Staatssekretär Morak in Israel:
Eröffnung des Herzl-Museums
Walter REICHEL
Im Beisein von Staatssekretär Franz Morak, des israelischen
Präsidenten Moshe Katzav und des Sprechers der Knesset, Reuven Rivlin, wurde am
19. Mai 2005 in Jerusalem das neue Theodor Herzl-Museum eröffnet.
Die Eröffnung fand am
Geburtstag Herzls (nach dem jüdischen Kalender gerechnet) statt, der im
vergangenen Jahr von der Knesset zum Herzl-Tag erhoben wurde. Dieser wurde heuer
erstmals begangen.
Die Erweiterung und Überarbeitung des Herzl-Museums wurde mit
Spenden aus Deutschland, der Schweiz und den USA finanziert. Rund ein Viertel
der Kosten von umgerechnet etwa 2,4 Mio. Euro trugen öffentliche und private
Förderer aus Österreich bei.
Eröffnung des Herzl-Museums (v.r.):
Staatssekretär Franz Morak, Staatspräsident Moshe Katzav, Präsidentin der
Jerusalem Foundation Ruth Cheshin, Sprecher der Knesset Reuven Rivlin und
Vorsitzender der Jewish Agency Sallai Meridor
"Die Beschäftigung mit Theodor Herzl soll für uns Mahnung und
Auftrag zugleich sein", sagte Staatssekretär Morak in seiner Eröffnungsrede.
"Mahnung, unsere gemeinsamen geschichtlichen Wurzeln, aber vor allem auch ihre
tragischen Verirrungen niemals zu vergessen. Es ist der Auftrag, gegenüber allen
Formen von Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, wachsam zu
bleiben. Es ist die Vision, an einer besseren Zukunft in Frieden und Glück für
alle Menschen mitzubauen", so Morak. Als "Vater des Zionismus, als Träumer, dem
es gelungen sei, seinen Traum vom "Juden-Staat" zu verwirklichen, würdigte der
israelische Staatspräsident Moshe Katzav Herzl anlässlich der Eröffnung.
Staatssekretär Morak im Gespräch mit dem
israelischen Staatspräsidenten Moshe Katzav
"Herzl war der bedeutendste Führer, den wir in den letzten 120
Jahren gehabt haben", sagte Katzav. Der Präsident erinnerte in seiner Rede auch
an die frühere Herzl-Gedenkstätte, die sich ebenfalls auf dem Herzl-Berg befand.
Die dort ausgestellten Gegenstände und die originalen Möbel hätten ihm schon als
Kind viel bedeutet, als er das Museum zum ersten Mal sah. Er hoffe, dass das neu
gestaltete Museum auch auf die heutige Jugend eine ähnliche Wirkung haben werde.
Um der Jugend auch die Möglichkeit zu geben, das Museum am Herzl-Tag zu
besuchen, wurde eine spezielle Lösung gefunden. Da in Israel Gedenktage
üblicherweise an den Todestagen begangen werden, wäre der Herzl-Tag auf einen
Tag im Juli, also in die Ferienzeit, gefallen. Aus diesem Grund wählte man den
Geburtstag zum Herzl-Tag. Die Jugendlichen sollen sich so näher mit seinen
Idealen und Ideen auseinandersetzen können.
Für Museumsdirektorin Monica Zelingher sind Herzls Ideale auch heute noch von
großer Bedeutung. Seine zionistische Idee und der Entwurf einer "idealen
Gesellschaft" würden im Mittelpunkt der reorganisierten Ausstellung stehen.
Herzl habe von einem modernen Staat geträumt mit Eisenbahnen und Straßennetzen,
"italienischer Oper und französischem Theater". Er wünschte sich den
"Sieben-Stunden-Tag" und einen "Sprachenföderalismus" wie in der Schweiz. "Wir
können doch nicht Hebräisch miteinander reden. Wer von uns weiß genug Hebräisch,
um in dieser Sprache ein Bahnbillet zu kaufen."
"Herzl war ein sehr moderner Mensch, auch wenn seine Vorstellungen eher dem
Geschmack der Romantik des 19. Jahrhunderts entsprechen", so Zelingher. Da die
junge Generation zu wenig über Herzl wisse, soll sein Erbe vor allem in einer
für sie zugänglichen Art dargestellt werden.
Franz Morak mit dem Sprecher der Knesset,
Reuven Rivlin
Das neue Museum zeigt von außen Ähnlichkeiten mit einem Ufo.
