In Österreich plant
die teilstaatliche OMV mit Unterstützung der Regierung ein
20-Milliarden-Euro-Geschäft mit Teheran. In der Schweiz hat vor wenigen
Monaten die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg mit
tatkräftiger Unterstützung der Außenministerin einen Vertrag über einen
zweistelligen Milliardenbetrag und einer Laufzeit von 25 Jahren mit dem Iran
abgeschlossen. Deutschland exportiert Waren im Wert zwischen 3 und 4
Milliarden Euro pro Jahr in den Iran. Die deutsche Kanzlerin stellt sich
zwar auf der internationalen Bühne als Freundin Israels und vergleichsweise
scharfe Kritikerin des iranischen Regimes dar. Gleichzeitig unternimmt sie
aber keine Anstrengung, um dem Iran oder seine Verbündeten Hisbollah und
Hamas in irgendeiner Form entgegen zu treten. Während die Bundesregierung
der BRD öffentlichkeitswirksam für eine „freiwillige Selbstkontrolle" der
Wirtschaft beim Handel mit dem Iran eintritt und so versucht, die deutschen
Konzerne ein wenig aus der Schußlinie der Kritik zu nehmen, plaudert der
deutsche Botschafter in Teheran ganz offen aus, daß ein Großteil der
deutschen Exporte mittlerweile indirekt über Dubai in den Iran gelange, was
auch unterstützenswert sei.
Wenn Länder wie Deutschland,
Österreich und die Schweiz ohnehin dabei sind, vom Appeasement zur
Zusammenarbeit mit dem Mullah-Regime überzugehen, stellt sich die Frage, was
Christoph Bertram mit seinem Buch Partner, nicht Gegner. Für eine andere
Iran-Politik beabsichtigt, das er Ende Mai der deutschen Öffentlichkeit
präsentiert hat? Der ehemalige Leiter der Stiftung Wissenschaft und
Politik (SWP), ein Think Tank, der maßgeblichen Einfluß auf die deutsche
Außenpolitik ausübt, will seine Konzeption als Empfehlung für ein
gemeinsames Vorgehen Europas und der USA verstanden wissen. Er zielt darauf
ab, daß jene von einem Hauch kritischer Rhetorik begleitete
Kooperationspolitik, die heute von Ländern wie Österreich, Deutschland und
der Schweiz praktiziert wird, öffentlich, endgültig und ohne kritische
Rhetorik zur politischen Strategie des geeinten Westens wird. Bertram setzt
auf das Ende der Amtszeit Bushs und hält eine Anpassung der USA an die
deutsche bzw. europäische Haltung für denkbar:
Anstelle von Regime-Verteufelung müßte Regime-Anerkennung
stehen, statt Konfrontation das Angebot der Zusammenarbeit, statt Sanktionen
Ausweitung der Handelsbeziehungen, statt Beschuldigungen Dialog, statt
Vorbedingungen direkte Verhandlungen.
Zumindest hinsichtlich des letzten Punktes kann
angesichts einiger Äußerungen von Obama und seiner außenpolitischen Berater
vermutet werden, daß sich Bertrams Hoffnungen erfüllen werden. Doch eine in
allen Punkten geschlossene Front des Westens gegenüber dem Iran ist
unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund und in Erinnerung daran, daß die
SWP unter Bertram Gerhard Schröders „deutschen Weg" gegen die Vereinigten
Staaten vehement unterstützt hatte, liest sich sein Plädoyer für ein
gemeinsames Vorgehen unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen
Israels, wie die Vorbereitung eines Bündnisses von Deutschland bzw. Europa
mit dem Iran gegen die USA und Israel. Bei Bertrams Nachfolger als
SWP-Direktor ist von einem gemeinsamen Vorgehen mit den USA überhaupt keine
Rede mehr. Volker Perthes fordert das Bündnis Europas mit dem iranischen
Regime, bei dem gar nicht offen ausgesprochen werden muß, gegen wen es sich
richtet.
Hinsichtlich des iranischen Atomprogramms gibt Bertram
zu, daß die tatsächlichen Ambitionen der Führung in Teheran nicht eindeutig
zu bestimmen seien. Dennoch steht für ihn fest: Die gegenwärtige Entwicklung
bedeutet weder eine eindeutige noch eine unmittelbare Gefahr. Einem nuklear
bewaffneten Iran sieht er gelassen entgegen: Es wäre kein strategisches
Desaster für Deutschland und Europa, für die Region und für die Welt.
