Die Europäische Union verlegte
Sicherheitskräfte in den Nahen Osten
Gunther HAUSER
Als Mitglied des Nahost-Quartetts (EU, Russland, USA, UNO)
und als größter Geldgeber für Palästina zielt die Europäische Union auf die
Umsetzung des Fahrplans (Road Map), der gegenseitige Schritte der
israelischen Regierung und der Palästinensischen Behörde im politischen,
sicherheitspolitischen, wirtschaftlichen und humanitären Bereich sowie beim
Aufbau von Institutionen vorsieht, die zur Entstehung eines unabhängigen,
demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staates führen werden, der in
Frieden und Sicherheit Seite an Seite mit Israel und seinen anderen Nachbarn
zusammenlebt."1 Der Fahrplan für den
Nahen Osten wird seitens der EU als einzige Möglichkeit gesehen, auf dem
Verhandlungsweg zu einer Zweistaatenlösung zu kommen. Die Lösung des
arabisch-israelischen Konfliktes ist gemäß der im Dezember 2003 verabschiedeten
Europäischen Sicherheitsstrategie A Secure Europe in a Better World"
eine strategische Priorität. Die EU leitete deshalb zwei Missionen im
Nahen Osten ein eine Polizeioperation (Coordinating Office for Palestinian
Peace Support EU COPPS) und eine Grenzassistenzoperation am Grenzpunkt
Rafah (EU BAM Rafah). Mitte Juni 2004 erklärte der Europäische Rat der
EU-Staats- und Regierungschefs seine Bereitschaft, die Palästinensische Behörde
bei der Übernahme der Verantwortung bei der Durchsetzung der öffentlichen
Ordnung und der Verbesserung der palästinensischen Polizeistrukturen bzw.
Strafverfolgungsbehörden zu unterstützen. Das EU-Koordinierungsbüro zur
Unterstützung der palästinensischen Polizei es bestand zunächst aus vier
Personen - wurde am 20. April 2005 durch einen Briefwechsel zwischen dem
palästinensischen Premierminister Ahmed Kurei und dem EU-Sonderbeauftragten für
den Nahost-Friedensprozess, Marc Otte, ins Leben gerufen. Eine der ersten
Aktionen des Koordinationsbüros war die Beschaffung von vier Geländewagen mit
Bombenentschärfungseinrichtungen, die Fahrzeuge wurden von der britischen Armee
zur Verfügung gestellt.2 Mit Schreiben vom
25. Oktober 2005 hat die Palästinensische Behörde die EU ersucht, die
Polizeimission für die Palästinensischen Gebiete einzuleiten.
EUPOL COPPS diese Operation begann am 1. Jänner 2006 soll
die Palästinensische Behörde beim Aufbau eines modernen, effektiven und
internationalen Standards entsprechenden Polizeidienstes unterstützen. Die
Mission ist zunächst für drei Jahre (bis 31. Dezember 2008) festgelegt. Dafür
stehen 33 unbewaffnete EU-Experten der palästinensischen Polizei beratend zur
Seite. Die österreichische Beteiligung an der Mission ist vorerst mit 31.
Dezember 2006 begrenzt mit bis zu zwei Exekutivbeamten sowie einen
Strafrechtsexperten. Die EUPOL COOPS nimmt folgende Aufgaben wahr:
- Unterstützung der palästinensischen Zivilpolizei bei der
Umsetzung des Polizeientwicklungsprogramms durch Beratung und sorgfältige
Anleitung der Zivilpolizeikräfte, vor allem der hochrangigen Beamten auf
Bezirks-, Hauptquartier- und Ministeriumsebene.
- Koordinierung und Erleichterung der Unterstützung der EU,
der EU-Staaten und der (gegebenenfalls erbetenen) internationalen Hilfe für die
palästinensische Zivilpolizei.
