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Europa als Partner des Iran?

Stephan GRIGAT

In Österreich plant die teilstaatliche OMV mit Unterstützung der Regierung ein 20-Milliarden-Euro-Geschäft mit Teheran. In der Schweiz hat vor wenigen Monaten die Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg mit tatkräftiger Unterstützung der Außenministerin einen Vertrag über einen zweistelligen Milliardenbetrag und einer Laufzeit von 25 Jahren mit dem Iran abgeschlossen. Deutschland exportiert Waren im Wert zwischen 3 und 4 Milliarden Euro pro Jahr in den Iran. Die deutsche Kanzlerin stellt sich zwar auf der internationalen Bühne als Freundin Israels und vergleichsweise scharfe Kritikerin des iranischen Regimes dar. Gleichzeitig unternimmt sie aber keine Anstrengung, um dem Iran oder seine Verbündeten Hisbollah und Hamas in irgendeiner Form entgegen zu treten. Während die Bundesregierung der BRD öffentlichkeitswirksam für eine „freiwillige Selbstkontrolle" der Wirtschaft beim Handel mit dem Iran eintritt und so versucht, die deutschen Konzerne ein wenig aus der Schußlinie der Kritik zu nehmen, plaudert der deutsche Botschafter in Teheran ganz offen aus, daß ein Großteil der deutschen Exporte mittlerweile indirekt über Dubai in den Iran gelange, was auch unterstützenswert sei.

Wenn Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz ohnehin dabei sind, vom Appeasement zur Zusammenarbeit mit dem Mullah-Regime überzugehen, stellt sich die Frage, was Christoph Bertram mit seinem Buch Partner, nicht Gegner. Für eine andere Iran-Politik beabsichtigt, das er Ende Mai der deutschen Öffentlichkeit präsentiert hat? Der ehemalige Leiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), ein Think Tank, der maßgeblichen Einfluß auf die deutsche Außenpolitik ausübt, will seine Konzeption als Empfehlung für ein gemeinsames Vorgehen Europas und der USA verstanden wissen. Er zielt darauf ab, daß jene von einem Hauch kritischer Rhetorik begleitete Kooperationspolitik, die heute von Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz praktiziert wird, öffentlich, endgültig und ohne kritische Rhetorik zur politischen Strategie des geeinten Westens wird. Bertram setzt auf das Ende der Amtszeit Bushs und hält eine Anpassung der USA an die deutsche bzw. europäische Haltung für denkbar:

Anstelle von Regime-Verteufelung müßte Regime-Anerkennung stehen, statt Konfrontation das Angebot der Zusammenarbeit, statt Sanktionen Ausweitung der Handelsbeziehungen, statt Beschuldigungen Dialog, statt Vorbedingungen direkte Verhandlungen.

Zumindest hinsichtlich des letzten Punktes kann angesichts einiger Äußerungen von Obama und seiner außenpolitischen Berater vermutet werden, daß sich Bertrams Hoffnungen erfüllen werden. Doch eine in allen Punkten geschlossene Front des Westens gegenüber dem Iran ist unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund und in Erinnerung daran, daß die SWP unter Bertram Gerhard Schröders „deutschen Weg" gegen die Vereinigten Staaten vehement unterstützt hatte, liest sich sein Plädoyer für ein gemeinsames Vorgehen unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen Israels, wie die Vorbereitung eines Bündnisses von Deutschland bzw. Europa mit dem Iran gegen die USA und Israel. Bei Bertrams Nachfolger als SWP-Direktor ist von einem gemeinsamen Vorgehen mit den USA überhaupt keine Rede mehr. Volker Perthes fordert das Bündnis Europas mit dem iranischen Regime, bei dem gar nicht offen ausgesprochen werden muß, gegen wen es sich richtet.

Hinsichtlich des iranischen Atomprogramms gibt Bertram zu, daß die tatsächlichen Ambitionen der Führung in Teheran nicht eindeutig zu bestimmen seien. Dennoch steht für ihn fest: Die gegenwärtige Entwicklung bedeutet weder eine eindeutige noch eine unmittelbare Gefahr. Einem nuklear bewaffneten Iran sieht er gelassen entgegen: Es wäre kein strategisches Desaster für Deutschland und Europa, für die Region und für die Welt.

