Die christliche Gemeinde Beth EL:
Tatkräftige Freunde Israels
Maurice TSZORF
Binyamina und Zichron Yaakov sind zwei der von der
Familie Rothschild zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründeten
landwirtschaftlichen Ansiedlungen im Küstengebiet des damaligen Palästinas.
Die zwischen Netanya und Haifa errichteten Ortschaften sollten den jüdischen
Einwanderern der Ersten und Zweiten Aliyah zu Beginn des 20. Jahrhunderts
eine Lebensgrundlage bieten.
Binyamina und Zichron Yaakov, beide nach
Mitgliedern der Rothschild-Familie benannt, liegen fünf steile Kilometer
voneinander entfernt in einer der landschaftlich schönsten Gegenden Israels.
Zudem kann man von hier aus sowohl den Norden als auch das Landeszentrum
bequem und schnell erreichen.
Beide Orte leben auch heute noch vorwiegend von der
Landwirtschaft. Hinzu kommen Handwerk und Tourismus, letzterer vor allem in
Zichron, wie die Israelis den Ort kurz nennen. Doch dieses auf dem südlichen
Ausläufer des Carmel-Gebirges gelegene schmucke Städtchen hat in den letzten
Jahren noch aus einem ganz anderen Grund weltweiten Ruhm erlangt.
Wer von Binyamina kommend kurz vor der Einfahrt nach
Zichron rechts in die Landstraße Nr. 70, die Yitzchak-Rabin-Road, nach
Yokneam abbiegt, sieht nach wenigen Metern zur rechten Hand ein kleines
Industriegebäude. Das weithin sichtbare Logo, das die obere Etage schmückt,
besteht aus einem halbkreisförmigen Regenbogen, mit einer stilisierten Arche
Noah darunter. Unter dem Symbol findet sich der Schriftzug "Beth-El
Industries".
Trotz des biblischen Namens handelt es sich hierbei
jedoch weder um eine inländische Zweigstelle der gleichnamigen
Westbank-Siedlung noch um eine Yeshiva. Stattdessen werden hier seit Ende
der Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts vor allem lebenserhaltende
Schutzvorrichtungen hergestellt. Eigentümer und Betreiber sind die
Mitglieder einer winzigen, weltweit nur wenige Hundert Mitglieder zählenden
christlichen Glaubensgemeinschaft.
Was vor fünfundzwanzig Jahren als Gasmaskenmanufaktur
begann, um das Leben der Israelis zu schützen, ist heute weltweit größter
Hersteller von ABC-Filtern, zu dessen Kunden auch die NATO zählt. Das Werk
entwickelt und baut laufend neue Systeme und Modelle von Schutzvorrichtungen
und beliefert sowohl den zivilen als auch den militärischen Sektor. So hat
es ebenso eine Schutzvorrichtung für den israelischen Merkava-Panzer im
Programm, als auch eine ausziehbare Schutzzelle für zwanzig Personen, die im
geschlossenen Zustand aussieht wie ein normaler Wandschrank.
Die zionistisch orientierte Beth-El-Gemeinde gehört
keiner der größeren christlichen Strömungen an. Ihre Mitglieder glauben an
die Auserwähltheit des jüdischen Volkes und befolgen die beiden Teile der
Bibel im Wortsinn. Folgerichtig hat sie sich den Schutz der Juden in Israel
und die Sicherung ihres Anrechts auf das Land zum Ziel gesetzt. Diesem
Beweggrund kommt das Motiv der Sühne für die Greueltaten der Schoah hinzu.
Denn die Beth-El-Gemeinde stammt aus dem Gebiet um Stuttgart im Südwesten
Deutschlands, und ihre Mitglieder sprechen untereinander auch heute noch
charmant schwäbisch gefärbtes Deutsch.