- Beratung zu polizeirelevanten Belangen der Strafjustiz.3
Die zahlenmäßige Stärke sowie die Fachkompetenz des daran
teilnehmenden Personals richten sich nach diesem Auftrag. Das Personal des EUPOL
COPPS wird von den Mitgliedstaaten oder den Organen der EU bereitgestellt. Jeder
Mitgliedstaat trägt die Kosten für sein Personal, inklusive medizinische
Versorgung, Kosten der Reisen und Zulagen außer Tagegeldern.4
Diese Unterstützung der EU wird jedoch davon abhängen, inwieweit sich die
Palästinensische Behörde für eine Neuorganisation und Reform der Polizei
einsetzt und diese unterstützt."5 Bei
dieser Operation wird eine enge Zusammenarbeit zwischen EUPOL COPPS und
anderen internationalen Akteuren, die Unterstützung in Sicherheitsfragen
leisten, insbesondere dem Sicherheitskoordinator der Vereinigten Staaten und den
internationalen Akteuren, die beim palästinensischen Innenministerium
unterstützend tätig sind, (
) gewährleistet."6
Der gemeinschaftliche finanzielle Bezugsrahmen für die EU COPPS belief sich 2005
auf 2,5 Millionen Euro sowie vorerst auf 3,6 Millionen Euro für das Jahr 2006.7
Am 15. November 2005 schlossen Israel und die
Palästinensische Autonomiebehörde ein Übereinkommen über die Öffnung des
internationalen Grenzüberganges Rafah vom Gaza-Streifen nach Ägypten (Agreement
on Movement and Access). Die EU wurde dabei gebeten, als unabhängiger
Dritter eine Beobachterfunktion zu übernehmen. Der Rat der EU hat daraufhin am
25. November 2005 in einer Gemeinsamen Aktion beschlossen, die
EU-Grenzassistenzmission am Grenzüberwachungspunkt Rafah (EU Border
Assistance Mission EU BAM Rafah) ins Leben zu rufen. Die operative Phase
der EU BAM wurde am selben Tag eingeleitet. Das Übereinkommen sieht vor, dass
während eines Jahres rund 70 Beobachter den Zutritt und Verkehr an der Grenze
überwachen. Österreich plant, sich 2006 mit bis zu sechs Personen - zwei
Zollbeamte, zwei Exekutivbeamte und zwei Angehörige des Bundesheeres - an der EU
BAM in Rafah zu beteiligen. Aufgabe dieser Mission ist es, durch aktive
Beobachtung, Überprüfung und Evaluierung die Umsetzung des Übereinkommens für
den Grenzübergang Rafah zwischen der Palästinensischen Behörde und Israel zu
überwachen. Ferner soll durch Beratungstätigkeit die Fähigkeit der
palästinensischen Behörden im Management des Grenzübergangs erhöht und zur
Zusammenarbeit der palästinensischen, israelischen und ägyptischen Behörden
beigetragen werden.8 Generalmajor Pietro
Pistolese (Carabinieri) wurde zum Leiter dieser Mission ernannt.
Die EU führte Anfang 2006 in den Palästinensischen
Territorien mit 240 Beobachtern die bisher größte Wahlbeobachtungsmission durch
und unterstützte den Wahlprozess am 25. Jänner 2006 mit 18,5 Millionen Euro.9
Die Wahlen gingen jedoch zu ungunsten der Reformkräfte in Palästina aus: Bei
einer Wahlbeteiligung von 73% erreichten die radikal-islamische Hamas, deren
Ziel es ist, Israel zu vernichten, 76 der 132 Parlamentssitze. Die
reformorientierte, jedoch korrupte Fatah erreichte 43 Mandate.10
Mit diesem Sieg der Hamas sind die Chancen auf eine friedliche Lösung des
Nahostkonflikts weiter gesunken. Insbesondere der palästinensische Traum vom
eigenen Staat in den Grenzen von 1967 rückt erneut in ungeahnte Ferne. Ungewiss
ist auch der Verlauf der Kooperation mit der EU. Das Verhältnis zwischen der
islamischen Welt und Europa hat sich aufgrund der 2005 und 2006 in dänischen und
norwegischen Zeitungen veröffentlichten Karikaturen über den Propheten
Mohammed verschlechtert. Die islamische Welt reagierte mit organisierten
Attacken gegen Botschaftsgebäude von EU-Staaten auch gegen jene Botschaft des
österreichischen EU-Ratsvorsitzes in Teheran. Die EU-Mission in Palästina wurde
von aufgebrachten Demonstranten besetzt. Durch derartige Gewaltexzesse werden
auch zunehmend internationale Einsätze der EU gefährdet.
1 Aus: Gemeinsame Aktion
2005/797/GASP des Rates vom 14. November 2005 zur Polizeimission der
Europäischen Union für die Palästinensischen Gebiete, Amtsblatt Nr. L 300 vom
17/11/2005, S. 0065 0069, Punkt 1 der Einleitung.
2 Vgl.: Raffi Berg, Rebuilding the Palestinian Police, BBC
News, Published: 2005/11/30 09:33:19 GMT.
3 Aus: Aus: Gemeinsame Aktion 2005/797/GASP des Rates vom
14. November 2005 zur Polizeimission der Europäischen Union für die
Palästinensischen Gebiete, Amtsblatt Nr. L 300 vom 17/11/2005, S. 0065 0069,
Artikel 2, a-c).
4 Ebd., Artikel 8 (2) .
5 Ebd, Punkt 8 der Einleitung.
6 Ebd., Punkt 9 der Einleitung.
7 Ebd., Artikel 14 (1) und (2).
8 Vgl. EU Border Assistance Mission for Rafah Crossing Point
(EU BAM Rafah), 25. November 2005,
http://europa-eu-un.org/articles/en/article_5366_en.htm
.
9 Aus: Middle East Peace Process Speech by EU Commissioner
Ferrero-Waldner, European Parliament, Strasbourg, 19 January 2006,
http://europa-eu-un.org/articles/en/article_5579_en.htm
.
10 Wahlergebnisse aus: Wahl in Palästina, Die Presse, 27.1.2006, S. 1.
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