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Eine Friedensplattform, die dem Antisemitismus Vorschub leistet

Karl PFEIFER

Zur Vorgeschichte: Fritz Edlinger, langjähriger Vertreter der SPÖ beim Nahostkomitee der Sozialistischen Internationale, gab das antisemitische Buch „Blumen aus Galiläa" im linken Wiener Promedia Verlag Anfang 2005 heraus. Siehe David Nr. 67, Dezember 2005.

Vielleicht nicht zufällig am Jahrestag des als „Kristallnacht" bekannt gewordenen Novemberpogrom 1938 sollte 2005 an der Universität Graz eine Veranstaltung der „Gesellschaft für österreichisch-arabische Beziehungen" unter dem Titel „Palästina – selbständiger Staat oder israelische Kolonie?" stattfinden, eingeleitet und moderiert von Fritz Edlinger, dem Generalsekretär der Gesellschaft.

Das Grazer Personenkomitee Mayday richtete einen Brief an den Rektor der Universität, mit dem es gegen die Anwesenheit von Fritz Edlinger protestierte und dokumentierte sein Schreiben mit einschlägigen antisemitischen Zitaten aus dem von Edlinger herausgegebenen Buch. Die Veranstaltung wurde untersagt und erst danach wurden Medien auf dieses Buch aufmerksam.

Edlinger gab am 18.9.2005 der website Muslim Markt ein Interview, in dem er über den Autor von „Blumen aus Galiläa" sagte „Ich kenne ihn nur seit langem aus seinen Schriften und Veröffentlichungen." Er beklagte „eine derartig massive und hysterische Kampagne" wie er sie noch nie erlebt hätte. Diese angebliche „massive und hysterische Kampagne" in Österreich bestand lediglich aus wenigen Publikationen im Internet.

Nachdem Edlinger an der Grazer Universität nicht auftreten durfte, unterstellte er Ende November (Steiermark Beilage Falter 47/05 „Antisemitische Blüten"), dass die Kritiker des von ihm herausgegebenen Buches „Linke" seien, „die mit dem israelischen Geheimdienst und den Schulter an Schulter arbeiteten." So setzt Edlinger eine sonst von Stalinisten gebrauchte Diffamierungsmethode ein, um sich dann noch am 15.12.2005 im Standard über „bestimmte jüdische Journalisten" zu beschweren.

Die steirische KPÖ erklärte sich sofort bereit in die Bresche zu springen und ein Ersatzlokal zur Verfügung zu stellen. Am 25. 11. 2005 konnte die Steirische Friedensplattform einen offenen Brief gegen die Absage der Veranstaltung auf der Homepage der KP Graz platzieren, in dem es heißt: „Wir sehen es als unsere Verantwortung, auch aus der österreichischen Geschichte zu lernen und das bedeutet konkret, nicht weiter Schuld auf uns zu laden, indem wir zu den Verbrechen am palästinensischen Volk schweigen."

Aus der österreichischen Geschichte zu lernen bedeutet für die KP-nahe Friedensplattform, die Augen für Antisemitismus fest zu schließen, wenn dieser von links kommt. Aber das ist natürlich nicht alles, weil so viele Mitglieder der damaligen Volksgemeinschaft vom antisemitischen Projekt des Nationalsozialismus profitierten, sich an diesem aktiv als Täter beteiligten und die meisten anderen zuschauten, propagiert die Friedensplattform die Teilnahme an einem „antizionistischen" Projekt –diesmal mit gutem Gewissen – denn so werden die Israelis mit den Nazis gleichgesetzt und es wird zunächst impliziert, dass Israel den Palästinensern das gleiche antut, was die Volksgemeinschaft in den Jahren 1938 und bis zum letzten Moment der Befreiung tat, als noch ungarische Juden zu Gewaltmärschen gezwungen und in der Steiermark ermordet wurden.

Weiter heißt es in ihrer Erklärung: „Es hilft niemandem, wenn in 50 Jahren unsere Enkelkinder klagen und fragen: warum habt ihr damals nichts getan? Jetzt ist zu informieren, Unrecht aufzuzeigen, Landraub, Vertreibung und gezieltes Töten der Widerständigen als das zu benennen, was es ist: ein Verbrechen."

Warum wohl sollen Steirer, die es bis heute nicht einmal geschafft haben, den von Steirern noch in den letzten Monaten der Naziherrschaft 1945 ermordeten Juden würdige Denkmäler zu errichten, in 50 Jahren danach fragen, ob ihre Großeltern ihre ganze Aufmerksamkeit bei all den vielen Konflikten in der Welt ausgerechnet auf Israel und Palästina konzentriert haben?