Mehrfach wurde schon darauf verwiesen, daß der Iran
Atomwaffen gar nicht einsetzen, sondern nur besitzen müßte, um jedes
Nachdenken über die Zukunft des zionistischen Projektes überflüssig zu
machen. Bertram, der im Spiegel-Interview forderte, die deutsche Kanzlerin
„sollte sich nicht hinter jede Katastrophenwarnung Israels stellen", räumt
solche Einwände in völliger Ignoranz gegenüber den ideologischen Grundlagen
der Islamischen Republik mit dem gängigen Hinweis auf das israelische
Abschreckungspotential beiseite. Er verlangt von den Israelis, darauf zu
vertrauen, daß jene Djihadisten, die seit fast 30 Jahren die Zerstörung des
jüdischen Staates fordern und vor gut zwei Monaten die letzte Konferenz über
das Ende Israels in Teheran abgehalten haben, es ganz einfach nicht ernst
meinen.
Die Warnung, daß ein nuklear bewaffneter Iran im gesamten
Nahen Osten zu einem Wettrüsten führen würde, tut Bertram mit dem Hinweis
ab, daß schließlich auch die israelischen Atomwaffen nicht zu einer
Rüstungsspirale geführt hätten. Das verdeutlicht aber das Gegenteil von dem,
was Bertram demonstrieren will. Jedes arabische Land konnte und kann darauf
vertrauen, daß Israel seine offiziell nicht deklarierten Nuklearwaffen
niemals zur Durchsetzung territorialer Expansion oder im Krieg der Ideen,
der in der Region mit Israel als Frontstaat ausgefochten wird, einsetzen
würde. Dem Iran hingegen trauen auch Länder wie Ägypten oder Saudi-Arabien
zu, die Technologie der Massenvernichtung anzustreben, was nicht nur als
Bedrohung Israels, sondern auch der eigenen Herrschaft wahrgenommen wird.
Daß es der Mullah-Diktatur erklärtermaßen um die Vernichtung Israels geht,
ist weder neu, noch, wie Bertram suggeriert, auf Präsident Ahmadinejad
beschränkt, sondern seit 1979 offizielle Politik der Islamischen Republik.
Wie fast alle Verharmloser des iranischen Regimes verkennt Bertram die
Gleichzeitigkeit von rationalem Kalkül und Vernichtungswahn als eines
der Hauptcharakteristika des islamisch-messianistischen Märtyrerkultes im
Iran. Diese Gleichzeitigkeit ermöglicht es Kommentatoren gerade in den
Nachfolgestaaten des Dritten Reiches, den Vernichtungswahn stets durch den
Verweis auf den Pragmatismus des Regimes schön zu reden.
Herausgegeben wurde Bertrams Plädoyer für ein Bündnis mit
dem Iran von der Körber-Stiftung, die in den letzten eineinhalb Jahren
zahlreiche Vertreter des iranischen Regimes zu Vorträgen und Gesprächsrunden
eingeladen hat: neben Alaeddin Boroujerdi, dem Vorsitzenden des Ausschusses
für Nationale Sicherheit der Versammlung des islamischen Rates waren das
Hassan Rohani, Mitglied des iranischen Schlichtungsrates, der
Ahmadinejad-Intimus Saeed Jalili sowie die stellvertretenden Außenminister
Monoucher Mohammadi und Mahdi Safari. Während man versucht, eine derartige
Einladungspolitik in Deutschland und Österreich in der Regel dadurch zu
legitimieren, daß neben zehn Regierungsvertretern auch ein Oppositioneller
eingeladen wird, verzichtete die Körber-Stiftung gleich ganz auf die Stimmen
iranischer Regimegegner, die sich dann allerdings bei der Präsentation von
„Partner, nicht Gegner" in Berlin zum Unbehagen von Bertram aus dem Publikum
mit scharfer Kritik zu Wort meldeten.
