„Für Toleranz und Gastfreundschaft!" Ein nettes, wenngleich
ziemlich abgeschmacktes Motto für eine Demo, klingt es doch nach dem üblichen
Gutmenschentum, das sich in diesem Land vor allem dann öffentlich artikuliert,
wenn gerade mal wieder ein rassistisches oder antisemitisches Verbrechen es
aufgrund seiner von der alltäglichen Norm abweichenden Größenordnung auf die
Hauptseiten der Zeitungen geschafft hat. Pustekuchen: Der Ideengeber ist nämlich
die NPD Saar.
Fast könnte man meinen, die braunen Burschen seien unbemerkt
zu ausländerfreundlichen Gastgebern mutiert. Doch was dem oberflächlichen
Betrachter wie ein Sinneswandel anmuten mag, hat seinen Grund vielmehr in den
Gästen: der iranischen Nationalmannschaft. Deren Präsident hat sich in den
letzten Monaten bekanntermaßen zum Star der Neonaziszene gemausert. Mit seinen
Provokationen im Atomstreit mit den USA, den mehrfach wiederholten Tiraden gegen
die Existenz Israels und der Anzweiflung des Holocausts konnte Mahmud
Ahmadinejad auch hierzulande einige neue Fans gewinnen, die für gewöhnlich keine
großen Freunde seiner - oder überhaupt „fremder" - Landsleute sind.
Nach der Ankündigung, im Iran eine Konferenz zur Untersuchung
von Ausmaß und Faktizität des Holocausts organisieren zu wollen, zu der so
renommierte „Experten" wie der Nazi-Anwalt Horst Mahler und der
Pseudo-Historiker David Irving eingeladen wurden, wollte das iranische
Staatsoberhaupt – ein überzeugter Anhänger des Rasenballsports - nunmehr nach
Deutschland reisen, sollte seine Mannschaft es bis ins Achtelfinale schaffen.
Als Vorhut entsandte er seinen Stellvertreter Mohammed Aliabadi zu den
Gruppenspielen.
Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt war von dem angekündigten
Besuch begeistert und nahm dies zum Anlass, die Völkerfreundschaft mit den
Worten „Wir begrüßen zudem die ausländischen Gäste und deren
Nationalmannschaften in Deutschland. National denkende Menschen aller Völker,
die stolz auf ihr Land sind, verstehen sich untereinander" zu beschwören.
Natürlich vergaß er nicht, dabei zu betonen, dass die Gastfreundschaft lediglich
aufgrund ihrer zeitlichen Befristung eine solche ist: „Im Gegensatz zu den
Ausländern, die sich hier niederlassen und unser soziales Netz zerstören, kommen
sie als Gäste."
Ausschlaggebend für die pro-iranischen Sympathien der Nazis
sind jedoch vor allem antisemitische und antiamerikanische Ressentiments, die
der Mann aus Teheran so ungezwungen bedient, wie sie es nur bedingt können. So
erklärt sich auch, dass Voigt bei seinen Angriffen auf deutsche
Regierungsvertreter sein Herz für die gepeinigten Völker dieser Erde entdeckt:
„Warum thematisieren sie nicht die allgegenwärtigen Morde und Vertreibungen der
Israelis an den Palistinänsern (sic!), wenn ein israelischer Staatschef die BRD
besucht? […] Was gibt den Amerikanern das Recht, weiter zu morden und zu
foltern, die Völker Lateinamerikas zu bevormunden und die Afrikaner um ihren
Reichtum an Bodenschätzen zu betrügen und gleichzeitig mit den Fingern auf den
Iran zu zeigen?"
Dies weckt Erinnerungen an Skinhead-Demos der letzten Jahre,
auf denen Palästinensertücher oder T-Shirts mit den Konterfeis von Saddam
Hussein und Osama bin Laden und der Aufschrift „Mein Freund ist Ausländer"
getragen wurden. Unvergessen sind auch die zahlreichen Aufmärsche von Freien
Kameradschaften und NPD bei Friedensdemonstrationen gegen die
US-Militärinterventionen in Afghanistan und im Irak. Wohl am deutlichsten
begründete der damalige „Stabschef" vom Kampfbund Deutscher Sozialisten, Thomas
Brehl, die Affinität der Rechten zu nahöstlichen Diktatoren und Terroristen.
„Der Irak ist für uns von besonderer Bedeutung, weil mit Saddam Hussein an der
Spitze des Irak ein Mensch steht, der uns schon in einigem an unseren Führer
Adolf Hitler erinnert, der dieser gewaltigen Übermacht Amerikas trotzt, der
nicht bereit ist, in die Knie zu gehen." Andere weitaus repräsentativere
Rechtsradikale wie Jörg Haider und Jean-Marie Le Pen pflegten persönlichen
Kontakt zum einstigen Machthaber im Zweistromland. Schon während der Golfkrise
1990/91 hatten deutsche Neonazis vor Fernsehkameras dem irakischen Diktator ihre
moralische Unterstützung im Kampf gegen Israel ausgesprochen. In der Tat gibt es
auch historische Vorbilder für derart merkwürdige Allianzen: der vom Dritten
Reich unterstützte antibritische und antijüdische Putsch im Irak im Jahr 1941,
auf den auch Saddam Husseins Baath-Partei sich positiv bezog, sowie die
Zusammenarbeit des persischen Shah mit Hitler.
Im Geiste dieser Tradition wollten die antisemitischen
Kapitalismuskritiker vor dem WM-Spiel Iran gegen Portugal „in der Stadt der
Börse und der Banken, dem Jerusalem am Main" demonstrieren, „dass uns
wahrheitsliebende und völkische Iraner zu Gast willkommen sind." Dann kam jedoch
das Verbot durch die Frankfurter Stadtverwaltung. Überraschend verzichtete der
Anmelder Marcel Wöll von der hessischen NPD darauf, hiergegen Rechtsmittel
einzulegen.
Eine Gruppe iranischer Studenten sammelte indessen über 1000 Unterschriften
für einen Protestbrief an die NPD: „Wir widersetzen uns jedem Versuch, dass wir
Iraner als Verbündete einer Partei beansprucht werden, die den Holocaust
verharmlost und sich nicht entschieden gegen Antisemitismus und
Ausländerfeindlichkeit ausspricht, sondern diese duldet oder gar fördert." Dass
die heutigen identifikatorischen Projektionen deutscher Neonazis in Bezug auf
das iranische Regime hingegen kaum abwegig sind, macht einmal mehr die Reaktion
des iranischen Botschafters Mohammad Mehdi Akhundzadeh auf einen an ihn
gerichteten Brief der iranischen studentischen Antifaschisten mit der
Aufforderung „die Abneigung aller Iraner rassistischen Gruppierungen gegenüber"
zu verkünden, deutlich. Seine Exzellenz hüllt sich bislang in Schweigen.