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Auch die Islamisten meinen es ernst

Karl PFEIFER

Jede Woche erscheinen Dutzende Bücher über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust und noch immer gibt es wenig bekannte Aspekte. Der 1947 geborene Jeffrey Herf, Professor für neuere deutsche und europäische Geschichte an der Universität Maryland, untersuchte eine bislang wenig erforschte Frage, wie und warum die Nazi-Propaganda bis Kriegsende „die Juden" als Hauptfeind Deutschlands betrachtete und ihnen unterstellte, sie wollten Deutschland „vernichten". Unter dem Titel „The Jewish Enemy Nazi Propaganda during World War II and the Holocaust" publizierte Harvard University Press diesen Sommer Herfs gründliche Schilderung der paranoiden, antisemitischen Darstellung des Weltkriegs durch die Nazi. Er beweist, dass die Politik des „Dritten Reiches" von der Verfolgung bis zur Vernichtung der Juden von einer Radikalisierung der öffentlich gebrauchten Sprache begleitet wurde.

Herf macht darauf aufmerksam, dass nur wenige von Hitlers Gegnern daran geglaubt haben, dass er seine Drohungen, die Juden zu vernichten, ernst meinte und auch verwirklichen werde. Viele waren der Meinung, dass seine Äußerungen lediglich zynische Bemerkungen eines opportunistischen Politikers seien. Doch Hitler und seine Spießgesellen glaubten fest an die „jüdische Weltverschwörung" und begründeten damit ihre Drohung, die Juden zu vernichten. Gerade weil sie daran festhielten, dass „die Juden" hinter den Kulissen die Weltpolitik beherrschten, konnten sie sich und anderen alle Wendungen des Kriegsgeschehens „erklären".

Herf belegt Parallelen der nazistischen und radikal islamischen Weltanschauung und geht im Detail auf die Tätigkeit des Amin el Husseini ein, der nationalsozialistischen Vernichtungsantisemitismus mit islamischem Fundamentalismus verband. Als wichtigstes religiöses Oberhaupt der palästinensischen Muslime und Mufti der drittheiligsten Stätte des Islams hatte er großen politischen Einfluss, auch auf Muslime außerhalb Palästinas. El-Husseini gelang es während des Aufstandes 1936-39, seine politischen Gegner, meistens durch Gewalt, auszuschalten und eine der wichtigsten Integrationsfiguren der arabischen Nationalisten zu werden. Noch heute wird er von vielen Arabern als Held betrachtet. El-Husseini war den Nazis nicht nur behilflich, Freiwillige für muslimische SS-Hilfsdivisionen in Bosnien zu rekrutieren, sondern er rief während seines Aufenthaltes in Deutschland auch öffentlich dazu auf, Juden zu ermorden.

Während der Aufstand in Palästina noch andauerte, gelang es dem Mufti im Oktober 1937 unter den Augen der Briten aus Jerusalem in den Libanon zu entkommen, zwei Jahre später floh er in den Irak. Dort fand er schnell Kontakt zu einflussreichen deutschfreundlichen Militärs und Politikern. Mit Unterstützung des Mufti putschten diese am 1. April 1941. Auch in diesem Fall war der antibritische Aufstand mit einem direkten Angriff auf Juden verbunden. In Bagdad brach am 1. Juni ein Pogrom gegen die jüdische Gemeinde los. Die Übergriffe dauerten zwei Tage an und kosteten 110 Juden das Leben. Außerdem gab es 240 Verwundete, 86 geplünderte jüdische Läden und Werkstätten sowie 911 zerstörte Häuser und Wohnungen. In der Folge wurde die irakische Armee von den Briten zügig geschlagen und der Mufti und seine Freunde setzten sich in den Iran ab, von wo sie nach einigen Wochen über die Türkei nach Italien flohen. Amin el Husseini nahm bereits am 6. November 1941 Quartier in Berlin. Am 28. November wurde er von Hitler empfangen. Nach den ersten Begrüßungsformeln kam dieser auf das Thema zu sprechen, das seinem Gast ganz besonders am Herzen lag: „Deutschland trete für einen kompromißlosen Kampf gegen die Juden ein", führte Hitler aus. „Dazu gehöre selbstverständlich auch der Kampf gegen die jüdische Heimstätte in Palästina, die nichts anderes sei als ein staatlicher Mittelpunkt für den destruktiven Einfluß jüdischer Interessen." Anschließend dozierte er über die aktuelle militärische Lage und betonte, dass das eigentliche deutsche Ziel im Orient „die Vernichtung des im arabischen Raum unter der Protektion der britischen Macht lebenden Judentums" sei. Der Mufti bedankte sich und äußerte, er habe volles Vertrauen in das deutsche Vorgehen. [ Siehe Abbildung oben]

