarischen Staatsgrenze
nach Oberösterreich in das Konzentrationslager Mauthausen umkamen.
Vergangenheitsbewältigung
Der Gemeinderat von Wagna ließ am 28. April 1989 am Eingang zur
sogenannten Toblak-Höhle eine schlichte Gedenktafel für die
Todesopfer von Aflenz anbringen. Die offizielle Steiermark zeigte bisher
kein Interesse an der Aufarbeitung der
NS-Vergangenheit.
An vergessene Konzentrationslager wie jenes inAflenz oder Peggau/Deutschfeistritz
nördlich von Graz will sich niemand außer der Gewerkschaftsjugend
und den Soldaten des Bundesheeres
erinnern.
Tag der Menschenrechte
Erstmals in der zweiten Republik fand am 10. Dezember 1994 - zum Tag
der Menschenrechte- ein Totengedenken am Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers
Aflenz statt. Alljährlich führen die Soldaten seit 1995 zum
Tag der Menschenrechte am Mahnmal in Leibnitz ein militärisches Totengedenken
durch. Es ist lobenswert, wenn auf diese Art wenigstens einmal im Jahr
versucht wird, gemeinsam mit der Jugend bislang verschwiegene Erinnerungen
an die kommenden Generationen weiterzugeben.
Wir dürfen die Vergangenheit nicht verdrängen und müssen
deshalb immer wieder daran erinnern, sagen die einen. Wir müssen
endlich einen Schlußstrich ziehen, meinen die anderen.
Vielleicht zeigt das alljährlich stattfindende Totengedenken am "Tag
der Menschenrechte" in Leibnitz einen guten Mittelweg der sogenannten
"Vergangenheitsbewältigung". Man ehrt die Opfer und erinnert
damit daran, daß es immer wieder Täter des Unrechts gab und
gibt. Die Verbrechen der NS-Zeit, insbesondere die "Beschäftigungspolitik"
der Nationalsozialisten zeigen uns, wie gefährlich es sein kann,
die Wachsamkeit in der Demokratie zu vernachlässigen.
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