Die Frage, weshalb von all den blutigen Konflikten im Nahen Osten fast ausschließlich der israelisch-arabische Konflikt wahrgenommen und ausgerechnet der jüdische Staat oft untergriffig und ungerecht angegriffen wird, kann man nur beantworten, indem man die ideologisch auf Israel Fixierten mit der Realität des Nahen Ostens konfrontiert. Leider sind die meisten dieser Menschen resistent gegenüber der Realität. „Antizionisten" zeichnet zumeist selektive Wahrnehmung aus. Kurz und bündig: Der steirischen Friedensplattform geht es um Opfer-Täter-Umkehr.

Und schon kommen wir zu ihrer nächsten Unwahrheit:

„Nachrichten über die Situation in Palästina haben nicht viel Platz in unseren Medien."

Auch das weist auf Realitätsverweigerung hin. Über keinen anderen Konflikt wird so viel berichtet (und leider oft so parteiisch) wie über den Konflikt Israel/Palästina.

Ich versuchte näheres über diese Steirische Friedensplattform herauszufinden, die diesen Aufruf unterzeichnete. Leider steht auf ihrer Homepage unter der Rubrik „über uns", dass die Seite sich im Aufbau befindet.

Bei näherer Betrachtung ihrer Publikationen fällt ihre Nähe zur Grazer KPÖ auf. Freilich war schon die Friedensbewegung während der Existenz der Länder des „realen Sozialismus" eine Frontorganisation der KPÖ, deren Ziel es war, auch und gerade Menschen aus anderen weltanschaulichen und politischen Lagern zu mobilisieren. Ein Blick in ihre Homepage genügt, um festzustellen: Zentrales Thema der Steirischen Friedensplattform ist der israelisch-arabische Konflikt.

Sie sind auf Israel und die USA fixiert. Antisemitismus in ihren eigenen Reihen nehmen sie nicht wahr. Wie ein Mantra wiederholen sie, dass Antisemitismus nur bei Rechtsextremisten zu finden ist und es links keinen Antisemitismus gibt und geben kann.

Da sich Fritz Edlinger von dem von ihm herausgegebenen Buch, das er noch ein paar Monate zuvor lobte, wegen seines antisemitischen Inhaltes distanzierte, konnte es im Dezember 2005 doch noch zu einer Diskussion an der Grazer Universität zwischen ihm und Prof. Helmut Konrad kommen.

Ein Herr Al –Hussein Waleed, vom Verein Palästina (Steiermark), publizierte nach dieser Diskussion einen offenen Brief und warf Prof. Konrad unter anderem vor:

„Ihre Ressentiments gegenüber dem palästinensischen Volk waren unüberseh- und unüberhörbar! Wie sonst lässt sich erklären, dass Sie keinen einzigen Satz darüber verlieren, wie wichtig Veranstaltungen über die Lage in Palästina auf der Uni sind? Wie erklären Sie, dass sie über das traurige Schicksal eines jüdischen Professors an der Karl-Franzens-Universität sprechen, aber kein einziges Wort für das Schicksal des palästinensischen Volkes finden?"

Der Brief schließt mit folgenden Sätzen: „Die Lage unseres Volkes ist so dramatisch, dass bereits ein Nicht-Einnehmen einer solidarischen Position als zustimmendes Schweigen gewertet werden kann.

Genug Palästinenser haben an jenem Abend ihre Worte registriert. Im Namen der palästinensischen Gemeinde hier in Graz und Steiermark verlangen wir Ihre Entschuldigung."

Die palästinensische Gemeinde in Graz hat damit einen neuen Akzent in der politischen Kultur gesetzt, sie glaubt einem Professor implizit drohen zu müssen.

Die Steirische Friedensplattform erklärte zwar in ihrem Brief vom 23.11.05 „Wir sind gegen Antisemitismus, gegen Faschismus und gegen jede Art von Rassismus!"

