Martin MALEK
Nach zwölf Jahren eines harten gerichtlichen, bürokratischen
und politischen Kampfes gegen seine Verurteilung wegen angeblicher Spionage für
Deutschland wurde Hauptmann Alfred Dreyfus (1859-1935) am 12. Juli 1906
höchstrichterlich rehabilitiert. Die 100. Wiederkehr dieses Jahrestages war der
Anlass für die Ausstellung „Alfred Dreyfus – Kampf um Gerechtigkeit. Politischer
Antisemitismus und seine Abwehr in Europa" des Musée d‘art et d‘histoire du
Judaïsme in Paris und des Jüdischen Museums Frankfurt am Main.
Ein Kriegsgericht hatte Dreyfus 1894 nach einem Prozess, der
jeder Rechtsstaatlichkeit Hohn sprach, zu lebenslanger Verbannung auf die
Teufelsinsel (Französisch-Guayana) verurteilt. Die Dreyfus-Affäre spaltete
Politik, Gesellschaft und Öffentlichkeit Frankreichs an der Wende vom 19. zum
20. Jahrhundert für mehr als ein Jahrzehnt: Auf der einen Seite standen
Nationalisten, Antisemiten und Kritiker der Republik und ihrer demokratischer
Einrichtungen („Antidreyfusards"), auf der anderen die Freunde und Anhänger
Dreyfus’, die sich für die Demokratie, die Republik und die Gleichberechtigung
der Juden einsetzten („Dreyfusards").
Die Konsequenzen dieser Polarisierung strahlten bald weit
über Frankreich hinaus. Die langfristig wohl folgenschwerste Auswirkung war,
dass der Pariser Korrespondent der Wiener „Neuen Freien Presse", Theodor Herzl,
unter dem Eindruck des Prozesses gegen Dreyfus und den aggressiven
antisemitischen Manifestationen seiner Gegner aktiv die Idee einer organisierten
Emigration der Juden nach Palästina zu propagieren begann; 1896 publizierte
Herzl den „Judenstaat". Dieser Aspekt kommt in der Ausstellung des Jüdischen
Museums Frankfurt möglicherweise zu kurz. Dokumentiert wird aber natürlich Émile
Zolas berühmter offener Brief „J‘accuse" („Ich klage an") an Staatspräsident
Félix Faure (1898), der zur Wiederaufnahme des Verfahrens und schließlich zu
Haftentlassung und Rahabilitierung von Dreyfus führte.
Die Ausstellung, deren Exponate hauptsächlich von Erben der
Familie Dreyfus stammen, wird noch bis 15. April 2007 gezeigt.
Ansichten der Ausstellung unter:
http://www.juedischesmuseum.de/wechselausstellungen/dreyfus2.html