Mehrfach wurde schon darauf verwiesen, daß der Iran Atomwaffen gar nicht einsetzen, sondern nur besitzen müßte, um jedes Nachdenken über die Zukunft des zionistischen Projektes überflüssig zu machen. Bertram, der im Spiegel-Interview forderte, die deutsche Kanzlerin „sollte sich nicht hinter jede Katastrophenwarnung Israels stellen", räumt solche Einwände in völliger Ignoranz gegenüber den ideologischen Grundlagen der Islamischen Republik mit dem gängigen Hinweis auf das israelische Abschreckungspotential beiseite. Er verlangt von den Israelis, darauf zu vertrauen, daß jene Djihadisten, die seit fast 30 Jahren die Zerstörung des jüdischen Staates fordern und vor gut zwei Monaten die letzte Konferenz über das Ende Israels in Teheran abgehalten haben, es ganz einfach nicht ernst meinen.

Die Warnung, daß ein nuklear bewaffneter Iran im gesamten Nahen Osten zu einem Wettrüsten führen würde, tut Bertram mit dem Hinweis ab, daß schließlich auch die israelischen Atomwaffen nicht zu einer Rüstungsspirale geführt hätten. Das verdeutlicht aber das Gegenteil von dem, was Bertram demonstrieren will. Jedes arabische Land konnte und kann darauf vertrauen, daß Israel seine offiziell nicht deklarierten Nuklearwaffen niemals zur Durchsetzung territorialer Expansion oder im Krieg der Ideen, der in der Region mit Israel als Frontstaat ausgefochten wird, einsetzen würde. Dem Iran hingegen trauen auch Länder wie Ägypten oder Saudi-Arabien zu, die Technologie der Massenvernichtung anzustreben, was nicht nur als Bedrohung Israels, sondern auch der eigenen Herrschaft wahrgenommen wird. Daß es der Mullah-Diktatur erklärtermaßen um die Vernichtung Israels geht, ist weder neu, noch, wie Bertram suggeriert, auf Präsident Ahmadinejad beschränkt, sondern seit 1979 offizielle Politik der Islamischen Republik. Wie fast alle Verharmloser des iranischen Regimes verkennt Bertram die Gleichzeitigkeit von rationalem Kalkül und Vernichtungswahn als eines der Hauptcharakteristika des islamisch-messianistischen Märtyrerkultes im Iran. Diese Gleichzeitigkeit ermöglicht es Kommentatoren gerade in den Nachfolgestaaten des Dritten Reiches, den Vernichtungswahn stets durch den Verweis auf den Pragmatismus des Regimes schön zu reden.

Herausgegeben wurde Bertrams Plädoyer für ein Bündnis mit dem Iran von der Körber-Stiftung, die in den letzten eineinhalb Jahren zahlreiche Vertreter des iranischen Regimes zu Vorträgen und Gesprächsrunden eingeladen hat: neben Alaeddin Boroujerdi, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Nationale Sicherheit der Versammlung des islamischen Rates waren das Hassan Rohani, Mitglied des iranischen Schlichtungsrates, der Ahmadinejad-Intimus Saeed Jalili sowie die stellvertretenden Außenminister Monoucher Mohammadi und Mahdi Safari. Während man versucht, eine derartige Einladungspolitik in Deutschland und Österreich in der Regel dadurch zu legitimieren, daß neben zehn Regierungsvertretern auch ein Oppositioneller eingeladen wird, verzichtete die Körber-Stiftung gleich ganz auf die Stimmen iranischer Regimegegner, die sich dann allerdings bei der Präsentation von „Partner, nicht Gegner" in Berlin zum Unbehagen von Bertram aus dem Publikum mit scharfer Kritik zu Wort meldeten.