Wie das jedoch in der Praxis ausschaut, fand ich auf einer Grazer Homepage. Unmittelbar über einem Aufruf der Steirischen Friedensplattform für eine Palästinaveranstaltung steht seit mehr als zwei Jahren folgende Eintragung:

„spiral_23 obwohl sie diese jedem anderen vorhalten um noch ein paar dollars rauszuquetschen - ridicolous ! gestern wurde den hebrews wieder

einmal der arsch im un sicherheitsrat gerettet - durch ein veto des selbsternannten wer nicht für uns ist- ist für den terror faschoregimes in

den USA !"

spiral_23 bringt in der anscheinend unter den Genossen üblichen Sprache das zum Licht, was man in der Theorie leugnet. Nämlich den ganz gewöhnlichen Antisemitismus: Die Juden lernen nicht aus der Lektion, die ihnen die nationalsozialistisch geprägte deutsch-österreichische Volksgemeinschaft gab, die Juden lernen nicht aus der Geschichte – und sie erdreisten sich „diese jedem anderen vorhalten um noch ein paar Dollars rauszuquetschen."

Die Fokussierung auf diesen einen Nahostkonflikt und die fast totale Vernachlässigung anderer Konflikte, die ganz andere Dimensionen haben, wie sie charakteristisch für einige Gruppen nicht nur in Graz ist, wirft Fragen auf, was diese einseitige emotionalisierten Stellungnahmen für die vermeintlichen Interessen der Palästinenser motiviert.

Wenn nämlich stimmt, was sie behaupten, dass ihre Konzentration auf den Konflikt Israel/Palästina nur vom Mitleid und Mitgefühl für die Leiden der Palästinenser motiviert ist, wieso gibt es kein Mitleid, keine Solidarität für die vielen anderen Verfolgten, Vertriebenen und Unterdrückten im Nahen Osten?

Wieso wird von diversen „Antizionisten" der perverse Vergleich der palästinensischen Lage mit dem Holocaust gezogen? Und weshalb wiederholen sie immer wieder den Vorwurf, Israel würde an den Palästinensern einen Völkermord begehen? Jede zuverlässige Statistik zeigt das hohe Bevölkerungswachstum auf. Doch diejenigen, die überschwänglich Partei ergreifen, wünschen nicht mit Statistiken oder der Realität verwirrt zu werden.

Kürzlich beschwerten sich „Ärzte ohne Grenzen", dass humanitäre Katastrophen von Europa nur sehr beschränkt wahrgenommen werden und erwähnten dabei auch den Sudan.

Ende 2005 erschoss die ägyptische Polizei 26 sudanesische Flüchtlinge vor einem Gebäude des UNHCR in Kairo, die zu einer Gruppe sudanesischen Flüchtlingen gehörten, die verlangten in ein anderes Land gebracht zu werden u.a. auch weil sie unter ägyptischen Alltagsrassismus litten. Das hat kaum eine Reaktion ausgelöst. Warum wohl?

Die Friedensplattform, hat – wie in den „guten alten Zeiten" des „realen Sozialismus" – die Welt in zwei geteilt, auf der einen Seite sind die unterdrückten Völker und auf der anderen Seite die Unterdrücker. Wenn die islamistische Regierung in Khartum zu den „unterdrückten" gehört, dann gehören ihre Opfer notwendigerweise zu den Unterdrückern, auch da eine klassische Opfer-Täter Umkehr.

Es sind diese einfältigen Vereinfachungen, auf die man dann eine breite „Volksfrontbewegung" aufbauen kann, und dabei spielt die Verteufelung Israels keine geringe Rolle. Das liest sich unter dem Titel „ISRAEL" dann so:

„Die US-Regierung unter Bush jun. führte mit diesem Krieg den Totentanz im Nahen Osten fort,

den Vater Bush 1990 im Duett mit der israelischen Regierung eröffnet hatte."

Wieder einmal leistet die Friedensplattform tüchtig Realitätsverweigerung.

Israel hat sich weder am ersten noch am zweiten Irakkrieg beteiligt. Während des ersten Irak-Kriegs wurde Israel mit irakischen Raketen beschossen und getroffen. Doch was macht das schon, wenn die Plattform ein Duett unterstellt, das es nicht gab, während sie nicht erwähnt, dass Syrien sich im ersten Irak-Krieg auf die Seite der Alliierten stellte.

Wenn wir der Logik der Plattform weiter folgen, dann ist „die 2. Intifada mit ihren Selbstmordattentaten" lediglich die Kehrseite, denn „Israel hat den Friedenswillen der PalästinenserInnen mit Füßen getreten." Wer aber nur die israelischen Versäumnisse nach den Vereinbarungen von Oslo erwähnt, und kein Wort über die palästinensischen sagt, der wird der komplexen Realität dieses Konflikts nicht gerecht.

