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Der Schlesingerplatz in Wien-Josefstadt wurde umbenannt

Tina WALZER

Ende Juli 2006 wurde der Schlesingerplatz im 8. Wiener Gemeindebezirk umbenannt – in: Schlesingerplatz. Die Fläche ist nun der jüdischen Politikerin, Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Therese Schlesinger gewidmet. Sie war bis dahin nach dem als Antisemit bekannten Professor für Mathematik und Rektor der k. u. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien, Josef Schlesinger (1831-1901) benannt.

Der Schlesingerplatz ist in allererster Linie bekannt als Sitz der Bezirksvorstehung Josefstadt. Nach wiederholter Kritik an der Benennung des Platzes entschloß sich die Kulturkommission des Wiener Gemeinderates, einem Antrag der Grünen an die Bezirksvertretung vom November 2003 Rechnung zu tragen und benannte am 21. Februar 2006 die Fläche nach der sozialdemokratischen Politikerin und Kämpferin für die Frauengleichberechtigung Therese Schlesinger um. Ende Juli wurde eine entsprechende zusätzliche Straßentafel angebracht.

Seit kurzem prangt neben der altbekannten Straßentafel des Schlesingerplatzes ein Zusatz, der über die Lebensdaten der namengebenden jüdischen Politikerin und Frauenrechtskämpferin Therese Schlesinger informiert.
Foto: Mit freundlicher Genehmigung der Bezirksvorstehung Josefstadt

Josef Schlesinger, Reichsratsabgeordneter der Christlichsozialen Partei (1891 - 1901) und Wiener Gemeinderat (1895 - 1901) unter Bürgermeister Dr. Karl Lueger, trat durch besonders aggressive antisemitische Rhetorik hervor. Karl Kraus kritisierte Schlesingers Antisemitismus als Plagiat des britischen Vorreiters der Theorie von der „Rassenreinheit", Houston Stewart Chamberlain (1855-1927).

Therese Schlesinger, Tochter eines freisinnigen jüdischen Papierfabrikanten und Erfinders, Schwester des Journalisten Gustav Eckstein, des Universalgelehrten Friedrich Eckstein und der Feministin Emma Eckstein, wurde am 6.6.1863 in Wien geboren. Ab 1894 arbeitete sie eng mit Auguste Fickert im Zentrum der radikalen bürgerlichen Frauenbewegung, dem Allgemeinen Österreichischen Frauenverein, zusammen, 1897 trat Therese Schlesinger der Sozialdemokratischen Partei bei. Im gleichen Jahr wurde sie zur ersten sozialdemokratischen Frauenreichskonferenz delegiert, 1899 Mitglied des Frauenreichskomitees. Auf Parteitagen und Frauenkonferenzen trat sie vehement für die Gleichberechtigung der Geschlechter, speziell für das Frauenwahlrecht ein und wurde zur unbequemen Kritikerin einschlägiger Vorurteile auch innerhalb der österreichischen Arbeiterbewegung. Neben der politischen Emanzipation der Frau galt ihre besondere Aufmerksamkeit dem Mutter- und Kinderschutz, der sozialen Akzeptanz der Hauswirtschaft und sozialpsychologischen Themen. 1919 wurde sie Mitglied des Parteivorstandes und der Konstituierenden Nationalversammlung, war 1920-23 Abgeordnete zum Nationalrat, 1923-30 Abgeordnete zum Bundesrat. Ab 1933 in der inneren Emigration, mußte sie 1939, als Jüdin und Sozialdemokratin zweifach verfolgt, aus Wien fliehen und starb am 5.6.1940 in Blois/Frankreich.

Nachlese:

Therese Schlesinger: Mein Weg zur Sozialdemokratie. In: Gedenkbuch : 20 Jahre Österreichische Arbeiterinnenbewegung. Im Auftrag des Frauenreichskomitees herausgegeben von Adelheid Popp. Wien 1912, S. 125 – 139.

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