Roger de Weck, Herausgeber des Bändchens für die Körber-Stiftung, bescheinigt Bertrams Einschätzungen zu einem atomar gerüsteten Iran, realistischer zu sein als jene von vermeintlichen Realpolitikern, die in Wahrheit Weltverbesserer sind. Die Denunziation von Weltverbesserern also von Leuten, die sich mit einer islamischen Diktatur nicht abfinden wollen, die seit fast 30 Jahren nach außen und innen massiven Terror ausübt, Gewerkschaften verbietet, Arbeitskämpfe und Proteste von Studenten oder emanzipierten Frauen brutal niederschlägt, Minderheiten wie die Kurden oder die Bahai verfolgt, Homosexuelle und Frauen, die sich dem islamischen Sittenkodex nicht unterwerfen wollen, hinrichtet, Konferenzen zur Leugnung der Shoah veranstaltet, regelmäßig für die Neuauflage der Protokolle der Weisen von Zion sorgt, Israel mit der Vernichtung droht und sich die Option auf Massenvernichtungswaffen offen hält diese Denunziation findet sich bei Bertram als explizite Kritik an jeglicher Regime Change-Strategie wieder. Die Entwarnung hinsichtlich eines atomar bewaffneten Irans soll es dem Regime offenbar ermöglichen, seine Herrschaft auf Jahrzehnte abzusichern. In die gleiche Richtung zielt die Körber-Stiftung, die sich bei ihrer Einladungspolitik vermutlich einen Hinweis Bertrams zu Herzen genommen hat: „Wenn die Partnerschaft mit der Islamischen Republik gelingen soll, darf die westliche Politik auf keinen Fall in Teheran den Verdacht erwecken, sie strebe in Wahrheit den Sturz des Regimes an." Kein Wunder, daß die Stiftung und ihr Autor sich über positives Echo auf den Nachrichtenwebsites der Islamischen Republik Iran freuen können.

Bertram hat sowohl Recht, wenn er meint, der Iran sei zu wichtig, um das Verhältnis des Westens zu ihm auf die Atomfrage zu reduzieren als auch, wenn er keine positiven Resultate der bisherigen Politik sieht und die Zeit zum Umdenken für überreif hält. Nur folgt in beiden Fällen daraus das Gegenteil von dem, was das ehemalige Mitglied des Planungsstabes im Bundesverteidigungsministerium meint. Das Problem der Mullah-Diktatur kann deswegen nicht auf die Nuklearfrage reduziert werden, weil dieses Regime auch ohne Nuklearwaffen eine Bedrohung für Israel und die iranische Bevölkerung darstellt. Die bisherige Politik des Westens ist nicht für Sanktionen und mangelnde Dialogbereitschaft zu kritisieren, sondern für völlig unzureichende Sanktionen und die Fortsetzung des Dialoges, der jener Opposition in den Rücken fällt, die für einen rechtsstaatlichen und säkularen Iran kämpft. Was in Bertrams Buch gar nicht vorkommt, aber die Grundlage für sein Plädoyer zur Kooperation mit den Mullahs darstellt, plaudert Michael Gorges in seinem Ratgeber Geschäftserfolg im Iran ganz offen aus: Deutschland ist seit Jahren zusammen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten unangefochten der wichtigste Handelspartner Irans. Daran wird und soll sich, wenn es nach Gorges oder Bertram geht, auch nichts ändern. Im Gegenteil: Nach Schätzungen der Bundesagentur für Außenwirtschaft ist der Iran einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für Konsum- und Investitionsgüter. Nützliche Tips, wie man von diesem Wachstumsmarkt profitieren kann, bietet Gorges Handbuch, das all jene Themen auflistet, die man um des lieben Erfolges willen im Iran wohlweislich vermeiden sollte: Islam, Menschenrechte und Scharia, Amt des religiösen Führers, Frauen, Palästina und Israel. Auch Gorges spricht von einer angeblichen Bedrohung durch das iranische Nuklearprogramm, zeichnet mitunter aber ein realistischeres Bild der iranischen Gesellschaft als deutsche Iran-Lobbyisten, die ähnlich wie die linken Mullah-Freunde die im Iran verbliebenen Juden stets zur Verharmlosung des antisemitischen Charakters der Diktatur der Ajatollahs mißbrauchen: Die jüdische Minderheit in Iran wird allen offiziellen Verlautbarungen zum Trotz ständig schikaniert. Viele Juden verlassen das Land was einen Trainer für interkulturelle Kommunikation mit langjähriger Berufserfahrung in leitender Funktion in einem iranischen Unternehmen" natürlich nicht davon abhält viel Glück beim Geschäft zu wünschen, das bestimmt gewährleistet ist, wenn eine Grundregel im Umgang mit den iranischen Geschäftsfreunden eingehalten wird: Das Bekenntnis zum Judentum ist besser zu vermeiden.

Christoph Bertram: Partner, nicht Gegner. Für eine andere Iran-Politik. Edition Körber-Stiftung: Hamburg 2008, 100 Seiten, Euro 10,00.–

Michael Gorges: Geschäftserfolg im Iran. Verhandeln, Arbeiten und Führen in der persischen Geschäftskultur. Orell Füssli: Zürich 2008, 200 Seiten, Euro 29,90.-

 

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