Roger de Weck, Herausgeber des Bändchens für die
Körber-Stiftung, bescheinigt Bertrams Einschätzungen zu einem atomar
gerüsteten Iran, realistischer zu sein als jene von vermeintlichen
Realpolitikern, die in Wahrheit Weltverbesserer sind. Die Denunziation von
Weltverbesserern also von Leuten, die sich mit einer islamischen Diktatur
nicht abfinden wollen, die seit fast 30 Jahren nach außen und innen massiven
Terror ausübt, Gewerkschaften verbietet, Arbeitskämpfe und Proteste von
Studenten oder emanzipierten Frauen brutal niederschlägt, Minderheiten wie
die Kurden oder die Bahai verfolgt, Homosexuelle und Frauen, die sich dem
islamischen Sittenkodex nicht unterwerfen wollen, hinrichtet, Konferenzen
zur Leugnung der Shoah veranstaltet, regelmäßig für die Neuauflage der
Protokolle der Weisen von Zion sorgt, Israel mit der Vernichtung droht
und sich die Option auf Massenvernichtungswaffen offen hält diese
Denunziation findet sich bei Bertram als explizite Kritik an jeglicher
Regime Change-Strategie wieder. Die Entwarnung hinsichtlich eines atomar
bewaffneten Irans soll es dem Regime offenbar ermöglichen, seine Herrschaft
auf Jahrzehnte abzusichern. In die gleiche Richtung zielt die
Körber-Stiftung, die sich bei ihrer Einladungspolitik vermutlich einen
Hinweis Bertrams zu Herzen genommen hat: „Wenn die Partnerschaft mit der
Islamischen Republik gelingen soll, darf die westliche Politik auf keinen
Fall in Teheran den Verdacht erwecken, sie strebe in Wahrheit den Sturz des
Regimes an." Kein Wunder, daß die Stiftung und ihr Autor sich über positives
Echo auf den Nachrichtenwebsites der Islamischen Republik Iran freuen
können.
Bertram hat sowohl Recht, wenn er meint, der Iran sei zu
wichtig, um das Verhältnis des Westens zu ihm auf die Atomfrage zu
reduzieren als auch, wenn er keine positiven Resultate der bisherigen
Politik sieht und die Zeit zum Umdenken für überreif hält. Nur folgt in
beiden Fällen daraus das Gegenteil von dem, was das ehemalige Mitglied des
Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium meint. Das Problem der
Mullah-Diktatur kann deswegen nicht auf die Nuklearfrage reduziert werden,
weil dieses Regime auch ohne Nuklearwaffen eine Bedrohung für Israel und die
iranische Bevölkerung darstellt. Die bisherige Politik des Westens ist nicht
für Sanktionen und mangelnde Dialogbereitschaft zu kritisieren, sondern für
völlig unzureichende Sanktionen und die Fortsetzung des Dialoges, der
jener Opposition in den Rücken fällt, die für einen rechtsstaatlichen und
säkularen Iran kämpft. Was in Bertrams Buch gar nicht vorkommt, aber die
Grundlage für sein Plädoyer zur Kooperation mit den Mullahs darstellt,
plaudert Michael Gorges in seinem Ratgeber Geschäftserfolg im Iran ganz
offen aus: Deutschland ist seit Jahren zusammen mit den Vereinigten
Arabischen Emiraten unangefochten der wichtigste Handelspartner Irans. Daran
wird und soll sich, wenn es nach Gorges oder Bertram geht, auch nichts
ändern. Im Gegenteil: Nach Schätzungen der Bundesagentur für Außenwirtschaft
ist der Iran einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für Konsum- und
Investitionsgüter. Nützliche Tips, wie man von diesem Wachstumsmarkt
profitieren kann, bietet Gorges Handbuch, das all jene Themen auflistet, die
man um des lieben Erfolges willen im Iran wohlweislich vermeiden sollte:
Islam, Menschenrechte und Scharia, Amt des religiösen Führers, Frauen,
Palästina und Israel. Auch Gorges spricht von einer angeblichen Bedrohung
durch das iranische Nuklearprogramm, zeichnet mitunter aber ein
realistischeres Bild der iranischen Gesellschaft als deutsche
Iran-Lobbyisten, die ähnlich wie die linken Mullah-Freunde die im Iran
verbliebenen Juden stets zur Verharmlosung des antisemitischen Charakters
der Diktatur der Ajatollahs mißbrauchen: Die jüdische Minderheit in Iran
wird allen offiziellen Verlautbarungen zum Trotz ständig schikaniert. Viele
Juden verlassen das Land was einen Trainer für interkulturelle Kommunikation
mit langjähriger Berufserfahrung in leitender Funktion in einem iranischen
Unternehmen" natürlich nicht davon abhält viel Glück beim Geschäft zu
wünschen, das bestimmt gewährleistet ist, wenn eine Grundregel im Umgang mit
den iranischen Geschäftsfreunden eingehalten wird: Das Bekenntnis zum
Judentum ist besser zu vermeiden.