In vier Sälen werden historisches Filmmaterial, aufgearbeitet mit Technik und
Lichteffekten, gezeigt. Unter den Original-Ausstellungsstücken befindet sich der
schwarze Küchentisch, auf dem "Der Judenstaat" entstand. In Vitrinen sind unter
anderem Herzls Reisesouvenirs aufbewahrt, so auch sein vergilbter Tropenhelm,
den er bei seiner historischen Begegnung mit Kaiser Wilhelm in Jaffa trug.
Kranzniederlegung in Yad Vashem
Der gebürtige Budapester Theodor Herzl war ein Kind der
österreich-ungarischen Monarchie. Er war geprägt von der kurzen Blüte des
jüdischen Lebens in Österreich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zugleich
erlebte er, wie die verhängnisvolle Saat des Nationalismus aufzugehen begann und
der multinationale Charakter Österreichs immer mehr in den Hintergrund trat. Die
hässliche Fratze des Antisemitismus begann ihr Haupt zu erheben und sich immer
deutlicher zu zeigen. Wie sehr dies den jungen Theodor Herzl, der als Journalist
der anerkanntesten Tageszeitung der Monarchie, der "Neuen Freien Presse", fest
im gesellschaftlichen Leben Wiens verankert war, prägte, davon legt die
Ausstellung ein beredtes Zeugnis ab.
Franz Morak mit Kulturministerin Limor Livnat
Auch wenn Herzl nicht der Begründer des theoretischen
Zionismus war, so war er es, der den Zionismus zur größten nationalen Bewegung
des 19. Jahrhunderts gemacht hat. Er war der erste, der das Problem der
Judenfrage ernsthaft thematisierte. Herzl war davon überzeugt, dass die Gründung
eines jüdischen Staates möglich und realisierbar sei. Mit einigen Dutzend Seiten
hatte ein einzelner Mann eine verstreute, verzwistete Masse zur Einheit geformt.
"Ich bin im Tiefsten davon überzeugt, daß ich Recht habe - ich weiß nicht, ob
ich in der Zeit meines Lebens Recht behalten werde. Die ersten Männer, welche
diese Bewegung beginnen, werden schwerlich ihr ruhmvolles Ende sehen. Aber schon
durch das Beginnen kommt ein hoher Stolz und das Glück der innerlichen Freiheit
in ihr Dasein", schrieb Herzl in der Vorrede des Buches. "Darum sage ich
deutlich und fest: Ich glaube an die Möglichkeit der Ausführung, wenn ich mich
auch nicht vermesse, die endgültige Form des Gedankens gefunden zu haben. Der
Judenstaat ist ein Weltbedürfnis, folglich wird er entstehen."
Franz Morak am Grab von Yitzhak Rabin
Seine letzten Lebensjahre stellte er ganz in die Sache des
Staates für die Juden. Nach vielen Rückschlägen starb er im Alter von nur 44
Jahren an einem Herzleiden. Stefan Zweig schrieb über Theodor Herzls Tod in
Edlach an der Rax und seiner Beerdigung in Wien im Jahr 1904: "Mit einem Mal
merkte Wien, dass hier nicht nur ein Schriftsteller gestorben war, sondern einer
jener Gestalter von Ideen, wie sie in einem Land, in einem Volk nur in
ungeheuren Intervallen sich sieghaft erheben." In seinem Testament schrieb
Herzl: "Es ist mir ein Wunsch, in einem Metallsarg neben meinem Vater bestattet
zu werden, und dort zu bleiben, bis das jüdische Volk meine sterblichen
Überreste nach Eretz Israel bringen wird." Nach der Gründung des Staates Israel
wurde ihm dieser Wunsch im Jahr 1949 erfüllt.
Viele Österreicher kamen in der Zwischenkriegszeit nach Israel. Die einen als
begeisterte Zionisten auf den Spuren Theodor Herzls. Der legendäre Jerusalemer
Bürgermeister und Gründer der Jerusalem Foundation, Teddy Kollek, zählt zu
ihnen. Andere kamen als Flüchtlinge nach Eretz Israel. Viele von ihnen waren
buchstäblich in letzter Minute der mörderischen Maschinerie der
Nationalsozialisten, an der auch zahlreiche Österreicher ihren Anteil hatten,
entronnen.