Gründer des israelischen Ablegers der Gemeinde, der
mittlerweile zu ihrem Zentrum avancierte, waren die Schwestern Emma und Else
Berger, die mit wenigen Begleitern 1963 in Israel eintrafen, um hier zu
leben, und sich zunächst vom landwirtschaftlichen Anbau ernährten. Über
viele Jahre hinweg musste sich die wachsende Gruppe von der lokalen
Bevölkerung, die sie nicht nur als Deutsche ablehnten, sondern auch der
Mission verdächtigten, als Fremdkörper und "Nazis" anfeinden lassen.
Vandalismus, Steinwürfe und Flüche auf offener Straße zählten zur
Tagesordnung. Direkt darauf angesprochen sagt Gideon, Mitglied der zweiten
Generation, dass es natürlich unangenehm war und auch Bitterkeit hervorrief.
Doch im gleichen Satz betont er, dass dieses Verhalten zwar verletztend aber
absolut verständlich war, und dass sie diesen Menschen nicht böse sind. Die
gleiche Meinung vertritt auch Claudia. Beide sind Anfang dreißig, sind
praktisch in Israel aufgewachsen, und sprechen Hebräisch. Heute sind "unsere
Christen" in Binyamina und Zichron von einer überwiegenden Mehrheit der
lokalen Bevölkerung wenn nicht integrierte das widerspräche ihrem eigenen
Selbstverständnis so doch voll akzeptierte und geachtete Mitbürger.
Sie leben in Zichron und in Binyamina in einer
kibbutzartigen Gemeinschaft, wo sie neben den industriellen Betrieben auch
weiterhin Landwirtschaft und Tierhaltung betreiben. Ihre Lebensform ist
puritanisch, ihre Lebensgrundsätze sind Frömmigkeit, Bescheidenheit, harte
Arbeit und Kreativität. Zwar gibt es im Werk zwangsläufig Positionen wie den
Geschäftsführer, doch kann es sein, dass man ihn an einem Morgen nicht an
seinem Schreibtisch antrifft, weil er an der Reihe ist, den Hof zu fegen
oder das Gras zu mähen. Sie verfügen über eigene Schulen, und ihre
Jugendlichen absolvieren klassische Lehren in traditionellen Handwerken wie
Schreinerei.
Neben ABC-Schutzvorrichtungen stellt Beth-El auch Brot
nach deutschen Backrezepten her, vermutlich das beste Brot, das es in Israel
zu kaufen gibt. In dem werkseigenen Laden kann man außerdem Daunendecken,
Honig und Vollkornnudelprodukte erwerben, allesamt mit dem schützenden
Regenbogen und einem Koscher-Zertifikat versehen.
Albrecht Fuchs leitet die Produktion der
ABC-Schutzvorrichtungen. Er betrachtet sich nach 30 Jahren im Land als
"100-prozentigen Israeli". Alle seine fünf Kinder wurden hier geboren, und
er geht davon aus, dass sie trotz der grundsätzlich pazifistischen
Einstellung der Gemeinschaft in der Armee dienen werden.
Vierzig Jahre nach Errichtung seiner Gemeinde "genau so
lange, wie die Juden durch die Wüste wanderten", wie einer seiner Kollegen
trocken bemerkte erhielten Albrecht Fuchs und seine Gemeinde im Mai dieses
Jahres endlich die Anerkennung, die sie verdienen. Der seit langem erste
säkulare Innenminister Avraham Poraz beschloss, den Mitgliedern, deren
Bürgerstatus stets ungeklärt war, nun das Aufenthaltsrecht zuzuerkennen, als
ersten Schritt zur vollen Einbürgerung. Bei der Verleihungszeremonie sagte
Poraz: "Ich bitte Sie um Verzeihung im Namen des Staates Israel, der Sie bis
heute in diesem minderwärtigen Status belassen hat. Ich fühle mich geehrt
und glücklich, Ihnen das Aufenthaltsrecht zuzuerkennen. Ich würde stolz
darauf sein, Ihnen die israelische Staatsbürgerschaft zu verleihen". Darauf
müssen die Mitglieder der Gemeinschaft so will es das Gesetz allerdings
mindestens ein Jahr warten. Und wer weiß, wer dann Innenminister sein wird.