Am 28. April 1942 bat el Husseini den Reichsaußenminister offiziell um deutsche Unterstützung für die „Beseitigung der jüdisch-nationalen Heimstätte in Palästina" und hielt eine Rundfunkrede, in der er sagte: „Bevor dieser Krieg entbrannte und die Achsenmächte um der englisch-jüdischen aggressiven Habgier Einhalt zu bieten zu den Waffen griffen, stand da ganz allein ein Volk, das bereits über 20 Jahre vor Ausbruch dieses Krieges den Kampf gegen England und die Juden aufgenommen hatte. Dieses Volk ist unser arabisches Volk. Gegen die Engländer und die hinter ihnen versteckten Juden...führt das arabische Volk [...] einen rastlosen Kampf [...] Zu diesem Zweck hat das arabische Volk sein edles Blut nicht geschont. Das vergossene Blut der Märtyrer ist das Wasser des Lebens. Es hat den arabischen Heldenmut weiter gestärkt, wie ein trockener Boden durch das Wasser wieder auflebt. Der Märtyrertod ist der Schutzbaum, in dessen Schatten Wunderpflanzen wieder aufblühen." Des weiteren rief er die Araber auf, an der Seite der Achsenmächte zu kämpfen. Denn: „Die jüdische Raubgier beschränkt sich nicht auf Palästina allein, sondern Israel begehrt die übrigen arabischen Länder [...] Werden aber Großbritannien und seine Alliierten, wie erwartet und ersehnt, den Krieg verlieren, so wird die jüdische Gefahr für die arabischen Länder beseitigt ... "

Tatsächlich bestand nur in einem Punkt zwischen Nationalsozialisten und ihren arabischen Gesprächspartnern weitgehendes Einverständnis: in der „Judenfrage" und dem Antisemitismus. Im Februar 1941 bezeichnete es das Oberkommando der Wehrmacht als Vorteil, dass „wir den Arabern keine nur „erträgliche" Regelung der Judenfrage in Palästina zu versprechen brauchen, sondern mit gutem Gewissen den Arabern auf diesem Gebiet jede Konzession machen können." Hinter dieser Formulierung verbarg sich im Kern die Ausweitung des Holocaust auf Palästina, die Ribbentrop als „Beseitigung der jüdisch-nationalen Heimstätte" bezeichnete. Entsprechende Pläne waren, wie die neueste historische Forschung zeigt, aktualisiert worden und vor allem der Mufti Amin el-Husseini war aktiv in entsprechende Vorbereitungen verstrickt. Konkrete Daten über eine Einsatzgruppe, die in Palästina hätte tätig werden sollen, liegen vor. Immerhin ist neben seinen vielfältigen Kontakten auch eine direkte Kommunikation des Mufti mit dem Judenreferat des RSHA nachweisbar. Kurze Zeit nach seinem ersten Zusammentreffen mit Himmler stattete el-Husseini dem Referatsleiter IV B 4, Obersturmbannführer Adolf Eichmann einen Besuch ab. Bei dieser Gelegenheit vermittelte Eichmann seinem höchst beeindruckten Zuhörer anhand zahlreicher Statistiken und Karten einen intensiven Einblick in den Stand der „Lösung der europäischen Judenfrage" durch das Dritte Reich. Der Mufti seinerseits teilte ihm mit, er habe bereits eine Zusage Himmlers erhalten, dass nach dem Sieg der Achsenmächte einer der Judenberater aus Eichmanns Referat mit ihm nach Jerusalem kommen solle, um die dort virulenten Fragen praktisch anzugehen. Eichmann, der von der Person des Mufti offenbar sehr eingenommen war, traf ihn in der Folge noch mehrere Male.