Im Human Development Report der Vereinten Nationen 2005 finden wir auch die für die Palästinensische Autorität (PA) gültige Feststellung: „Die Entwicklungshilfe hat die menschliche Entwicklung nicht immer auf positive Weise unterstützt, zum Teil aufgrund von Fehlern und Versäumnissen auf Empfängerseite und zum Teil, weil die Geberländer zugelassen haben, dass strategische Überlegungen die Oberhand über Entwicklungsanliegen gewinnen."

Manchmal hat diese positive Diskriminierung der PA skandalöse Dimensionen. Die PA wurde nämlich bevorzugt ohne jede Beziehung zu ihrer Situation oder ihren Bedürfnisse. Macht es einen Sinn, solch umfangreiche Hilfe zu gewähren, wenn die PA kein Zeichen gibt, diese Hilfe effektiver zu verwenden? Die der PA gewährte Finanzhilfe hat in Wirklichkeit ihre Entwicklung gehindert.

Der Bericht widerspricht den voreingenommenen Warnungen vor wirtschaftlichen und gesundheitlichen Katastrophen auf dem Gebiet der PA, denn er teilt die 177 Länder in drei Kategorien der menschlichen Entwicklung, und zwar in Hohe, die entwickelten Länder, in Mittel, die Länder im Mittelfeld und die schwachen Länder in der Kategorie Niedrig. Die PA ist im mittleren Feld und vor den meisten arabischen Staaten eingereiht.

Die PA befindet sich auf dem siebenten Platz von 103 Entwicklungsländern im Armutsindex des Berichts, gleichstehend mit Singapur, Kuba und Kolumbien und ist in einer besseren Situation als Ägypten und Saudi Arabien.

In den Jahren nach Oslo, so der oben erwähnte Bericht der Vereinten Nationen „waren in den besetzten palästinensischen Gebieten gewisse Verbesserungen bei der menschlichen Entwicklung zu verzeichnen." Ohne Intifada wäre die Situation der PA wesentlich besser, denn die vier Jahre Gewalt haben die Armutsrate mehr als verdoppelt.

Natürlich ist die PA verantwortlich für die sich fortsetzenden Misserfolge, für die Korruption, die verschwendeten Spenden und den Mangel an Transparenz. Hätten Arafat, Abu Mazen und Co die seit 1994 erhaltene Hilfe rational eingesetzt, durch Entwicklung der Industrie- und Tourismus-Infrastruktur und hätten sie die finanzielle Unterstützung terroristischer Organisationen die sie als „Aufrechterhaltung von Sicherheitskräften" verstecken, gestoppt, dann hätten sie viele Arbeitsplätze geschaffen und jeder Palästinenser hätte einen Arbeitsplatz und ein sicheres Einkommen.

1948 gab es 650.000 – 750.000 arabische Flüchtlinge aus dem Gebiet des Staates Israel. Heute zählt man ungefähr vier Millionen „palästinensische Flüchtlinge", deren überwiegende Mehrheit bereits in dritter und vierter Generation außerhalb Israels lebt.

Die UNRWA unterstützt zum Beispiel im Libanon, Menschen als „palästinensische Flüchtlinge", deren Großeltern bereits im Libanon geboren worden sind. Ein großer Teil dieser dort geborenen Menschen vegetiert in Flüchtlingslagern, hat kein Recht im Libanon zu arbeiten und kann nicht die Staatsbürgerschaft seines Geburtslandes erhalten.

Anstatt für deren Rechte einzutreten, fordert die Plattform ihre Rückkehr nach Israel, was in der Praxis die Zerstörung des jüdischen Staates bedeuten würde. Wer diese Forderung erhebt, will bewusst oder unbewusst den tragischen Konflikt prolongieren.

Es gibt in der Welt viele Millionen Flüchtlinge, doch die UNO erkennt sonst nirgendwo Menschen, die in der dritten und vierten Generation bereits in einem Land leben, als Flüchtlinge an. Gerade dieses Beispiel zeigt, wie parteiisch die Vereinten Nationen Flüchtlinge behandelt.

In den antiisraelischen Pamphleten der Steirischen Friedensplattform findet man Täter-Opfer-Umkehr, Antiamerikanismus, Feindschaft gegen Israel und Schuldabwehr. Sie tun dies, um sich die schmerzliche Auseinandersetzung mit der eigenen Gesellschaft zu ersparen.

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