Sollte die Position wieder an die orthodoxe Shas-Partei fallen, stehen die
Chancen schlecht. Zwar äußerte sich deren Vorsitzender Eli Yishay positiv
zur Entscheidung Poraz. Doch ist kaum vorstellbar, dass Shas den zweiten
Schritt zur vollen Einbürgerung machen würde. Selbst Poraz hat nur einigen
von ihnen das Aufenthaltsrecht zuerkannt. Andere erhielten Touristenvisa
oder den Status des vorläufigen Aufenthaltes. Erstaunlich ist, dass auch die
dritte Generation, die in Israel Geborenen, nicht daran denken, Israel zu
verlassen. "Sie bleiben, da gibt es keine Frage", sagt Albrecht Fuchs. "Dies
ist ihr Land. Aus und Ende." Er fügt aber hinzu, dass niemand gezwungen
wird, zu bleiben. "Es muss stets als ein Privileg betrachtet werden, hier zu
leben". So denkt auch der 32-jährige Jonathan Kurucz, der in der zweiten
größeren Beth-El-Gemeinde in Kanada aufgewachsen ist und vor drei Jahren
nach Israel kam. "Es ist einfach wunderbar, hier zu sein", sagt er in dem
freundlich lächelndem Ton, der bei den zuvorkommenden Beth-El-Mitgliedern
fast immer anzutreffen ist. Er zählt zu den wenigen nicht-deutschen
Mitgliedern der Gemeinde. Es gibt einen regelmäßigen Austausch zwischen den
deutsch-israelischen und kanadischen Mitgliedern, die auch untereinander
heiraten.
Nachdem die Beth-El-Gemeinde über die Jahrzehnte hinweg
kaum Kontakt zur israelischen Bevölkerung hatte, änderte sich die Situation
am 11. September 2001. Die weltweite Furcht vor Krieg überflutete Beth-El
Industries mit Aufträgen, und das Werk sah sich gezwungen, israelische
Arbeitskräfte einzustellen. Nachdem sich die Panik und damit die
Auftragslage wieder normalisierten, schufen die Manager von Beth-El neue
Arbeitsstellen, weil sie sich im Gegensatz zur harten israelischen
hire-and-fire-Mentalität moralisch außerstande sahen, die soeben
eingestellten Menschen einfach wieder auf die Straße zu setzen. Allerdings
bleiben die Berührungspunkte auf die Arbeitszeit beschränkt, die
Gemeindemitglieder suchen nicht den sozialen Kontakt zur einheimischen
Bevölkerung. Allein diese Tatsache verdeutlicht den jüdischen Angestellten,
dass die Gruppe nicht daran interessiert ist, zu missionieren. Wie David
Lessner, der israelische Marketingmanager für Beth-El, hervorhebt, hat nicht
einer der 100 israelischen Mitarbeiter die Religion "gewechselt". Es gäbe
keinen Grund zur Sorge, sagt Fuchs, dass dieser "Tropfen im Ozean" der
israelischen Bevölkerung den jüdischen Charakter des Staates jemals
gefährden könnte. "Wir sind Nichtjuden", erklärt Fuchs. "Wir dürfen nie
vergessen, dass Israel die Wurzel ist. Gott hat uns wie einen kleinen Zweig
hier eingepflanzt, und er kann uns ebenso wieder ausreißen. Wir müssen die
Wurzel als die Wahrheit anerkennen", und fügt mit einem Lächeln hinzu: "Wir
sind nicht hier, um das Land zu melken, sondern um es zu nähren".
Heimatfront:
Die Bunker von Sichron Jakov
Nasrallah? In Sichron Jakov ist man von seinen Drohungen wenig beeindruckt,
da man supermoderne Bunker hat. Und wie gelangten diese Bunker in die
friedliche Kleinstadt? Durch die zionistischen Deutschen!...