Die Einnahme Tobruks durch den Afrikakorps unter der Führung von Erwin Rommel und der Vormarsch bis 100 km vor Alexandria im Juni 1942 wirkte sowohl für das RSHA als auch für el-Husseini als Startsignal für die Konkretisierung des Vernichtungsvorhabens. Zum Glück für die Menschheit wurde der Plan, den Nahen Osten durch eine Zangenbewegung von Nordafrika auf der einen und vom Kaukasus auf der anderen Seite unter deutsche Kontrolle zu bringen, von den Alliierten Armeen vereitelt.

Am 6.5. 1943 richtete der Mufti einen langen Brief an den bulgarischen Außenminister, in dem er ihn auf „die jüdische Gefahr für die gesamte Welt" aufmerksam machte und die Achsenmächte wegen ihrer antijüdischen Maßnahmen lobte. Aus einer Erklärung im britischen Unterhaus, habe er erfahren, „dass die Verhandlungen mit der bulgarischen Regierung zur Auswanderung von 4000 jüdischen Kindern und ihrer 500 erwachsenen Begleiter geführt haben, und dass sie nach Vollendung der Vorbereitung die Reise nach Palästina antreten werden."

El-Husseini beendete seinen Brief mit der Bitte die Ausreise der jüdischen Kinder nicht zu gestatten, und diese lieber nach Polen zu schicken, denn „die Auswanderung der Juden nach den arabischen Ländern und insbesondere nach Palästina" verstoße „gegen die wichtigsten Lebensinteressen des arabischen Volkes, das in jeder Hinsicht an der Seite der Achse und ihrer Verbündeten steht". Ausserdem kämen die Juden ihrem Ziele „der Errichtung eines jüdischen Nationalstaates", was von England, Amerika und Russland unterstützt werde, näher.

„Ich möchte mir erlauben, Ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass es sehr angebracht und zweckmäßiger wäre, die Juden an der Auswanderung aus Ihrem Land zu hindern, und sie dorthin zu schicken, wo sie unter starker Kontrolle stehen, z.B. nach Polen. Damit entgeht man ihrer Gefahr und vollbringt eine gute, dankbare Tat dem arabischen Volk gegenüber..."

Ähnliche Schreiben richtete der hohe muslimische Würdenträger auch an die Regierungen Ungarns und Rumäniens.

Der Mufti hielt anlässlich der Eröffnung des Islamischen Zentralinstituts in Berlin 1942 eine Rede, in der er einerseits islamisch-fundamentalistisch argumentierte: „Zu den erbittertsten Feinden der Muslime, die ihnen seit altersher Feindseligkeit bekundet und allenthalben mit Tücke und List begegneten, gehören die Juden und ihre Helfershelfer." Anderseits war er nicht nur ein religiöser Eiferer. Um Judenhass zu verbreiten, griff er immer wieder auf die zentralen antisemitischen Stereotypen der NS-Ideologie zurück, wie eine andere Passage dieser Rede zeigt: „In England sowohl wie in Amerika herrscht nur der jüdische Einfluß, es ist derselbe jüdische Einfluß, der hinter dem gottlosen Kommunismus steht, welcher allen Religionen und Grundsätzen abhold ist; er ist es, der die Völker auch in diesem zermürbenden Kriege aufeinander gehetzt hat, deren tragisches Schicksal allein den Juden zugute kommt. Die eingefleischten Feinde der Muslime sind die Juden und ihre verbündeten Engländer, Amerikaner und Bolschewisten."

Die Nazis unterstellten den Juden die Taten, die sie selbst an den Juden begingen. Am 24. Dezember 1941 erschien in der zweiwöchentlich erscheinenden „Die Judenfrage" der Aufsatz „Jüdische Pläne zur Vertreibung der Araber aus Palästina". Die [Pläne], „die Araber aus Palästina auszuweisen, um sie in unfruchtbaren Wüstengegenden Arabiens dem sicheren Hungertode preiszugeben, sind zwar so ungeheuerlich, daß man ihre Verwirklichung kaum glauben kann, sie sind aber kennzeichnend für die skrupellose Gesinnung, die dem Weltjudentum und der Plutokratie gemeinsam ist", 2. April 1942.