Theodor Herzl wohnte in Wien in der Berggasse, nur einen Steinwurf entfernt von
Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse und dem Entdecker der
Traumdeutung. In seinen Büchern und Schriften hat Theodor Herzl dem bösen Traum
der Antisemiten den guten Traum vom Judenstaat entgegengesetzt.
Erst nach den schrecklichen Erfahrungen der Shoa ist dieser "gute Traum"
Realität geworden. "Beide Träume, der gute Traum einer Heimat für alle Juden,
genauso wie der schlechte Traum des Antisemitismus, werden in der
museumsdidaktisch ausgezeichnet konzipierten Ausstellung der jungen Generation
des 21. Jahrhunderts anschaulich vor Augen geführt", sagte Staatssekretär Franz
Morak in seiner Rede über die Ausstellung.
Als Vertreter Österreichs hat Kunststaatssekretär Morak über mehrere Jahre gute
Beziehungen zu Israel aufgebaut. Nach der Abkühlung der
österreichisch-israelischen Beziehungen durch den Regierungseintritt der FPÖ
2000 war er der erste Vertreter des schwarz-blauen Kabinetts, der im Mai 2002
mit Angehörigen der israelischen Regierung zusammentraf. Im September 2003 nahm
Morak an der 50-Jahr-Feier der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil. Die
Kultur habe bei der Wiederannäherung eine wesentliche Rolle gespielt. Für Morak
ist sie ein "door opener", sie habe einen politischen Aspekt, in dem sie
Haltungen akzentuiere, aber auch Kooperationen und den Dialog anrege.
Staatspräsident Katzav begrüßte Staatssekretär Morak in seiner Rede als Freund,
Parlamentspräsident Rivlin hieß ihn im "Altneuland" willkommen.
Franz Morak mit Ricarda Merbeth, dem
israelischen Vizepremier Ehud Olmert und Staatsoperndirektor Ioan Holender
Neben der kulturellen Kooperation gab es aus Anlass des
Besuches von Staatssekretär Franz Morak in Israel eine
österreichisch-israelische Initiative im karitativen Bereich. Der israelische
Vizepremier Ehud Olmert und Staatssekretär Morak luden anlässlich des
25-Jahr-Jubiläums der Kinderhilfsorganisation Or Shalom (Friedenslicht) zu einem
Benefizabend. Die Organisation hilft auf der Basis von freiwilligem Engagement
und privaten Spenden Kindern, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat.
Es sind elternlose Kinder, Kinder, die Opfer von Gewalt oder gar sexuellem
Missbrauch geworden sind oder von ihren Eltern vernachlässigt oder nicht
angenommen werden. Im Geiste der Völkerverständigung und der freundschaftlichen
Beziehungen zwischen Österreich und Israel entstand die Idee, eine Benefizgala
durchzuführen. Aus Österreich sollte nicht nur ein musikalischer Gruß, sondern
auch eine materielle Unterstützung für Or Shalom kommen. Österreichische
Geschäftsleute und Unternehmen hatten sich spontan bereit erklärt, einen
Solidaritätsbeitrag zu leisten, der an diesem Abend übergeben wurde.
Stellvertretend für alle dankte Staatssekretär Morak dem mitgereisten
Generaldirektor-Stellvertreter von Casinos Austria, Dr. Emil Mezgolits für deren
Unterstützung. Die bedeutende Sopranistin der Wiener Staatsoper, Ricarda Merbeth,
erfreute die Anwesenden mit ihren Darbietungen, darunter die berühmte Arie der
Marietta "Glück, das mir verblieb" aus Erich Wolfgang Korngolds Oper "Die tote
Stadt".
Um die Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter zu vertiefen, sollen
österreichische Künstler und Projekte in Israel vorgestellt werden. Zur Zeit
gibt es Kooperationsverhandlungen zwischen der Wiener Staatsoper und der Oper in
Tel Aviv, die Durchführung einer Ausstellung über Arnold Schönberg ist geplant,
sagte Morak, der diese Projekte mit der israelischen Bildungs- und
Kulturministerin Limor Livnat besprach. Im Gegenzug dazu wird 2006 in Krems eine
Ausstellung des Israel-Museums gezeigt werden. Eine über Jahre aufgebaute
Kooperation gibt es bereits mit dem Holocaust-Museum in Yad Vashem, wo
österreichische Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet werden. Der Besuch im neu
eröffneten Museum von Yad Vashem bildete den Abschluss des Besuchs von
Staatssekretär Franz Morak und seiner Delegation in Israel.
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