Heute versucht man die Kollaboration des Mufti zu verharmlosen und im Gegenzug Zionisten zu beschuldigen, sie hätten mit dem „Dritten Reich" zusammengearbeitet. Als Beweis dafür bringen „Antizionisten" die Tatsache, dass die Jewish Agency das Haavara-Abkommen mit Deutschland geschlossen hatte und es ihr gelang, 60.000 Juden aus dem Dritten Reich bis 1939 nach Palästina zu bringen und ihr Leben damit zu retten. Doch am prinzipiellen Antizionismus der Nationalsozialisten änderte das nichts.

Fünfundsechzig Jahre später, Anfang des 21. Jahrhunderts, werden die alten Stereotypen gegen Juden immer noch in der arabischen und islamischen Welt verbreitet, allerdings begleitet von dem „Argument", dass Araber gar keine Antisemiten sein können, seien sie doch selbst Semiten.

Arabische und islamische Politiker und Medien versuchen das Überleben eines jüdischen Staates im Nahen Osten mit einer jüdischen Weltverschwörung zu erklären, deswegen auch der außerordentliche Erfolg der Protokolle der Weisen von Zion in islamischen Ländern. In TV-Filmen werden Juden Ritualmorde unterstellt, der Zionismus wird mit Rassismus gleichgestellt und es wird sogar behauptet Israel begehe einen Völkermord an den Palästinensern, während Holocaustleugnung in den meisten dieser Staaten weit verbreitet ist. Kein Wunder, wenn Neonazis in Europa sich davon ermuntern lassen und durch die Holocaustleugnung des iranischen Präsidenten tatkräftige Hilfe erhalten, denn der Iran bietet diesen die Möglichkeit, ihre Thesen zu verbreiten.

Wollten die meisten Gegner seinerzeit Hitler und den Nazis ihre Drohungen nicht glauben, so wiederholt sich diese Haltung bei vielen Europäern, die allerlei „Entschuldigungen" für die Verbreitung eines aggressiven Antisemitismus in der arabischen und islamischen Welt finden. Es gehört bei vielen Linken und Liberalen zum guten Ton, die Vernichtungsdrohungen zu bagatellisieren, denn sie passen nicht in das Konzept des eigenen humanen Denkens. Da wird aber auch scheinheilig behauptet, dass die angedrohte Auslöschung Israels sich „nur" gegen einen Staat richtet. Doch die arabische Feindschaft richtet sich nicht nur gegen die jüdische Souveränität, sondern gegen die Anwesenheit der Juden als solche im Heiligen Land, sie richtet sich nicht nur gegen „das zionistische Projekt", sondern will auch seine Menschen verschwinden lassen. Obwohl bereits zwei arabische Nachbarn einen mehr oder weniger „kalten" Frieden mit Israel geschlossen haben, bleibt der jüdische Staat der einzige der Welt, den man mit Auslöschung bedroht.

Weitere Literaturhinweise:

Jeffrey Herf:, Hg. Gerhard Höpp: „Briefe, Memoranden, Reden und Aufrufe Amin al- Husainis 1940-1945, Klaus Schwarz Verlag Berlin, 2. Auflage 2004

Klaus Gensicke: Der Mufti von Jerusalem, Amin el-Husseini, und die Nationalsozialisten, Peter Lang Verlag, 1988

Klaus-Michael Mallmann / Martin Cüppers: „Beseitigung der jüdisch- nationalen Heimstätte in Palästina" Das Einsatzkommando bei der Panzerarmee Afrika 1942 und Frank Bajohr: „Im übrigen handle ich so, wie mein Gewissen es mir als Nationalsozialist vorschreibt". Erwin Ettel – vom SS-Brigadeführer zum außenpolitischen Redakteur der ZEIT. Beide Beiträge in Jürgen Matthäus / Klaus-Michael Mallmann (Hrsg) Deutsche, Juden, Völkermord / Der Holocaust als Geschichte und Gegenwart, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2006

Ralf Balke: Die Landesgruppe der NSDAP in Palästina

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